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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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landeten sie vor einer Tür mit der Aufschrift: Max Friedländer, Atelierleitung.
    Sie klopften.
    »Immer herein«, meldete sich eine freundliche Stimme.
    Leo öffnete die Tür und sah sich einem kleinen, stämmigen Mann mit schütterem grauem Haar gegenüber, der eine Zigarre in der Hand hielt und von einem mit Papier übersäten Schreibtisch aufblickte. »Ja, bitte?«
    »Herr Friedländer? Kommissar Wechsler, mein Kollege Sonnenschein. Ich habe mich angekündigt.«
    »Ja.« Die Zigarre landete in einem hässlichen, an den Rändern vergoldeten Porzellan-Aschenbecher mit der Aufschrift »Gruß aus dem Riesengebirge«.
    Friedländer gab ihnen die Hand und deutete auf zwei einfache Holzstühle. »Wegen König. Furchtbare Sache. Er war ein ganz Großer. Und ich habe viel gesehen, bin seit 1920 dabei.«
    Sonnenschein zückte sein Notizbuch.
    »Sie arbeiten seit 1920 in diesem Atelier?«, fragte Leo.
    »Ja. Seit der Gründung. Vorher war ich bei Vitascope in der Lindenstraße, aber diese Innenstadt-Ateliers sind nichtdas Gleiche. Zu wenig Platz unterm Dach. Soll ich Sie herumführen?«
    »Sehr gern«, antwortete Leo und bemerkte, wie Sonnenschein strahlte. Sein Kollege konnte sich über neues Wissen freuen wie ein Kind.
    Friedländer griff nach der Zigarre, knöpfte den Arbeitskittel zu, den er trotz der Hitze im Gebäude trug, und hielt ihnen die Tür auf.
    »Hier hat der Elektriker seine Werkstatt.« Durch die offene Tür erhaschten sie einen Blick auf einen gewaltigen Scheinwerfer, an dem sich der Handwerker gerade zu schaffen machte. »Der wird dringend in Atelier 3 gebraucht, der Regisseur tobt schon seit heute Morgen«, erklärte Friedländer. »So ein Scheinwerfer kostet ein Vermögen, den kann man nicht einfach ersetzen.«
    Er zeigte ihnen die Tischlerwerkstatt, die Lagerräume für Kostüme und Requisiten und die Kantine, die von allen benutzt wurde. »Manche Schauspieler sind sich zu fein und lassen sich mittags in ein Lokal fahren«, sagte Friedländer. »Aber es gibt auch welche, die sind richtig prima, reden ganz normal mit unsereinem.«
    Schließlich standen sie vor den eisernen Schiebetoren, die sie vorhin schon gesehen hatten.
    »Halle A. Da passiert das eigentlich Interessante. Das, was alle Besucher sehen wollen.«
    Er schob eine Tür ein Stück auf und ließ sie eintreten. Die Halle wirkte gewaltig, da es hier keine abgetrennten Räume wie nebenan gab. Überall standen Requisiten und Scheinwerfer, Rufe ertönten, in einer Ecke spielte Grammophonmusik.
    »Ich hatte es mir nicht so laut vorgestellt«, sagte Sonnenschein verwundert.
    Friedländer lachte. »Weil Sie im Kino nichts hören. Aber hier wird die ganze Zeit geredet, geklappert, gesungen, Sie müssen sich das wie im Theater vorstellen.«
    »Meinen Sie, man wird irgendwann im Film sprechen?«, fragte Leo.
    Der Atelierleiter zuckte mit den Schultern. »Die einen wollen es um jeden Preis, die anderen sagen, es mache die Kunst kaputt. Ich bin immer für den Fortschritt. Warum sollen die Leute im Film nicht reden oder singen, das haben sie im Theater schon immer getan. Wenn der Ton kommt, sind wir bereit.«
    Dann schaute er die Kriminalbeamten fragend an. »Aber Sie sind nicht deswegen hier, so gern ich die Führung auch mache.«
    Leo nickte. »Erzählen Sie uns, was Sie über Viktor König wissen.«
    Sie schlenderten weiter, wobei Friedländer vielen Leuten zunickte oder von ihnen gegrüßt wurde. Er schien so etwas wie die Seele des Ateliers zu sein.
    »Er war ein Großer, wie ich schon sagte. Freundlich, aber mit gewaltigem Ehrgeiz. Die Karriere ging ihm über alles. Doch er intrigierte nicht, spionierte die Kollegen nicht aus, wie manche es tun. Ein anständiger Mensch.«
    »Er hat seinen letzten Film hier gedreht?«
    »Ja, Die Insel des Magiers . Alles bis auf die Außenaufnahmen, die wollte er unbedingt an den Originalschauplätzen auf der Pfaueninsel drehen. Wir hätten ihm hier alles bauen können, aber da war er eigen. Die Leute würden erkennen, ob es echt ist, sagte er. Worauf ich meinte, Tahiti oder der Dschungel wären auch nicht echt. Aber die Berliner kennen ihre Pfaueninsel, hat er gesagt. So war der König eben.«
    »War seine Frau auch mal hier?«
    »Nur zwei- oder dreimal. Er hat sie mir vorgestellt. Sehr nett. Reich, wie es hieß. Er hat sie herumgeführt und ihr alles gezeigt. Angeblich war sie Produzentin bei seinem letzten Film, aber das kam mir komisch vor.«
    »Wieso?«
    »Na ja, er war einer, der sich nicht hat reinreden

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