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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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der Wahrheit Gefahr drohte, nur ahnte er nicht, wer der Frevler war, wo er zuschlagen und welche Waffe er dabei führen würde. Sollte der Pharao tatsächlich sterben, würde Amun ihm dieses Versagen niemals verzeihen und seine Seele im ewigen Feuer verbrennen.

15. BUCHROLLE

D IE L EIDENSCHAFT DES Z EICHNERS
    Jahr 6 des Merenptah, Achet, 27. Tag des Paophi, Set-Maat
    Als die Menschen früh am nächsten Morgen von Theben aus zum Ort der Wahrheit aufbrachen, herrschte unter ihnen eine seltsam zwiespältige Stimmung. Sennodjems Tod hatte alle schockiert. Der Zweite Schreiber war nicht sonderlich beliebt gewesen, weshalb kaum jemand ehrlich um ihn trauerte. Seine Familie war in Theben geblieben, weil seine Witwe die Arbeit der Mumifizierer überwachen wollte, doch sie und ihre Töchter waren erstaunlich gefasst. Die Einzige, die sich vor unterdrückter Trauer kaum auf den Beinen halten konnte, war Tamutnefret. Allerdings schien dies niemandem außer Rechmire aufzufallen.
    Die Menschen gedachten nicht der Toten, sie fürchteten vielmehr den Zorn der Götter. Zwei Freveltaten im selben Monat, die eine ausgeführt am heiligsten Ort der Meretseger, die andere während des höchsten Festes des Amun, würden sicherlich die Rache der Unsterblichen heraufbeschwören. Manche warfen Rechmire deshalb scheue, hoffnungsvolle Blicke zu, weil sie glaubten, dass er allein sie noch vor der Strafe der Götter würde erretten können.
    Die Mehrheit aber vertraute auf die göttliche Präsenz des Pharaos. Der angekündigte Besuch Merenptahs machte ihre Herzen leicht. Sie würden den Pharao aus der Nähe sehen und die Luft atmen dürfen, die er geatmet hatte; sie mochten vielleicht sogar Worte aus seinem Mund vernehmen und die Gnade haben, ihm die Füße zu küssen. Wenn einer die Maat wieder herstellen konnte, dann, so hofften viele, nur Merenptah selbst.
    Einzig Rechmire ahnte, welche Gefahr dem Pharao drohte. Während des ganzen Rückweges sagte er kaum ein Wort. Mit düsterer Miene ertrug er die Hitze des Vormittags, gleichgültig gegenüber den Krokodilen und anderen Gefahren blickte er auf die schlammig braunen Fluten, als der Fischer sie wieder über den Nil setzte. Selbst der Schmerz über die Untreue seiner Geliebten trat zurück hinter das Gefühl einer überwältigenden Entschlossenheit.
    Rechmire hatte früher für eine doppelte Hoffnung gekämpft: Er hoffte auf eine Hochzeit mit Baketamun und er hoffte auf eine ruhmreiche Laufbahn als Schreiber. Doch Baketamun hatte er an einen anderen verloren und seine Aussichten auf einen ehrenvollen Posten waren so klein geworden wie irgendein Sandkorn der Libyschen Wüste.
    Er kämpfte jetzt nicht mehr für eine glänzende Zukunft, sondern darum, überhaupt noch eine Zukunft zu haben: Er kämpfte um das Leben des Pharaos und um sein eigenes.
    Als er sich nach einer langen, schlaflosen Nacht über seine Situation wirklich klar geworden war, hatte ihn eine dunkle, kalte Ruhe erfüllt. Er wusste, dass er nun alles riskieren musste, um sich und seinen Herrscher zu retten.
    Doch als sie endlich in den heißesten Stunden des Tages den Ort der Wahrheit erreichten, erfuhr Rechmire, dass Kenherchepeschefs Mörder schon vor ihm dort gewesen war.
    Er hatte kaum das Bündel mit seinen Gewändern, die er nach Theben mitgenommen hatte, in seinem Haus abgestellt und sich einen Krug warmen, schal schmeckenden Bieres eingegossen, als Hunero vor seiner Tür stand. Ihre Augen waren schreckgeweitet und in ihrer zitternden Rechten hielt sie einen langen, zweischneidigen Dolch aus Bronze.
    »Er lag oben auf dem geschlossenen Deckel meiner größten Truhe«, flüsterte sie, als Rechmire sie einließ. »Ich habe ihn sofort entdeckt. Aber ich schwöre bei Hathor, Meretseger und den anderen tausend Göttern, dass ich ihn nie zuvor gesehen habe, schon gar nicht in meinem eigenen Haus. Könnte das die Waffe sein, mit der mein Mann …« Sie ließ den Satz unvollendet.
    Rechmire starrte den Dolch an, als erwarte er, dass er jeden Augenblick von selbst hervorschnellen könnte wie eine Kobra. »Schon möglich«, sagte er langsam und nahm ihr die Waffe behutsam aus der Hand. Dann besah er sich Klinge und Griff eingehend.
    »Das ist die Arbeit eines guten Waffenschmiedes«, murmelte er. »Die Bronze ist hart und so scharf geschliffen, dass man sich damit die Haare vom Kopf rasieren könnte. Dafür muss man in Theben einige Deben Silber bezahlen. Wer eine so wertvolle Waffe einfach in ein fremdes Haus legt, muss dafür

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