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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Dann fragte er: »Sind Sie zufällig verheiratet, Chefinspektor?«
    »Bis jetzt hatte ich noch nicht das Glück – oder das Pech«, murmelte Craddock.
    »In der Welt, in der wir leben, in der Welt des Films, ist die Ehe fast so etwas wie ein Berufsrisiko. Filmschauspieler heiraten häufig. Manchmal ist es eine gute Ehe, manchmal nimmt sie ein schlimmes Ende, und meistens dauert sie nicht lange. Deshalb möchte ich auch sagen, dass Marina keinen Grund hat, verzweifelt zu sein, nur ist es eben so, dass bei ihrer Veranlagung derartige Dinge sehr tief gehen. Sie verrannte sich immer mehr in den Gedanken, dass sie vom Pech verfolgt werde, dass ihr nichts gelinge. Sie hat sich immer nach den gleichen Dingen gesehnt: Liebe, Glück, Zuneigung, Geborgenheit. Sie wollte unbedingt Kinder haben. Einige Ärzte waren der Meinung, dass ebendiese Sehnsucht nach Kindern sie unfruchtbar machte. Ein ziemlich bekannter Mediziner riet zur Adoption eines Kindes. Wenn eine Frau sich danach sehnt, Mutter zu werden und ein Kind adoptiert, passiert es sehr oft, dass sie kurz darauf doch noch schwanger wird, sagte man mir. Marina adoptierte drei Kinder. Eine gewisse Zeit war sie ganz glücklich, aber natürlich blieb es eine Notlösung. Sie können sich ihre Gefühle vorstellen, als sie dann doch schwanger wurde. Das ist elf Jahre her. Sie war außer sich vor Freude. Sie schwebte im siebten Himmel. Sie war völlig gesund, und die Ärzte versicherten ihr immer wieder, dass kein Anlass zur Sorge bestünde. Alles verliefe ganz normal. Vielleicht wissen Sie, dass es zu einer Tragödie kam. Das Kind, ein Junge, war von Geburt an schwachsinnig, blöde. Die Folgen waren entsetzlich. Marina brach völlig zusammen und war jahrelang krank. Sie kam in ein Sanatorium. Obwohl sie sich nur langsam von dem Schlag erholte, wurde sie schließlich doch gesund. Kurz danach heirateten wir, und sie begann wieder Interesse am Leben zu zeigen und zu glauben, dass sie doch noch glücklich werden könne. Anfangs war es ziemlich schwierig, einen guten Filmvertrag für sie zu bekommen. Alle Leute bezweifelten, dass ihre Gesundheit die Anstrengungen aushalten würde. Ich habe mit allen Mitteln darum gekämpft.« Jason Rudd schwieg einen Augenblick, die Lippen fest aufeinander gepresst. »Nun«, fuhr er fort, »meine Bemühungen hatten Erfolg. Wir begannen mit den Dreharbeiten. Inzwischen hatten wir dieses Haus gekauft und begonnen, es zu renovieren. Es ist noch keine zwei Wochen her, dass Marina zu mir sagte, wie glücklich sie sei und sie glaube, hier Ruhe und Frieden zu finden. Wie gewöhnlich war ich etwas nervös, weil ich ihre Erwartungen zu übertrieben fand. Jedenfalls gab es keinen Zweifel daran, dass sie froh und zufrieden war. Ihre Nervosität verschwand, sie strahlte eine Ruhe und Gelassenheit aus, die ich an ihr nicht kannte. Alles war in bester Ordnung, bis…« Er schwieg. »… bis dies passierte«, fuhr er dann fort. In seiner Stimme schwang ein bitterer Unterton mit. »Jene Frau musste ausgerechnet hier sterben. Das war an sich schon ein großer Schock. Ich durfte nicht riskieren – ich war entschlossen, es mit allen Mitteln zu verhindern –, dass Marina erfuhr, der Mordanschlag habe ihr selbst gegolten. Dieser zusätzliche Schock hätte entsetzliche Folgen haben können. Ich hatte Angst, dass sie dann wieder völlig zusammenbrechen würde.«
    Er sah Craddock offen an.
    »Verstehen Sie mich jetzt?«
    »Ich begreife Ihren Standpunkt«, antwortete Craddock, »aber verzeihen Sie mir, wenn ich sage, dass Sie einen Aspekt an der Geschichte nicht berücksichtigt haben. Sie sind also überzeugt, dass jemand Ihre Frau vergiften wollte. Aber existiert diese Gefahr nicht noch immer? Wenn ein Mordplan beim ersten Mal misslingt, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass es der Täter erneut versucht.«
    »Natürlich habe ich daran gedacht«, sagte Rudd, »nur bin ich überzeugt, dass ich – sozusagen vorgewarnt – alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz meiner Frau treffen kann. Ich werde auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass sie keinen Augenblick unbewacht ist. Das Wichtigste dabei ist, dass sie selbst keine Ahnung hat, in welcher Gefahr sie schwebt.«
    »Und Sie glauben«, meinte Craddock vorsichtig, »dass sie es nicht weiß?«
    »Selbstverständlich nicht. Sie ist völlig ahnungslos.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Völlig sicher. Auf so eine Idee würde sie nie verfallen!«
    »Aber Ihnen ist der Gedanke auch gekommen«, erklärte Craddock.
    »Das ist etwas

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