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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Rechmire fragte sich neidisch, woher er das alles so genau wusste.
    Mentuhotep führte sie auf den am weitesten stromab gelegenen Kai, der nur für Schiffe der Würdenträger reserviert war. Hier lag der ruhigste Teil des Hafens. Der Tschati ließ sich an Bord einer großen Nilfähre tragen. Sie war, anders als die normalen Gefährte dieser Art, nicht aus Papyrusbündeln zusammengenäht, sondern solide aus hölzernen Planken gefügt, die selbst dann kaum ächzten, als die Esel mit störrischem Schritt darauf traten. Trotzdem blickte Rechmire hinaus auf den riesigen Strom, beobachtete die Sandbänke und suchte in den kräuselnden Wellen nach kleinen Strudeln oder Störungen, die verraten könnten, wo Krokodile und Flusspferde lauerten. Er konnte nichts Verdächtiges entdecken, war aber dennoch beruhigt, als er sah, dass ihr Fährmann Bier in den Fluss kippte, um Amun und einen anderen Gott, den er nicht einmal dem Namen nach kannte, gewogen zu stimmen, bevor sie ablegten.
    Rechmires Ängste waren unbegründet. Der Fährmann und seine beiden Gehilfen setzten ein dreieckiges Segel und brachten sie in einer knappen halben Stunde ohne einen Zwischenfall bis zum anderen Ufer, wo eine schmale, steinerne Anlegestelle das Dickicht aus Papyruswedeln und Binsen durchbrach.
    »Warte hier!«, befahl Mentuhotep dem Fährmann, der sich tief verbeugt hatte. Für Rechmire war dies der erste Hinweis darauf, dass der Tschati noch am gleichen Tag zurückzukehren gedachte. Erleichtert folgte er seiner Sänfte von Bord, denn ihn hatte die Sorge gequält, dass womöglich Shedemde an diesem Abend wieder bei ihm anklopfen könnte, er die Nacht jedoch irgendwo bei den toten Pharaonen hätte verbringen müssen. Was hätte Baketamun gedacht, wenn ihre Sklavin allein und ohne Nachricht von ihm zurückgekommen wäre?
    Sie schritten auf einem über einen Deich führenden gepflasterten Weg durch die mannshohen Papyrusstauden, in denen drei Enten in Panik davonflatterten und der heiße Wind so laut rauschte, dass sie ihr eigenes Wort nicht hätten verstehen können. Dann traten sie auf die überfluteten Felder hinaus. Zu beiden Seiten des hoch gelegenen Weges glänzten riesige braune Wasserflächen wie geschmolzene Bronze. Nur einige Dattelpalmen und Feigenbäume ragten wie hölzerne Säulen aus der spiegelnden Fläche. Drei Bauern standen unter einer Dattelpalme und schrien, die Köpfe in den Nacken gelegt, Anweisungen nach oben. Als er näher kam, sah Rechmire, dass einige dressierte Meerkatzen und Paviane zwischen den großen Palmwedeln herumsprangen und die Früchte pflückten.
    Zu ihrer Linken trieben Hirten mit langen Stöcken eine Herde langhörniger Rinder durch das knietiefe Wasser; einer hatte sich ein Kälbchen um die Schultern gelegt, das zu schwach war, um aus eigener Kraft weiterzugehen. Die Schreiber starrten sie erschrocken und missbilligend an. Die Hirten waren nackt und ließen ihre Bartstoppeln wachsen; sie sprachen einen seltsamen, abgehackten Dialekt, waren aufsässig und wurden nie in den Tempeln gesehen. Manche Gelehrte in Theben bestritten, dass sie zum gleichen Menschenschlag gehörten wie die anderen Bewohner des Landes Kemet, sondern einer eigenen Rasse angehörten, halb Mensch, halb Affe, wie die Nubier.
    Als sie weiter auf das Hochland und die Wüste zuschritten, wurde der Wasserfilm auf den Feldern allmählich dünner, sodass an einigen Stellen bereits der schwarze, schwere Boden feucht glänzend unter dem Himmel lag. Sie überholten einen Wasserträger – einen alten Mann mit verkrümmtem Rückgrat, der tief gebeugt unter einer riesigen tönernen Amphore seinen Weg entlangschritt.
    Rechmire blickte ihn verächtlich an. Er vermutete, dass er dasselbe Ziel hatte wie sie, denn er hatte gehört, dass es am Ort der Wahrheit keine Quelle gab, jeder Tropfen Wasser also mühsam vom Nil herangeschafft werden musste. Er dankte Thot und seinen Adoptiveltern, dass sie ihn hatten Schreiber werden lassen. Nie würde er sich unter solchen Lasten quälen müssen.
    Als sie den Rand der Felder erreicht hatten, bot sich ihnen eine Szene, die Rechmire während seiner Zeit mit den Steuereintreibern schon häufig gesehen hatte: Zwei Medjai hatten einem Bauern das Gewand vom Leib gerissen, ihn an einem Pflock festgebunden und prügelten ihm mit ihren langen Stöcken den Rücken blutig. Als sie die Sänfte sahen, hielten sie inne und verbeugten sich.
    Mentuhotep ließ die Träger halten und schob den Vorhang zurück.
    »Was hat der Bauer

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