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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Hände.
    »Es ist alles vorbereitet!«, rief er ungeduldig. »Wir reisen sofort ab!«

4. BUCH ROLLE

D ER LANGE W EG NACH S ET -M AAT
    Jahr 6 des Merenptah, Achet, 6. Tag des Paophi, Theben
    Rechmire und die anderen auserwählten Schreiber hatten gerade noch genug Zeit, um vor einem kleinen Standbild des Thot – der Gott wurde hier nicht in seiner ibisköpfigen Gestalt dargestellt, sondern als hockender Pavian, über dessen Kopf eine goldene Sonnenscheibe glänzte – ein hastiges Opfer darzubringen. Dann zogen sie, unter den neiderfüllten Blicken der Zurückgebliebenen, aus dem Palast.
    Mentuhotep wurde ihnen in einer mit Blattgold belegten Sänfte aus Flechtwerk und Ebenholz vorangetragen. Einige Medjai patrouillierten im Laufschritt zu beiden Seiten der Sänfte und wehrten die Menschen ab, die sich als Bittsteller in den Weg werfen oder die hellgelben Leinenvorhänge greifen wollten, hinter denen sich der Tschati verborgen hatte.
    Mentuhotep wurde von vier Wedelträgern gefolgt, die ihm Luft zufächelten. Nach ihnen kamen zwei höhere, ältere Schreiber, die auf Eseln ritten, auf die man auch einige Tonkrüge mit wichtigen Papyri geschnallt hatte: Pläne des Grabes von Merenptah und alle Dokumente, die in irgendeiner Form mit der Errichtung seines Hauses der Ewigkeit zu tun hatten.
    Hinter den Eseln gingen Rechmire und fünf andere Schreiber zu Fuß; sie trugen Binse, Palette und Wasserfläschchen in kleinen Leinensäcken auf dem Rücken. Den Abschluss bildeten einige Sklaven, die Kissen, Decken, Wein und Honigkuchen für den Tschati mitgenommen hatten. An die anderen Schreiber hatte niemand gedacht. Rechmire hoffte, dass irgendjemand in Set-Maat so vorausschauend und höflich gewesen war, um wenigstens ein wenig Brot und Bier für sie bereitzuhalten, denn sie würden viele Stunden lang unter Amuns Glut unterwegs sein.
    Vom Palast Mentuhoteps führte eine gerade, von Sphingen gesäumte Straße hinunter zum Hafen. Dort kamen sie nur noch langsam voran. Die Gassen waren eng und verwinkelt, der weiße Putz der Häuser schmutzig und teilweise abgeblättert. Fahrende Händler, die gefährlich hoch beladene Karren hinter sich herzogen und ihre Töpfe, Matten oder Messer schreiend anpriesen, verstopften die Wege, durch die sich auch betrunkene Seeleute, Diebe, Bettler, Lastenträger, Boten, Freudenmädchen, Marktweiber, Müßiggänger und nackte, schmutzige Kinder schoben. Ihr Lärm war so ohrenbetäubend wie der einer Armee, die sich vor einer Schlacht Mut machte. Rechmire konnte nicht immer verstehen, was die Menschen riefen, denn manche benutzten offensichtlich die Sprachen der Hethiter, Nubier, Libyer oder Kreter. So wie seine Augen das Durcheinander menschlicher Leiber kaum aufnehmen konnten und seine Ohren taub wurden von der Kakophonie des Hafenviertels, so war seine Nase überfordert mit den tausend Gerüchen, die alle zugleich auf sie einströmten: Safran und Eselsdung, Myrrhe und abgestandenes Bier, Weihrauch und Erbrochenes, Holz, Lehm, Salbkegel und Schweiß.
    Sie durchquerten einen Zugang zwischen zwei doppelt mannshohen Lagerschuppen, dann waren sie endlich am Ufer. An den steinernen Kais des Nils lagen Hunderte Schiffe: Kleine, leichte, mit einem schräg gestellten Mast und hohem Segel, deren hölzerne Planken mit verdrehten Bastseilen zusammengebunden waren und die schnell und wendig den Fluss hinauffahren konnten; und große, klobige Segler mit hochgezogenem Bug und Heck und gabelförmigem Mast, schwimmende Festungen aus Holz, die stromab bis zum Delta und von dort übers Meer bis Kreta und Tyros segelten. Sklaven schleppten, wie menschliche Ameisen, in einem endlosen Strom Säcke, Amphoren, Balken, Bronzebarren und Granitblöcke aus den Bäuchen der Schiffe. Phönizische und kretische Matrosen hingen wie Spinnen außen an den Rümpfen, um Lecks abzudichten oder die Glück bringenden Augen am Bug neu zu malen, wenn sie durch Sonne und Salzwasser zu stark gelitten hatten. Auf einem großen Schiff wurde gerade das Segel gesetzt: Zehn Männer standen an Deck und zogen die Rah den Mast hinauf, während zwei dressierte Paviane in der Takelage turnten und darauf aufpassten, dass sich keine Blöcke oder Tampen verdrehten. Dann blähte sich ein großes, schon etwas zerschlissenes Segel im Wind, auf das ein riesiger Delfin aufgemalt war.
    »Ein Kreter«, bemerkte Chaemepe, »er hat Wein gebracht und segelt jetzt mit Getreidesäcken zurück. Ein gutes Geschäft für uns: Emmer gegen Wein!« Er lachte und

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