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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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austragen sollte. Doch ich weigerte mich, das Lager mit ihm zu teilen. Anfangs war es einfach, sich ihm zu entziehen. Sein Arm war zwar kräftig, doch seine Lust auf mich nur schwach – sodass er mich zwar festhalten, aber nicht nehmen konnte. Doch mit der Zeit wurde er«, sie zögerte, »irgendwie bedrohlicher. Deshalb ging ich in letzter Zeit abends zum Haus meiner Schwester, die einen Verputzer am Ort der Wahrheit geheiratet hatte, und verbrachte die Nächte dort. Auch die Nacht, in der Kenherchepeschef erdolcht worden ist«, setzte sie hinzu.
    Rechmire nickte nachdenklich und enttäuscht. »Das heißt, dass du nichts über seine letzte Nacht weißt. Nicht, wann er nach der Arbeit zurückkam, was er mit dem Hohepriester Userhet zu bereden hatte, wann er wieder – und für immer – sein Haus verließ.«
    »Es tut mir sehr Leid«, entgegnete Hunero.
    »Und warum«, Rechmire stockte, »war Kenherchepeschefs Lust so schwach?«, fragte er, obwohl er die Antwort darauf eigentlich schon kannte.
    »Seine Leidenschaft wurde nur durch junge Männer entflammt«, antwortete die Witwe. »Es war ein Frevel gegen die Götter, doch das war Kenherchepeschef gleichgültig. Er hat nur gelacht, als ich ihn deswegen zur Rede stellte.«
    Rechmire versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, Erster Schreiber am Ort der Wahrheit zu sein, unumschränkter Herr an diesem heiligen Platz – und dann von der eigenen Frau in einer solchen delikaten Angelegenheit »zur Rede gestellt« – also mit Vorwürfen überhäuft oder gar ausgelacht – zu werden. Wie mochte Kenherchepeschef darauf reagiert haben? Mit einer Drohung? Vielleicht, sich seine Frau mit Gewalt zu nehmen? Oder sie und ihre Eltern bloßzustellen und aus der Heimat zu vertreiben? Und was hätte Hunero dann tun können? Hätte sie einen Dolch genommen, um Kenherchepeschef im letzten Augenblick zum Schweigen zu bringen? Und hätte sie die Kaltblütigkeit gehabt, ihm, Rechmire, die Mordwaffe mit eigener Hand zu präsentieren, bevor er sie in ihrem Haus finden konnte? Doch warum hatte er dann den Dolch nicht bei seinen früheren Durchsuchungen entdeckt?
    Er verdrängte diese Gedanken und wählte die Worte für seine nächste Frage sehr sorgfältig. »Hatte dein Mann einen bestimmten Favoriten hier am Ort der Wahrheit? Oder in Theben?«
    Hunero zögerte lange, dann nickte sie resigniert.
    »Parahotep«, flüsterte sie.
    Diese Eröffnung traf ihn so hart, als hätte ihn ein Amun-Priester plötzlich und ohne ersichtlichen Grund verflucht. Dann entsann sich Rechmire des simplen Liebesgedichtes, das jemand mit roter Tinte auf einen Papyrus geschrieben hatte:
    »Da ich vorbeigehe, schaut er mich an,
ich juble in meinem Innern.
Oh, wie froh ist mein Herz vor Freude,
Geliebter, seit ich dich sah.«
    Es war an einen Mann gerichtet, weshalb er angenommen hatte, dass es Kenherchepeschef entweder von einer Frau gewidmet worden war oder es ein zufälliger und damit nichts sagender Auszug einer umfassenden Sammlung gewesen sei. Doch selbstverständlich hätte es auch ein Mann an einen anderen richten können, wenn sie verbotene Liebe miteinander verband.
    Rechmire zitierte das Gedicht und Hunero lächelte betrübt. »Ich habe dich damals angelogen, als ich behauptete, dass ich nicht wusste, wer diese roten Zeilen geschrieben hatte«, gestand sie. »Es war Parahotep.«
    Rechmire ballte triumphierend die Faust. »Dann hat der Zeichner auch die zerbrochene Verfluchungstafel geschrieben, die den Körper deines ermordeten Mannes entweihen sollte. Das ist der Beweis, nach dem ich all diese Tage gesucht habe.«
    Rechmire sprang auf.
    »Wo willst du hingehen?«, wollte Hunero besorgt wissen. Doch er konnte ihr ansehen, dass sie seine Antwort bereits kannte.
    »Ich werde Parahotep ein paar Fragen stellen«, verkündete er siegessicher.
    »Ich weiß überhaupt nicht, was du von mir willst«, stammelte der Zeichner nervös, als Rechmire wenige Augenblicke später in seinem Haus stand. Parahotep strich sich sein langes Haar aus dem Gesicht, seine Mundwinkel zuckten und seine Linke spielte mit einem kleinen Skarabäus-Amulett aus Jade.
    Rechmire hatte sich schnell in seinem Haus den Papyrus mit dem Liebesgedicht geholt und hielt ihn nun dem Zeichner unter die Augen. »Das ist deine Handschrift«, verkündete er. »Na und?«, entgegnete Parahotep und grinste frech. »Der Pharao hat seinen Untertanen nicht verboten, Liebesgedichte zu schreiben.«
    »Es sei denn, sie sind von einem Mann an einen anderen

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