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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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verlassen. Und doch spürte Rechmire, dass irgendwo jemand auf ihn lauerte. Er duckte sich hinter einen Felsen und versuchte verzweifelt, die Schatten mit seinen Blicken zu durchdringen. Er dachte an die Geschichten von Meretseger und Anubis, von Sehakek und den anderen Dämonen. Eine namenlose Angst stieg in ihm auf, die Angst vor einem Wesen aus der anderen Welt.
    Rechmire wartete lange hinter dem Felsen. Ihm schienen es Stunden zu sein, doch tatsächlich waren kaum mehr als ein paar Augenblicke vergangen, als er es endlich wagte, einen Schritt aus seiner Deckung zu tun, noch immer tief gebeugt und aufmerksam lauschend.
    Er hörte ein leises, unbestimmbares Geräusch in der Luft. Noch bevor er sich aufrichten und umdrehen konnte, traf ihn ein leichter Schlag an der rechten Schulter.
    Es war ein Sack voll von Skorpionen.
    Der Stoff war dünner als der feinste Frauenschleier und platzte sofort auf, als er auf seine Haut schlug. Rechmire sah zwei Skorpione auf seiner Schulter, nur eine Hand breit entfernt von seinem Gesicht. Er spürte ein Kribbeln auf seinem Rücken und seinem rechten Oberarm.
    Rechmire wollte schreien, aufspringen, sich schütteln, einfach blindlings loslaufen. Doch er war einen Augenblick lang gelähmt vor Schreck. Es war, als hätte sein Ka ihn schon verlassen, als wäre sein Körper nur noch eine Hülle, die nicht mehr seinem Willen gehorchte. Dann fühlte er den ersten Stich. Der Schmerz war wie der von einem schmalen Dolch oder einer langen Nadel mit feinen Widerhaken, die in seine Haut getrieben wurde. Dann kam der nächste Stich und dann noch einer und noch einer.
    Der Schmerz zog einen roten Schleier vor seine Augen. Er spürte, wie sich das Gift von seiner rechten Schulter aus in seinem Körper ausbreitete wie brennendes Öl. Rechmire richtete sich mühsam auf und taumelte zwei Schritte weit. Er wollte schreien, doch aus seiner Kehle drang nur noch ein halblautes Gurgeln, das sich nicht mehr menschlich anhörte. Dann senkte sich die Nacht über seinen Geist.

11 . BUCHROLLE

D AS G EHEIMNIS DES P RIESTERS
    Jahr 6 des Merenptah, Achet, 13. Tag des Paophi, Set-Maat
    Ein dünner gelber Schleier lag vor Rechmires Augen, sein Atem ging schwer, als läge der Horizont des Cheops selbst auf seiner Brust, und seine Arme und Beine waren wie alte störrische Esel, die ihrem Herrn nicht mehr gehorchen wollten. Er wusste nicht, wie lange er schon so dagelegen hatte, den trüben Blick auf eine schmutzige Zimmerdecke gerichtet, deren gelblicher Putz an einigen Stellen bereits abgesprungen war. Das einzige Gefühl in ihm war ein unbestimmbarer Schmerz, der irgendwo tief aus der rechten Seite seines Leibes bis zu seinem Gehirn zu strömen schien wie eine langsam aufquellende Stelle bitteren Wassers.
    Irgendwann schob sich plötzlich das Bild eines Mannes vor seine Augen: Er war vielleicht Mitte Dreißig, mittelgroß und dünn, doch mit einem aufgeblähten Bauch, der aussah, als hätte ihn ein Schöpfergott vergessen und erst nachträglich an seinen Körper gedrückt. Sein Gesicht war unnatürlich stark gerötet wie nach einem langen Lauf durch die Wüste, seine Zähne entzündet und gelb, seine Haare lang und strähnig. Er sagte irgendetwas und seine Stimme klang dabei wie alter Papyrus, der in Fetzen gerissen wird, doch Rechmire konnte kein Wort verstehen. Dann hob er ihm eine Tonschale an die aufgesprungenen Lippen.
    Rechmire spürte plötzlich, wie durstig er war. Dankbar nahm er einen tiefen Schluck, doch dann röchelte und würgte er und hätte sich auf seiner Liege gewunden wie eine verletzte Schlange, wenn ihn nicht von hinten zwei kräftige Hände an den Schultern gepackt und niedergedrückt hätten, sodass der ungepflegte Mann den ganzen Inhalt der Schüssel in ihn hineinschütten konnte. Die bräunliche Flüssigkeit roch, als hätte jemand viele aromatische Gewürze in eine alte Kloake gekippt, und sie schmeckte wie Leichenwasser. Rechmire fürchtete, dass ihn der Unbekannte vergiften wollte, und gurgelte einen Hilferuf heraus.
    »Es ist Medizin. Sie wird dich wieder gesund werden lassen«, hörte er eine Stimme irgendwo hinter ihm, eine Stimme, die ihm vage bekannt vorkam und die ihn beruhigte.
    Dann lösten die kräftigen Hände ihren Griff von seinen Schultern und er sah, wer ihn festgehalten und besänftigend zu ihm gesprochen hatte: Tamutnefret, die Sklavin aus Syrien.
    »Wo bin ich?«, flüsterte er.
    Kaaper war neben die Sklavin getreten. »In meinem Haus am Ort der Wahrheit«, antwortete

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