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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Gewerbetreibende boten Kunsthandwerk, Galanteriewaren und Souvenirs an. Gerade zog ein Dutzend Ritter vorüber, die weiße Umhänge mit roten Kreuzen trugen und von Fanfarenbläsern flankiert wurden.
    Daniele Vicente saß in Begleitung zweier Herren vor einer gut besuchten Restauration und ließ sich ein gepökeltes Eisbein mit Erbsenpüree schmecken.
    »Guten Abend«, sagte Otto.
    Sein früherer Reisegefährte wischte sich den glänzenden Mund ab, erhob sich und erwiderte: »Was für eine nette Überraschung! Mit dir hab ich ja gar nicht gerechnet. Willst du dich zu uns setzen? Das sind Herr Volkmann von der South West Afrika Company und Herr Warmblatt von der Hanseatischen Land-, Minen- und Handelsgesellschaft. Wir diskutieren gerade, ob es Sinn macht, in Deutsch-Südwestafrika noch einmal nach Golderzen zu graben. Du hast die Minen doch selbst gesehen. Was meinst du dazu?«
    »Angenehm«, sagte Otto und deutete eine Verbeugung an. »Ich bin in einer ernsten Angelegenheit hier, Daniele. Ich muss mit dir unter vier Augen reden.«
    »Und wie ich sehe, bist du nicht allein gekommen. Was soll das Polizeiaufgebot? Seid ihr gekommen, um mich zu verhaften? Haha.«
    »Wenn Sie uns bitte entschuldigen würden«, sagte Otto an die beiden Herren gewandt und führte Daniele Vicente unter einen Erker, wo sie sich ungestört unterhalten konnten. »Was hast du am Sonntagabend nach meinem Gartenfest getan?«
    »Ist das etwa ein Verhör?«, fragte Daniele und lachte erneut, aber es klang schon erzwungen.
    »Ein Zeuge hat dich schwer belastet. Es besteht der dringende Verdacht, dass du in die Ritualmorde verwickelt bist.«
    »Ich? Das ist doch Blödsinn.«
    »Bitte beantworte einfach die Fragen.«
    »Also gut. Wenn du darauf bestehst. Igraine war nach Verlassen deines Hauses plötzlich sehr zugeknöpft. Ich konnte mir nicht mal ein Küsschen klauen, und da bin ich zurück in die Stadt gefahren.«
    »Um was zu tun?«
    »Guten Abend, Herr Funke«, sagte Daniele Vicente zu dem Commissarius, der sich wortlos zu ihnen gestellt hatte. »Um mich mit Emil zu treffen.«
    »Was habt ihr getan?«, fragte Otto. »Und fang nicht wieder von irgendwelchen Schachpartien an. Wart ihr in dem Bordell am Kanalufer?«
    »Woher weißt du das?«
    »Wie lange wart ihr in dem Etablissement?«
    »Emil hat nach der Niederlage bei der Segelregatta etwas mehr Zerstreuung gebraucht als gewöhnlich. Als wir das Haus verließen, ging bereits die Sonne auf.«
    »Kann das jemand bezeugen?«
    »Ich habe noch eine Runde Schnaps geschmissen – für das ganze Personal.«
    »Wenn das stimmt«, sagte der Commissarius, »scheiden beide Männer als Täter aus.«
    »Unmittelbar schon«, erwiderte Otto, »aber nicht mittelbar. Kennst du Winfried Wolter? Er ist Tierpfleger im Zoologischen Garten.«
    »Da fand doch der Mord an Salomon Hirsch statt«, erwiderte Daniele Vicente. »Nein, ich kenne den Mann nicht. Das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist.«
    »Das solltest du lieber lassen«, erwiderte Otto, der in der Körpersprache des früheren Reisegefährten noch nicht einen Verdachtsmoment entdeckt hatte. Sein Verhalten war vollkommen authentisch und deckte sich mit seinen Aussagen. »Du hast dich mit ihm im ›Bayreuther Eck‹ getroffen und ihm fünfzig Mark gegeben. Dafür hat er dir einen Schlüssel ausgehändigt.«
    »Seit ich wieder in Berlin bin, war ich ein einziges Mal im ›Bayreuther Eck‹ und habe dort auch einen Mann getroffen. Als Erkennungszeichen trug er Trauerflor am linken Ärmel. Sein Gesicht war mir vage von früher bekannt, aber an seinen Namen kann ich mich nicht erinnern. Es ist durchaus möglich, dass er Winfried Wolter heißt. Ich habe ihm ein verschlossenes Couvert ausgehändigt. Ob sich darin fünfzig Mark befanden, kann ich dir nicht sagen. Ich hab auch einen Schlüssel entgegengenommen, aber ich habe keine Ahnung, für was er bestimmt war.«
    »Der Schlüssel öffnet die Tür zum Affenhaus.«
    Mit großen Augen sah Daniele Vicente von Otto zum Commissarius und wieder zurück. »Moment mal. Jetzt verstehe ich, warum du hier bist. Ich schwöre dir, dass ich mit dem Mord nichts zu tun habe.«
    »Dein erster Schwur ist auch schon danebengegangen.«
    »Du kennst mich. Ich bin bestimmt kein Chorknabe, aber hältst du mich für einen brutalen Mörder? Traust du mir so etwas zu? Ich habe nur jemandem einen Gefallen getan und keine Fragen gestellt. Das ist alles. Ich hatte von den Hintergründen keine Ahnung.«
    »Wem hast du den Gefallen

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