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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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einen gigantischen Festsaal verwandeln. Er würde mehr als eine Gelegenheit haben, seine Geliebte heimlich zu treffen.
    Also stand er einige Stunden später am Saum des Nils. Sennodjem und die Medjai hatten ihren Zug angeführt, Rechmire war mit Kaaper, Nachtmin (der schon wieder leicht schwankte) und den Vorarbeitern direkt dahinter gefolgt, dann kamen die Arbeiter mit ihren Familien und zuletzt die Sklaven.
    Nie zuvor hatte Rechmire gesehen, dass der Nil so viele Fahrzeuge trug. Von Norden kamen große Meeresschiffe aus Memphis und vom Delta; er erkannte kretische Galeeren an den roten Delfinen auf ihren geblähten weißen Segeln und die bauchigen Schiffe der Syrer und Phönizier an den Bildnissen ihrer fischschwänzigen Meeresgötter. Große, flache Fluss-Segler, deren Planken mit Hanfseilen verspannt waren, brachten, unter ihrer hoch gestapelten Ladung gefährlich schwankend, Berge von Weinamphoren und Getreidesäcken an die Kais von Theben. Unförmige Lastkähne aus hartem Zedernholz, die aussahen wie ins Riesenhafte gesteigerte einfache Särge, die sonst nur benutzt wurden, um die in Assuan aus dem roten Granitberg herausgeschlagenen Obelisken stromab zu transportieren, trugen zerschlissene Zeltbahnen, unter denen sich Hunderte von Menschen, die Einwohnerschaften ganzer Dörfer, vor der Sonne schützten. Ochsen, Esel und Sklaven treidelten hastig zusammengezimmerte Flöße gegen den Strom, Fischer kamen mit ihren kleinen Kähnen, manche Bauernfamilien ließen sich von selbst zusammengebauten Untersätzen aus Palmstrünken gen Theben treiben.
    »Das Opet-Fest ist in Wahrheit gar nicht Amuns höchster Feiertag«, lachte Nachtmin, als er sich an dem Spektakel satt gesehen hatte, »sondern der des krokodilköpfigen Sobek. Dort auf dem Strom schwimmt ein Festmahl für seine Wesen.«
    Sennodjem und Kaaper warfen dem Sunu missbilligende Blicke zu, doch niemand widersprach ihm.
    Der Zweite Schreiber drängte sich an einem hölzernen Pier vor und verhandelte mit einem älteren Fischer. Rechmire sah, wie er immer erregter redete und heftig mit den Armen ruderte, während der Fischer ihn aus zahnlosem Mund gleichmütig anlächelte und offensichtlich immer wieder denselben Satz wiederholte. Schließlich gab Sennodjem auf, zog einen Lederbeutel hervor und warf dem Mann zwei blinkende Metallstücke zu.
    »Zwei Deben Silber für eine Überfahrt!«, rief er empört, als er sich wieder zu den Dorfbewohnern gesellte. »Dafür kann ich mir auf dem Markt von Theben einen gesunden Sklaven kaufen.«
    »Aber auch der könnte dich nicht eigenhändig über den Nil tragen«, spottete Nachtmin.
    »Sei froh, dass uns überhaupt noch jemand mit hinübernimmt«, versuchte ihn Kaaper zu beruhigen. »Der Fischer wird mindestens viermal übersetzen müssen, um uns alle nach Theben zu bringen.«
    »Zu normalen Zeiten wäre er froh, dies für ein oder zwei Deben Kupfer tun zu dürfen«, zischte der Zweite Schreiber, der sich noch immer nicht beruhigen wollte.
    Nachtmin lachte wieder. »Während des Opet-Festes nimmt sich jeder, was er kriegen kann. Und was wird der Fischer schon mit dem Silber machen? Er wird es sparen, um sein eigenes Haus der Ewigkeit ausschmücken zu können. Wer weiß, vielleicht wird er so reich, dass er sich ein Grab in der Nähe von Set-Maat leisten kann? Und wer wird es für ihn bauen?« Er deutete mit spöttischer Geste auf Sennodjem.
    »Und dann wirst du deine beiden Deben wieder sehen.«
    »Ich verspreche dir bei den tausend Göttern Beider Reiche, Sunu, dass dieser Fischer, sollte er sich tatsächlich je bei mir blicken lassen, sehr viel mehr als nur zwei Deben Silber zahlen wird«, rief der Zweite Schreiber grimmig. Dann ging er selbst mit seiner Frau und seinen Töchtern und Schwiegersöhnen als Erster auf den aus alten Hölzern und Palmstrünken zusammengebundenen Kahn. Kaaper folgte ihm und streute etwas Myrrhe und Weihrauch in den schlammigen Strom, um die Herren des Nils gnädig zu stimmen. Erst danach wagten sich die Medjai, die in der südlichen Wüste aufgewachsen waren und deshalb den Tücken des Nils besonders misstrauten, an Bord. Schließlich gab es noch Platz für Nachtmin und Rechmire sowie einige Sklaven, die Sennodjem nach vorn rief, damit jemand am anderen Ufer ihr Gepäck entladen konnte.
    Nachdem sie abgelegt hatten, stand Sennodjem auf dem schwankenden Kahn vorsichtig auf, ließ sich von einem Sklaven stützen und ging nach achtern, wo er sich neben Rechmire niederließ. Dieser tat so, als wäre

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