Mord in Babelsberg
mir. Mein Wagen ist bescheidener, aber ich habe eine schöne Wohnung in Charlottenburg. Ich kann mich nicht beklagen.«
»Sie wissen, worauf ich hinauswill.«
Hahn schaute auf seine Finger. »Sie meinen eine zusätzliche Einnahmequelle. Das ist kein Geheimnis. Sie heißt Elly.«
Walther nickte. »Gewiss. Aber erklärt das wirklich den ganzen Luxus?«
Hahn zuckte mit den Schultern. »Wenn wir gearbeitet haben, ging es um Filme und ihre Finanzierung. Und wenn wir abends ausgegangen sind, haben wir uns amüsiert, nicht unsere Kontoauszüge verglichen.« Er wurde ernst. »Ich weiß nicht, wie viel er von seiner Frau bekommen hat. Glauben Sie, das Notizbuch hat etwas damit zu tun?«
»Warum hätte er es vor ihr verbergen sollen?«, konterte Walther. »Wir sind übrigens dabei, den Wert seiner Kunstgegenstände schätzen zu lassen. Herr Wechsler hält ihn für beträchtlich. Diese Summe müssen wir der Immobilie, dem Wagen, den Schmuckstücken und der Kleidung noch hinzurechnen.«
Er schaute den Filmproduzenten scharf an, doch Hahns Blick war weder nervös noch schuldbewusst, nur erschöpft. »Ich wünsche Ihnen Glück, Herr Walther. Und Ihrem Chef. Viktor war mein Freund, auch wenn er mir offenbar nicht alles anvertraut hat.«
Die Fahrt dauerte ewig. Sie fuhren nach Südosten durch Neukölln, immer geradeaus auf der endlosen Straße. Vorbei am Treptower Park zu ihrer Linken, hinaus aufs Land, wo Berlin noch wie eine Ansammlung von Dörfern aussah. Leo klopfte ungeduldig aufs Lenkrad, während Sonnenschein ihm hin und wieder einen verstohlenen Seitenblick zuwarf. Er fragte sich, was Irene Petzold mit ihren letzten Worten gemeint hatte. Ob sie womöglich das Foto kannte, das Marlen von ihm gemacht hatte.
»Sie müssen hier abbiegen, Herr Kommissar«, ließ sich Sonnenschein vernehmen.
»Oh, ja, danke, ich habe einen Moment lang nicht aufgepasst.«
Er bog nach rechts in die Bahnstraße ab und fuhr nach Johannisthal hinein, wo ihnen Schilder den Weg zum Flugplatz wiesen.
»Ich habe gelesen, dass dies der erste deutsche Flugplatz war«, sagte Sonnenschein.
»Das stimmt. Ich war mal mit den Kindern hier, Georg war hin und weg. Leider ist nicht mehr viel los, seit Tempelhof eröffnet wurde.«
Vor ihnen erstreckte sich die eingezäunte Fläche des Flugplatzes, umgeben von zahlreichen Gebäuden, in denen Flugzeugbauer und Flugschulen untergebracht waren. Die Maschinen auf dem Feld nahmen sich wie gewaltige Insekten aus, die nur darauf warteten, sich in die Luft zu erheben.
Leo hielt vor einer langen Halle mit großen Fenstern, über die sich ein gewaltiges gläsernes Dach spannte. Die Vorderseite ging zur Straße, die Rückseite auf den Flugplatz hinaus. Beim Aussteigen bemerkte er, dass sogar Bahngleise in die Halle führten. Überall liefen Menschen in Arbeitskleidung herum, so dass man auf den ersten Blick gar nicht auf die Idee gekommen wäre, dass hier Filme gedreht wurden.
Sonnenschein schien seine Gedanken zu lesen. »Von außen sieht es aus wie eine normale Fabrik. Arbeiter im Blaumann, Werkzeug, Bauholz, Transportwagen – nicht so glanzvoll, wie man sich das vorstellt.«
Sie betraten das Gelände, und Leo fragte einen Arbeiter nach dem Verwaltungsbüro. Der Mann nahm die Zigarette aus dem Mund. »Da drinnen, Halle B.«
»Danke.«
Sie gingen hinein. »Haben Sie Nosferatu gesehen?«, fragte Leo. »Die Innenaufnahmen wurden hier gedreht.«
Sonnenschein nickte und schaute durch das Glasdach zum blauen, wolkenlosen Himmel empor. »Das hätte dem Vampir nicht gefallen. Kaum zu glauben, dass man an einem so hellen Ort solche Düsternis erzeugen kann.«
»Nachdem Marie ein Foto in der Zeitung gesehen hatte, konnte sie tagelang nicht einschlafen«, meinte Leo. »Ich fandihn ja schon zum Fürchten. Und dann noch der Name, Max Schreck.«
Leo wollte gerade die Tür öffnen, als jemand von innen schwungvoll dagegendrückte, so dass er gerade noch zurückweichen konnte. Eine junge Frau mit einem Stapel Papier unter dem Arm stapfte energisch heraus, ohne die Kriminalbeamten auch nur eines Blickes zu würdigen.
»Nach Ihnen«, sagte Leo und deutete auf die Tür.
Die Halle war an die zehn Meter hoch, und zu ihrer Linken konnten sie gewaltige eiserne Schiebetore erkennen, die ein Stück unter der Decke endeten. Über ihren Köpfen verlief eine Galerie an den Wänden entlang. Die einzelnen Räume waren durch Holzwände unterteilt, sie kamen an Büros, Werkstätten und anderen Betriebsräumen vorbei. Schließlich
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