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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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herausbekommen.«
    »Hat der Tierpfleger schon eine Aussage gemacht?«
    »Seit wir ihn verhaftet haben, hat er noch kein Wort von sich gegeben, das uns weiterhelfen könnte. Er weiß, dass wir ihn nicht ewig festhalten können. Ich glaube, er spielt auf Zeit.«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mein Glück mal versuche?«
    » Mon cher Docteur , wie habe ich auf diese Frage gewartet!«, erwiderte der Commissarius. »Bitte folgen Sie mir.«
    Verhörzimmer
    Wenig später betrat Otto das Verhörzimmer, schloss die Tür hinter sich und studierte Winfried Wolter, der kurz zu ihm aufsah und dann wieder den Kopf senkte, um grimmig auf die Tischfläche zu starren. Sein Rücken war gekrümmt, als würde er kurz vorm Sprung stehen. Mit den Händen klammerte er sich an die Stuhlbeine, und zwar so fest, dass die Haut über den Fingerknöcheln weiß war. Seine Füße standen hüftbreit auseinander und wippten auf und ab. Als draußen eine Tür zuschlug, zog er die Stirn kraus und bleckte die Zähne, was an die Drohung eines Raubtiers in Gefangenschaft erinnerte.
    Der Mann befand sich in einem gefühlsmäßigen Ausnahmezustand. Einen Appell an seine Vernunft zu richten, hielt Otto für Zeitverschwendung. Auch würde es ihm nicht gelingen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Hier würde es darum gehen, schnell und hart in die Sphäre des Mannes einzudringen, ihm jeden Rückzugsort zu nehmen, sodass er am Ende keinen anderen Ausweg mehr sehen würde, als eine Aussage zu machen. Dazu musste er in die Rolle eines brutalen Radaubruders schlüpfen, der in der Hackordnung über dem Tierpfleger stand und dem er sich unterordnen würde. Zur zusätzlichen Einschüchterung würde auch etwas Verstärkung nichts schaden.
    Otto ging nach draußen und erklärte dem Commissarius, welche Unterstützung er brauchen würde. Dann kehrte er zurück ins Vernehmungszimmer und setzte sich dem Tierpfleger gegenüber. »Warum sind Sie die letzten Tage nicht zur Arbeit erschienen?«, fragte Otto. »Warum haben Sie sich in Spandau bei Ihrem Schwager versteckt?«
    »Von mir erfahn Se nüscht«, sagte der Mann und verschanzte sich hinter dem Tisch wie hinter einer Brustwehr.
    Otto packte den Tisch und warf ihn krachend gegen die Wand. »Warum sind Sie in den letzten Tagen nicht auf der Arbeit erschienen? Warum haben Sie sich in Spandau bei Ihrem Schwager versteckt?«
    »Wichs ma nich rum, Kleener. Sonst krichste noch eenen üba de Rübe«, sagte der Mann und streckte nicht nur das Gesicht vor, sondern schob auch das Kinn vor.
    Otto ließ sich von solchen Drohgebärden nicht beeindrucken. Er rückte mit dem Stuhl noch näher heran und steckte sein Knie zwischen die auf- und abwippenden Beine des Mannes. »Schauen Sie mir gefälligst in die Augen, wenn ich mit Ihnen rede«, brüllte er.
    »Dir ham Se wohl zu heiß jebadet«, sagte der Mann noch angriffslustig, aber seine Körpersprache änderte sich bereits. Er hob die Augenbrauen an, blickte mehrmals nach unten und zog die Schultern zurück. Das waren erste Anzeichen, dass seine Angriffslust nachließ und einer zunehmenden Verunsicherung wich.
    Otto packte ihn am Kinn und riss seinen Kopf hoch. »Ich hab gesagt, dass Sie mich angucken sollen, wenn ich mit Ihnen rede. So langsam habe ich genug von Ihren Ausflüchten. Ich frage Sie jetzt ein letztes Mal: Warum sind Sie in den letzten Tagen nicht auf der Arbeit erschienen? Warum haben Sie sich in Spandau bei Ihrem Schwager versteckt?«
    »Fass mir nur nich an, du«, sagte der Tierpfleger, griff unter seinen Stuhl und wich zurück, sodass er nun mit dem Rücken zur Wand saß. »Hier drinne biste stark, wa? Wat biste übahaupt fürn feina Pinkel?«
    Otto musterte den Mann wie Ungeziefer. »Ich habe versucht, vernünftig mit Ihnen zu reden«, sagte er. »Ich habe Ihnen die Gelegenheit gegeben, eine Aussage zu machen. Sie haben Ihre Chance nicht genutzt und müssen nun die Konsequenzen tragen.«
    Otto stand auf, ging zur Tür und schlug zweimal kräftig mit der flachen Hand dagegen, was von Winfried Wolter mit großen Augen beobachtet wurde. Danach baute sich Otto mitten im Raum auf und verschränkte die Arme über der Brust. Nach und nach traten fünf muskulöse Ordnungspolizisten ein, die sich breitbeinig neben ihn stellten und die Hände in die Hüften stemmten. Sie starrten den Tierpfleger an, als würden sie ihn mit Blicken durchbohren wollen. Einer von ihnen schnippte die Asche einer brennenden Zigarre in Winfried Wolters Richtung. Der kleine Raum war

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