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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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persönliches Ziel bekannt gegeben.
    Höchstwahrscheinlich würde er bei diesem Unterfangen scheitern, weil er keinen politischen Rückhalt hatte und beim Antichambrieren auf Vorurteile stoßen würde, aber allein die Formulierung war als Kriegserklärung verstanden worden. Die Entsetzensbekundungen der Verschwörungstheoretiker nahmen kein Ende, und in den antisemitischen Hetzblättern folgte eine Hasstirade nach der anderen.
    Der Commissarius betrat die großzügige Eingangshalle. Er hatte immer gedacht, dass Waisenhäuser schäbig und armselig waren, aber die jüdische Gemeinschaft kümmerte sich offenbar vorbildlich um die elternlosen Kinder. An einer Wand hing das Gemälde eines Sederabends mit zahlreichen Speisen, an der gegenüberliegenden Wand Porträts von Sara und Max Reichenheim, deren Schenkung in Höhe von zweihundertfünfzigtausend Talern die Erbauung des Waisenhauses ermöglicht hatte.
    Ein Herr mit Zwicker und Frack kam die breite marmorne Treppe herunter und rief: »Kann ich Ihnen helfen? Ich bin der Direktor. Moritz Jutrosinski.«
    Der Commissarius stellte sich vor, berichtete über den Grund seines Erscheinens und schloss mit den Worten: »Deshalb möchte ich Isaac Wolfssohn sofort unter Polizeischutz stellen. Zu diesem Zweck habe ich zwei erfahrene Männer mitgebracht, die ihn rund um die Uhr bewachen sollen.«
    »Herr Wolfssohn ist tatsächlich hier«, erwiderte Herr Jutrosinki. »Er kommt jeden Freitag um die gleiche Uhrzeit, um den Kindern Spielzeug zu bringen. Aber wieso sprechen Sie von zwei Polizisten? Ich sehe nur einen.«
    Der Commissarius drehte sich um und erblickte tatsächlich nur Kriminalschutzmann Stresow. »Wo ist Holle?«, fragte er.
    Stresow wirkte verlegen.
    »Nun sprechen Sie schon«, sagte Funke.
    »Er ist an der Pforte umgedreht und gegangen«, erwiderte der Kriminalschutzmann. »Haben Sie es nicht bemerkt?«
    »Nein.«
    »Ich soll Ihnen was ausrichten.« Stresow blickte zum Direktor des Waisenhauses und dann wieder zum Commissarius. »Ich denke, das sollten wir unter vier Augen besprechen.«
    »Das wird ja immer besser«, sagte Funke, griff dem Kriminalschutzmann an den Arm und führte ihn einige Schritte zur Seite. »Also los.«
    »Holle hat gesagt, dass das Waisenhaus eine Brutstätte für Ansteckungskrankheiten sei, die er nicht betreten würde. Wenn sie ihm gleich gesagt hätten, wo es hingeht, wäre er gar nicht erst mitgekommen.«
    Der Commissarius musste schlucken, bevor er zu einer Erwiderung imstande war. »Das hat er wirklich gesagt? Glauben Sie das auch, Stresow? Bitte seien Sie ehrlich.«
    »Ich bin nicht so«, sagte der Kriminalschutzmann. »Ein Kriegskamerad von mir war Jude. Ich kann mir keinen tapfereren Soldaten und keinen besseren Gefährten vorstellen.«
    »Gut so«, sagte der Commissarius und trat zum Direktor. »Es hat gewisse Komplikationen gegeben, aber ich schicke später noch einen zweiten Mann vorbei. Bitte bringen Sie uns jetzt zu Herrn Wolfssohn.«
    »Ich frage besser nicht nach dem Grund der Komplikationen«, entschied Herr Jutrosinski. »Er hält sich im Park auf. Folgen Sie mir.«
    Während der Commissarius durch die Eingangshalle schritt, fiel ihm Holles Verhalten im Zoologischen Garten ein. Wenn er es vorhin präsent gehabt hätte, hätte er den Wachtmeister nicht eingeteilt. Funke begriff nicht, was mit seinem Untergebenen los war. Ihm musste doch klar sein, dass er kein zweites Mal Nachsicht walten lassen konnte. Jetzt würden eine Meldung beim Kriminaldirigenten und die Entlassung aus dem Polizeidienst folgen. Holle hatte sich untragbar gemacht. Steckte vielleicht sogar mehr dahinter? War er so schnell verschwunden, weil er mit dem Mörder unter eine Decke steckte? Wollte er ihm mitteilen, wo sich Isaac Wolfssohn aufhielt?
    Plötzlich hatte es der Commissarius wieder eilig. Auf der Terrasse blieb er abrupt stehen und drehte den Kopf in alle Richtungen, aber er sah auf dem abschüssigen Gelände nur spielende Kinder in Trachten. Alle Mädchen trugen eine graue Bluse, einen grauen Rock und eine Kittelschürze. Die Jungen waren in eine blaue Hose, ein weißes Hemd und eine blaue Jacke gekleidet.
    »Wo ist er?«, fragte der Commissarius.
    »Bei trockenem Wetter sitzt er normalerweise auf der Bank unter dem Ahornbaum und liest Zeitung«, erwiderte Herr Jutrosinski, »aber ich kann ihn nirgends entdecken.«
    »Und was hockt da für eine Gestalt, jenseits des Zaunes, in den Büschen?«, fragte der Commissarius und zeigte hin. »Sehen Sie ihn? Das

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