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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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führte ein schmaler Schacht tief in den Felsen hinein. Von dort erklangen leise, undefinierbare Geräusche. Rechmire sah sich kurz um, zuckte dann mit den Achseln und wagte sich auf einer wackeligen Leiter aus Palmstrünken den Schacht hinab.
    Er führte ihn in eine Vorkammer und von dort in einen großen unterirdischen Raum, der mit herrlichen Fresken geschmückt war: Weinranken bedeckten die gewölbte Decke, sodass die Sargkammer aussah wie der schattige Platz unter einer Weinlaube. Rechmire erblickte an den Wänden farbenprächtige Bilder von Osiris und Amun, Meretseger und Ptah. Doch wichtiger waren Szenen, die Parahotep selbst zeigten, wie er auf einem Stuhl saß, seine Frau an seiner Seite. Vor ihnen standen Kinder, die kleineren noch mit der Locke der Jugend an den Schläfen, und brachten ihnen Wein, Lotosblüten, Myrrhe, gebratene Gänse und andere köstliche Opfer dar. Rechmire überflog die Inschriften. Dort, wo in den Kolumnen der Hieroglyphen die Namen von Parahoteps Frau und ihren Kindern stehen sollten, waren leere Flächen gelassen worden.
    »Du sorgst vor wie ein weiser Mann«, sagte Rechmire in gespielter Anerkennung. »Obwohl du noch nicht einmal verheiratet bist, lässt du dich doch mit einer großen Familie für die Ewigkeit darstellen.«
    Der Zeichner war vor einem halbhohen hölzernen Uschebti gekniet und mit Holzmehl, Knochenleim, Schleifsand und roter Farbe eine Stelle am Kopf ausgebessert, die beim Transport oder wie auch immer beschädigt worden war. Er hatte den Neuankömmling nicht hinabsteigen gehört und fuhr nun erschrocken herum, als er plötzlich eine Stimme in seiner eigenen Grabkammer vernahm.
    Doch Parahotep hatte sich schnell wieder gefangen. »Wenn ich heirate, werde ich den Namen meiner Gattin und später auch die meiner Kinder einmeißeln«, antwortete er. »Du findest leichter eine gute Frau, wenn du schon in jungen Jahren ein Haus der Ewigkeit für eine große Familie erbaust. Was willst du von mir, Schreiber?«
    Rechmire blickte sich demonstrativ um. In der Grabkammer standen bereits drei Uschebti, ein großer Tisch, zwei hölzerne Klappstühle und mehrere kleinere Gegenstände.
    »Du hast dein Haus der Ewigkeit nicht nur schon fertig bemalt, du hast es auch schon gut gefüllt. Andere Männer brauchen vierzig Jahre, um so viele Dinge anzusammeln.«
    »Andere Männer sind auch nicht so gute Zeichner wie ich. Wenn ich nicht in Merenptahs Haus der Ewigkeit arbeite oder hier bin, dann schmücke ich die Gräber der reichen Familien aus Theben aus. Ich habe viele Aufträge. Lukrative Aufträge.« Parahoteps Stimme klang aggressiv, doch wegen seiner weichen Gesichtszüge wirkte er dabei eher wie ein eingeschnappter verwöhnter Junge, der sein Lieblingsspielzeug nicht hergeben mag, als ein Mann, der sich Vorwürfen stellen muss, die ihn zu den Goldminen oder gar den Krokodilen des Nils schicken könnten.
    »Das hast du alles an deinen freien Tagen geschaffen?«, fragte Rechmire und deutete mit einer umfassenden Bewegung auf die prachtvoll hergerichtete Grabkammer.
    »Ich male schnell. Du hast gehört, was der Meisterzeichner gesagt hat.«
    »Vielleicht hatte Kenherchepeschef da so seine Zweifel«, bemerkte Rechmire wie nebenbei.
    Parahotep sprang mit erstaunlicher Behändigkeit von seiner Uschebti-Figur auf und war mit einem Satz dicht vor ihm. Er war dabei so schnell, dass Rechmire nicht einmal Zeit hatte zurückzuweichen.
    »Was willst du damit andeuten?«, zischte der Zeichner böse. Seine Hände waren zu Fäusten geballt.
    Rechmire holte tief Luft und beschloss, nicht zurückzuzucken. »Angenommen«, flüsterte er, »Kenherchepeschef sah dein Grab, bewunderte deine Kunstfertigkeit und fragte sich dann, wie du die Zeit gefunden hast, all dies zu schaffen und außerdem den Reichtum zusammenzuraffen, um dein Haus der Ewigkeit schön einzurichten. Angenommen, er glaubte dir nicht. Oder angenommen, er glaubte dir, sah es jedoch nicht gerne, dass du auf eigene Rechnung für die Reichen Thebens arbeitetest. Was hätte der Erste Schreiber wohl getan?« Rechmire lächelte hinterhältig. »Der Erste Schreiber hätte dir deine lukrativen kleinen Privatarbeiten verboten. Oder er hätte dir im Grab von Merenptah so viel Arbeit gegeben, dass du für andere Aufträge keine Zeit mehr gehabt hättest. Vielleicht gar hätte er dich gezwungen, einen Teil deiner Grabausstattung wieder abzugeben.«
    Parahotep lachte so laut, dass es in seinem Grab widerhallte. »Du weißt gar nichts, junger

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