Mord in Babelsberg
paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Sie war etwa mittelgroß, würde ich sagen.«
Leo blickte den jungen Mann interessiert an. »Haben Sie gehört, ob Fräulein Dornow sie mit Namen angesprochen hat?«
»Nein. Aber eins ist mir aufgefallen. Sie hat die junge Dame geduzt, während diese Sie zu ihr sagte.«
Leo griff nach einer Aktenmappe, die hinter ihm auf dem Schrank lag, und blätterte, bis er Sonnenscheins Bericht über die Befragung im Frisiersalon gefunden hatte. Ich kann mich an ihre außergewöhnlich schönen Haare erinnern, dunkelbraun mit einem leichten Rotschimmer. Und sie trug sie lang, ganz lang und unmodern, zum Zopf geflochten. Fräulein Dornow hat gesagt, ich solle ihr die Spitzen schneiden, nur die Spitzen, bloß nicht zu viel ab.
»Das ist sehr hilfreich, Herr Winkelmann. Sonst ist Ihnen nichts an der jüngeren Frau aufgefallen? Kleidung? Stimme? Ausdrucksweise?«
Der Verkäufer zögerte. »Ich bin ein guter Beobachter, das hilft in meinem Beruf. Und die Damen stört es nicht, wenn man sie aufmerksam mustert, sie fühlen sich meist geschmeichelt. Bei der jungen Frau war das anders. Sie … wirkte ein bisschen einfach. Nicht vulgär, aber sie stammte aus einfachen Verhältnissen. Sie schaute sich mit großen Augen im Kaufhaus um und schien die elegante Umgebung zu bewundern. Fräulein Dornow hingegen bewegte sich völlig ungezwungen.«
Leo notierte sich alles. »Ihre Aussage könnte von großer Bedeutung sein. Meine Sekretärin wird sie gleich abtippen und Ihnen zur Unterschrift vorlegen.«
Winkelmann nickte, wirkte aber noch immer verunsichert. »Wäre es möglich, die Angelegenheit diskret zu behandeln? Wie ich schon sagte, man wird es bei Gerson nicht gern sehen, dass ich bei der Kripo ausgesagt habe.«
»Wir werden uns bemühen, versprechen kann ich es nicht. Sie haben nur Ihre Pflicht getan, Herr Winkelmann, daraus sollte Ihnen niemand einen Strick drehen.«
Der junge Mann stand auf. »Ich warte dann nebenan.«
Leo nickte. »Auf Wiedersehen.«
Als sich die Tür hinter dem Verkäufer und Fräulein Meinelt geschlossen hatte, schaute Leo nachdenklich zum Fenster. Das war womöglich der Fortschritt, auf den er gehofft hatte.
Er blätterte in den Akten und suchte die Telefonnummer des Frisiersalons heraus, in dem Marlen mit einer jungen Frau gesehen worden war.
»Kommissar Wechsler, Kriminalpolizei. Mein Kollege Sonnenschein war vor einigen Tagen bei Ihnen. … Genau, um diese Sache geht es. Ich habe noch eine Frage zu der jungen Frau, die mit Fräulein Dornow bei Ihnen im Salon war. Ist Ihnen aufgefallen, ob sich die beiden geduzt haben? … Nein, nur einseitig. … Verstehe. Wirkte die junge Frau schüchtern? … Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.«
Leo legte zufrieden den Hörer auf die Gabel.
Mit dieser Beschreibung würden sie noch einmal zu den Nachbarn und der Hausmeisterin gehen. Er bezweifelte nicht, dass Marlen mit ein und derselben jungen Frau beim Friseur gewesen war und Strümpfe gekauft hatte. Einer jungen Frau, die aus einfachen Verhältnissen stammte und Marlen gesiezt hatte.
Er griff nach seinem Jackett und ging ins Vorzimmer, wo der junge Mann mit dem Hut im Schoß saß und geduldig zusah, wie Fräulein Meinelt seine Aussage tippte. »Ich fahre noch mal in die Villa König«, sagte Leo zu Fräulein Meinelt und nickte Herrn Winkelmann zu.
Marie wollte unbedingt durch das Elefantentor in den Zoo gehen, obwohl das Löwentor in der Joachimstaler Straße näher lag und sie so bis zur Budapester Straße laufen mussten. Im Zoo herrschte bei dem herrlichen Wetter ziemliches Gedränge. Georg hatte sich mit Leos Erlaubnis einen Fotoapparat ausgeliehen, den er unbedingt ausprobieren wollte. Er blieb vor jedem Gehege stehen und überlegte, ob die Tiere darin den kostbaren Film wert waren. Marie trat von einem Fuß auf den anderen.
»Ich will jetzt zu den Seelöwen. Mach doch endlich dein Bild.«
Ihr Bruder ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Geh du zu deinen Seelöwen, ich brauche Zeit, um mir die richtigen Motive auszusuchen.«
»Wir haben doch Zeit«, sagte Clara, »es ist Samstag.« Sie sah auf die Uhr. »Georg, wir treffen uns in einer Stunde am Café. Bis dahin kannst du in Ruhe deine Bilder machen, und danach könnt ihr ins Aquarium gehen.«
»Na schön.«
Sie und Magda machten sich mit Marie auf den Weg zu den Seelöwen. Clara hatte den Vorschlag nicht ohne Hintergedanken gemacht, da sie bei einem Kaffee in Ruhe mit ihrer Freundin sprechen wollte.
Am
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