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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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er. »Zwei Medjai haben dich im Tal der toten Pharaonen gefunden und zu mir gebracht. Du hast hier fast drei Tage im Fieberwahn gelegen und wir fürchteten schon, dass dein Ka und dein Ba dich für immer verlassen würden. Was ist nur passiert? Hat Meretseger Skorpione auf dich niederregnen lassen?«
    Rechmire schloss für einen Moment die Augen. »Ich hoffe nicht, dass es die Göttin war«, murmelte er. »Das ist eine komplizierte Geschichte«, fuhr er dann leise fort. »Ich werde sie dir erzählen, sobald ich wieder etwas bei Kräften bin.«
    »Du hast Glück gehabt, dass Nachtmin Arzt in Set-Maat ist«, sagte der Priester. »Hätten wir einen weniger erfahrenen Sunu, dann lägest du jetzt schon auf dem Tisch der schakalköpfigen Mumifizierer, die dir die Eingeweide aus dem Leib ziehen würden.«
    Rechmire blickte den Mann mit dem geröteten Gesicht an und brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Ich danke dir, Nachtmin. Thot möge dir immer gnädig sein. Auch wenn deine Medizin bitterer ist als das Bilgenwasser, das in einem kretischen Schiff schwappt.«
    Der Angesprochene lachte scheppernd. »Ich wusste gar nicht, dass junge thebanische Schreiber in ihrer Ausbildung jetzt auch das Bilgenwasser fremdländischer Handelsschiffe kosten müssen«, erwiderte er. Dann hob er einen Weinkrug zum spöttischen Gruß hoch, bevor er ihn in einem Zug leerte. Seine Hände zitterten leicht.
    »Wein gehörte nicht zu deiner Medizin«, sagte Rechmire und richtete sich mühsam auf.
    »Damit kuriere ich nur mich selbst«, antwortete Nachtmin trocken. Dann kniff er die Augen zusammen und grinste ihn spöttisch an. »Willst du wirklich wissen, womit ich dein Ka und dein Ba an deinen Körper gefesselt habe, obwohl das Gift von tausend Skorpionen sie daraus vertreiben wollte?«
    »Es kann nicht schaden«, entgegnete Rechmire. »Nur die Götter mögen wissen, ob ich es nicht noch einmal brauchen werde.«
    »Du nimmst zwei Ro zerstoßenes Bilsenkraut und lässt es eine Nacht in einem kleinen Topf Wasser stehen; dann mischt du es mit vier Ro vom Saft des Mohns, einem Ro Fliegendreck, den du von der Wand kratzen musst, und vier Ro Fledermausblut. Das habe ich dir viermal am Tag einflößen lassen. Auf deine Skorpionstiche habe ich am ersten Tag frisches Ochsenfleisch legen lassen, damit sich in den Wunden kein rotes Fieber entzündet, danach habe ich dir Leinenbinden angelegt, die mit Honig und Milch bestrichen sind, damit die Verletzungen ohne Narben verheilen. Heute ist dein Geist in seinen Körper zurückgekehrt und morgen wirst du wieder bei Kräften sein, als hättest du noch nie in deinem Leben einen Skorpion gesehen«, erklärte der Sunu mit sichtlichem Stolz auf sein Wissen. Dann griff er sich einen neuen Weinpokal und nahm wieder einen tiefen Schluck.
    Rechmire verzog das Gesicht und schüttelte sich. »Wahrscheinlich bin ich nur deshalb nicht in Osiris’ Reich eingegangen, weil ich so nach Skorpionen, Fliegen und Fledermäusen gestunken habe, dass mich die Götter im Jenseits nicht ertragen hätten«, murmelte er.
    »Die Götter ertragen im Reich des Westens Sklaven, deren Köpfe von Granitsteinen zerquetscht wurden«, entgegnete Nachtmin kühl, »Soldaten, die ihre Eingeweide aus Speerwunden hinter sich herschleppen, und Pharaonen, denen Geschwulste die Augen aus den Höhlen gedrückt haben. Glaube mir, junger Schreiber aus Theben, Osiris hätte sich von deinem Zustand nicht abschrecken lassen, im Gegenteil: Er liebt die Menschen, die jung und mit intaktem Leib zum westlichen Horizont schreiten, und gerade deshalb müssen wir Ärzte besonders um das Leben der jungen Männer und Frauen kämpfen, während die Alten oft noch einmal von selbst genesen.«
    Nachtmin deutete eine Verbeugung an. »Ich kann jetzt gehen. Morgen werde ich wieder nach dir sehen, aber ich glaube, dass du meiner Künste nicht mehr bedarfst.«
    »Ich habe kaum Kupfer und gar kein Silber mit mir«, sagte Rechmire verlegen, »womit ich dich bezahlen könnte. Ich muss dich bitten, dich noch einige Tage zu gedulden.«
    Der Sunu grinste fröhlich. »In zwei Tagen bin ich in Theben. Ich werde den Verwalter des Tschati fragen, wie viel ihm ein lebender Schreiber wert ist. Dann lasse ich mich von ihm auszahlen – und nicht in Silber oder Kupfer, sondern in Wein.« Der Arzt ging lachend hinaus, wobei man ihm ansah, dass er sich konzentrieren musste, um nicht zu schwanken wie ein Papyrusrohr im Nordwind.
    Tamutnefret verneigte sich tief vor dem Priester, dann

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