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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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mit Schieben, Stoßen und leichten Dolchstichen den Esel an den beiden Rindern vorbeibugsieren wollten. Sie hatten damit aber erst Erfolg, als zufällig auch vier Soldaten aus der Palastwache des Pharaos vorbeikamen, die zwei große, schwarze Wolfshunde an Leinen mit sich führten. Die Hunde ließen ein dumpfes, grollendes Knurren hören, woraufhin die Menge schlagartig verstummte – und der Esel, als wäre nichts gewesen, langsam an dem Rinderschlitten vorbeitrottete.
    Endlich erreichten sie die Herberge »Sobeks Rast«, ein einfaches, schmuckloses Gebäude, in dessen Innenhof viele Tische und Bänke aus groben Brettern aufgestellt waren, an denen bereits einige Dutzend Männer und Frauen im Schatten einer dicht bewachsenen Weinlaube aßen und tranken. Das Erdgeschoss bestand aus einem großen Schankraum, der ebenfalls schon gut gefüllt war. Es roch sauer nach Schweiß und dem starken Kedebier aus dem Hafen, das aus Syrien importiert werden musste; außerdem lag der stechende Gestank von schwelendem Stroh und Schafdung in der Luft, denn eine ältere, verhärmt aussehende Frau war gerade dabei, unter dem offenen, gemauerten Herd mit dem Feuerbohrer eine Flamme anzufachen. Sie hatte einen kleinen Stab aus hartem Zedernholz auf eine mit Stroh bedeckte Platte aus weichem Sykomorenholz gestellt und drehte ihn mit einer Bogensehne so schnell hin und her wie ein Schreiner einen Bohrer, bis aus dem bläulich qualmenden Untergrund endlich eine offene Flamme schlug.
    Ein alter, tief gebeugter Mann begrüßte Sennodjem ehrfürchtig und führte sie über eine schmale, stark knarrende Stiege aus Palmstrünken bis zur obersten der vier Etagen, die komplett für die Menschen vom Ort der Wahrheit reserviert war.
    Rechmire sah sich in seinem Zimmer um. Es war gerade lang genug für eine auf dem Boden ausgerollte Bastmatte und eine flache Holztruhe und kaum doppelt so breit wie seine Schultern. Durch schmale Fensterschlitze drangen Licht und Luft herein, es gab keine Tür, sondern nur eine Matte, die im trägen Lufthauch langsam tanzte. Es war heiß, weil der Raum direkt unter dem Dach lag, doch war er wenigstens peinlich sauber gefegt.
    Dann blickte Rechmire ihrem Wirt hinterher, der wieder in Richtung Stiege schlurfte. Sein verkrümmtes Rückgrat verriet, dass er jahrelang schwerste Lasten hatte schleppen müssen. Es war keineswegs ungewöhnlich, dass sich Arbeiter nach langer Fron genug Silber angespart hatten, um ihre alten Tage beschaulicher in einer eigenen Herberge oder Taverne zu beschließen. Doch er fragte sich, ob es wirklich Zufall war, dass sie ausgerechnet in dem Quartier gelandet waren, das sich der Wasserträger erspart hatte, den Rechmire erst vor wenigen Tagen an der Zisterne vor dem Ort der Wahrheit in angeregter Unterhaltung mit Hunero erblickt hatte.
    Er überlegte sich auch kurz, ob er nicht das winzige Zimmer zugunsten seines eigenen Hauses aufgeben und die elf Tage des Opet-Festes im bescheidenen Komfort seiner eigenen vier Wände verbringen sollte, doch entschied er sich schließlich dagegen. Er würde Baketamun treffen, wo immer es seiner Geliebten gefiel, doch den Rest der Zeit wollte er den Menschen von Set-Maat so nah wie möglich sein – vielleicht würde der Mörder während der langen Feiern unvorsichtig werden und sich so endlich verraten.
    Allerdings verließ er »Sobeks Rast« trotzdem für kurze Zeit, um wenigstens in seinem Haus nach dem Rechten zu sehen. Seine Sklaven Chui und Nebtu öffneten ihm und schienen ehrlich erfreut darüber zu sein, ihren Herrn wieder zu sehen. »Möchtest du etwas Honigkuchen essen?«, fragte Nebtu und blickte ihn besorgt an. »Du hast abgenommen«, konstatierte sie, »so wirst du nie zu einem runden Bauch kommen, der doch das würdevolle Zeichen aller guten Schreiber ist.«
    Er lachte sie freundlich an. »Mach dir um mich keine Sorgen«, beruhigte er sie, »Amun selbst hält seine schützende Hand über mich.« Er beschloss, ihnen nichts von dem Anschlag mit den Skorpionen zu erzählen.
    »Wie geht es meinen Eltern?«, fragte er.
    »Raia und Meresanch sind wohlauf«, antwortete Chui würdevoll. Dann setzte er, mit einer Spur von Vorwurf in der Stimme hinzu: »Sie würden sich freuen, das Opet-Fest mit dir zu feiern.«
    Auch daran hatte Rechmire schon gedacht. Doch er wusste nicht, ob er den Mörder Kenherchepeschefs fangen und damit einen guten Schritt in seiner Laufbahn vorankommen würde oder ob er in Set-Maat erfolglos blieb und sich damit vielleicht für alle

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