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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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wollte.
    Die Zeit schien ihm zäher zu fließen als der Nilschlamm am Ufer und Rechmire fürchtete schon, dass Kaaper von den anderen Priestern wegen seiner späten Teilnahme an der Abendzeremonie zur Rede gestellt oder aus anderen Gründen davon abgehalten wurde, ihn wieder aus dem großen Säulensaal zu schmuggeln. Er malte sich aus, wie ihn am nächsten Morgen der Priester des Morgenrituals hier entdecken würde – ausgerechnet am Beginn des Opet-Festes. Der Pharao selbst würde ihn den Krokodilen vorwerfen, denn Rechmire hätte durch diesen Frevel das wichtigste Götterfest der Beiden Reiche entweiht. Sein Name würde ewiger Verdammnis anheim fallen, Osiris würde Dämonen befehlen, ihm vor seinem Thron den Kopf abzureißen und stattdessen eine Fackel auf seinen Hals zu setzen, auf dass er für immer brennen musste.
    Doch irgendwann hörte er, wie mit einem kurzen Klacken ein schwerer Bronzeriegel geöffnet wurde und eine Tür leise in ihren Angeln quietschte. Rechmire sah kein Licht, hörte jedoch Schritte, die sich ihm langsam näherten. Er hielt den Atem an vor Angst und dachte an Sehakek und die anderen Dämonen, an deren Existenz er bis jetzt manchmal gezweifelt hatte.
    »Noch in der letzten Ecke des Säulensaals kann man deine Zähne klappern hören«, zischte eine Stimme direkt hinter ihm.
    Rechmire zuckte zusammen und stöhnte auf, dann erkannte er die vertraute raue Stimme. »Kaaper!«, stieß er hervor, lauter, als er es gewollt hatte, »Amun sei gepriesen! Ich dachte schon, du kommst nicht mehr. Wo steckst du? Und wieso machst du kein Licht?«
    »Ich stehe direkt hinter dir. Und ich habe keine Lampe entzündet, weil uns dies, erstens, verraten könnte und ich, zweitens, dieser Hilfsmittel nicht mehr bedarf. Hier wenigstens hat sich Amuns Strafe einmal als Segen erwiesen. In der Dunkelheit bin ich den Sehenden überlegen. Komm!« Rechmire spürte, wie ihm der Priester seine Hand auf den rechten Unterarm legte und ihn langsam aus dem Säulensaal geleitete. Erst, als sie einen riesigen Vorhof und ein großes Prozessionstor passiert hatten, hielt der Priester wieder an. Sie standen in einem kleinen Garten, der sich nördlich an den Tempel anschloss. Eine Brise wehte den Nil hinauf und kühlte angenehm die Luft, die nach Lilien und Rosen duftete. Hier entzündete Kaaper eine Fackel.
    »Ich werde dich jetzt zu Userhet bringen«, flüsterte er. »Der Hohepriester wird die ganze Nacht vor dem Opet-Fest mit den letzten Vorbereitungen der Zeremonien verbringen, doch er gewährt dir trotzdem die Gnade, dich für ein paar Augenblicke zu empfangen. Ich hoffe, dass du deine Sache gut machst. Wenn du Userhet beeindrucken kannst, dann wirst du es noch weit bringen im Lande Kemet. Wenn du den Hohepriester allerdings erzürnst, dann wird er dich vernichten, noch ehe das Opet-Fest vorüber ist.«
    Kaaper führte ihn auf ein niedriges, unauffälliges Haus zu. Die Außenwände waren weiß verputzt und unverziert, doch sobald Rechmire die schmale Eingangspforte passiert hatte, verschlug es ihm den Atem: Er stand in einem Raum aus Gold. Wände, Decke und Fußboden waren mit Lapislazuli und Goldstaub ausgelegt. Drei große Lampen aus getriebenem Silber mit jeweils drei Dochten spendeten Licht, das das Gold glänzen ließ und die Sinne verwirrte. Der Priester schritt voran und sie gelangten durch mehrere Gänge und Räume, die alle auf die gleiche Art dekoriert waren. Der einzige bildliche Schmuck waren große Reliefs des Gottes Amun aus bemalten, erlesen bearbeiteten Sandsteinplatten im Zentrum jeder Wand. Rechmires Ehrfurcht wurde immer größer angesichts von so viel Pracht und seine Nervosität steigerte sich mit jedem Schritt mehr zu blanker Angst.
    Endlich wurden sie in einen überraschend kleinen Raum geführt, der sich zu einem säulenumstandenen Innenhof öffnete, in dessen Zentrum ein viereckiger Teich angelegt war, auf dem Dutzende von kaum handtellergroßen Seerosen trieben. Userhet saß auf einem schlichten, aber massiv gearbeiteten Klappstuhl aus Zedernholz und ließ sich gerade von zwei jungen Priestern ein Mahl aus Fleisch von gemästeten Hyänen, gebratenen Gänsen und gekochten Tauben, von Bohnen, Gerstenbrot und glasierten Feigen reichen. Ein dritter Priester schüttete ihm aus einem kleinen Alabasterkrug Wasser über die Hände und trocknete sie anschließend mit golddurchwirktem Leinen ab.
    Die beiden Besucher verbeugten sich tief, streckten die offenen Handflächen demutsvoll vor und verharrten in dieser

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