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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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staubverkrustete Männer traten, die ihre steinerne Last den Abhang hinunterkippten. Rechmire bemerkte, dass manche rechts, die anderen links der Mitte aus dem dunklen Gang kamen, der ihm unendlich tief in den Felsen hinabzuführen schien.
    »Es sind Steineschlepper der Rechten und der Linken Wache«, erklärte der Zweite Schreiber. »Am besten weicht man zurück, wenn sie ihre Last hinausschleppen. Sie lieben es nicht, wenn ihnen jemand im Weg steht, und es passiert dann schon mal, dass sie ihre Steine zufällig genau über deinem Fuß verlieren. Dann müsstest du für den Rest deines Lebens mit einem Klumpfuß durch das Lande Kemet hinken. Und das wäre wirklich schade.« Sennodjem lächelte dünn.
    Der Eingang zu Merenptahs Haus der Ewigkeit war wie eine Palastpforte aus dem Felsen herausgemeißelt worden. Ein breites, leuchtendes Hieroglyphenband überspannte den Architrav. In der Mitte prunkte die goldene Sonnenscheibe Amuns, die einen Skarabäus und einen widderköpfigen Mann umschloss, die Symbole für die auf- und die untergehende Sonne. Zu beiden Seiten knieten Isis und Nephtys und beteten die Sonne an, die Schwestern des Totengottes Osiris und Göttinnen des Südens und Nordens. Merenptahs Name war in den Hieroglyphenspalten zu beiden Seiten leicht auszumachen, denn die Zeichen seines Namens waren kräftig gelb unterlegt.
    »Ein prachtvoller Eingang, kein Versteck«, murmelte Rechmire. »Der Pharao hat keine Angst vor Grabräubern.«
    »Kein Dieb würde sich je an den Ort der Wahrheit wagen«, entgegnete Sennodjem und seine Mundwinkel zitterten dabei. »Die Totenpriester schützen diesen Ort mit ihrer machtvollen Magie. Der Fluch des Osiris wird jeden treffen, der sich unerlaubt in das Tal der toten Pharaonen wagt. Oder nicht den nötigen Respekt zeigt«, setzte er mit boshaftem Lächeln hinzu.
    Rechmire dachte an das, was ihm Tamutnefret kurz zuvor über Kenherchepeschefs Ängste vor Grabräubern berichtet hatte, doch er nickte nur und schwieg.
    Dann nahm sich Sennodjem eine kleine Tonlampe mit drei Dochten aus einer groben Holzkiste, die neben dem Eingang zum Grab auf einem Felsbrocken stand. Vorsichtig goss er aus einem Flacon Sesamöl hinein, dann streute er etwas Salz auf die Dochte. »Damit sie nicht rußen«, erklärte er, als er Rechmires Blick bemerkte.
    »Willkommen im Haus der Ewigkeit des Pharaos!«, rief er dann theatralisch und ging voran, hinein in den dunklen Felsengang. Rechmire atmete einmal tief durch und folgte ihm.
    Sie betraten über einige aus dem Felsen herausgehauene Treppenstufen den
Ersten Gottesgang des Re, der auf dem Weg des Lichts ist:
einen schnurgerade abwärts in den Felsen führenden Gang, gut zweimal mannshoch und noch etwas breiter. Sie hielten sich in der Mitte, um die Arbeiter der beiden Wachen möglichst wenig zu stören. Die Luft schmeckte nach feinem Steinstaub und roch nach Sesamöl, Gips, Farben und dem Schweiß der Männer.
    Als sich Rechmires Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, erblickte er zur Linken ein Bildnis Merenptahs und verneigte sich. Es war ein fein gearbeitetes, farbenfroh ausgemaltes Relief, das den Pharao in reichen Gewändern und mit der Atefkrone zeigte, der weißen Kegelkrone Oberägyptens, verbunden mit gewaltigen Rinderhörnern, zwei aufrecht stehenden Straußenfedern und kleinen Bildnissen der Sonnenscheibe. Der Herrscher opferte dem falkenköpfigen Gott Re-Harachte, der das Anch-Zeichen des ewigen Lebens in der Hand trug.
    Zwei Schritte weiter prangte eine Sonnenscheibe in der Mitte der Wand, die wiederum einen Skarabäus und eine widderköpfige Gestalt umschloss, doch diesmal war Amun-Res Scheibe nicht mehr gelb, sondern rot ausgemalt – Zeichen der untergegangenen Sonne, die durch die Unterwelt reist. Ein Skorpion, eine Schlange, ein Krokodil und die anderen Tiere des Bösen flohen vor Amun-Res Licht. Rechmire hielt an, um die in endlosen Kolumnen über die Wand laufenden Hieroglyphen zu lesen. Es war die Sonnenlitanei, der Hymnus, der die fünfundsiebzig Gestalten feierte, in denen sich der Gott zeigte und dem Pharao prophezeite, dass er sich mit dem Sonnengott und anderen Unsterblichen auf seinem Weg durch die Unterwelt vereinen wird.
    Nach einigen Dutzend Schritten erblickten sie vier Spiegel aus massivem, poliertem Silber, die das vom Eingang hereinströmende Sonnenlicht tiefer in den Gang hinein reflektierten.
    »Der Pharao hat mit der Tradition gebrochen, die einen Gang vorschreibt, der auf halbem Wege abknickt oder sich gar wie

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