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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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war, untergejubelt hat?«
    »Nein.« Johanna Steiner schüttelte entschieden den
Kopf und sah Paula verwundert an. Dass ihre Tochter, immerhin eine
Kriminalhauptkommissarin, die doch für ihren Spürsinn und ihr
Einfühlungsvermögen bezahlt wurde, aber auch so begriffsstutzig sein konnte!
    »Das nicht. Die meisten glaubten halt, dass die Rupps
ein Kind adoptiert haben, weil es bei ihnen selbst nicht geklappt hat.
Verstehst du jetzt, Paula?«
    »Ach so, aber das ist doch nichts, was man verbergen
müsste.«
    »Damals schon. Damals war das anders. Das war halt
was, worüber sich ganz Nürnberg ausgelassen hat. Der stadtübliche Tratsch und
Klatsch eben, der bei einigen sogar so weit ging, dass sie etwas noch
Delikateres unterstellten. Kannst du dir vorstellen, was das sein könnte?«
    »Etwas noch Delikateres?«, wiederholte Paula die
rätselhafte Andeutung ihrer Mutter. »Was soll das sein?«
    »Also, die Annegret zum Beispiel war felsenfest davon
überzeugt, dass die Rupp nicht die Mutter, aber der alte Rupp der leibliche
Vater dieses Babys war.«
    »Und du, was hast du damals geglaubt?«
    »Ich weiß es nicht. Kann sein, kann aber auch nicht
sein. Na ja, das ist ja jetzt auch egal. Auf jeden Fall scheint es bei der
zweiten Tochter dann ja auf dem üblichen Weg geklappt zu haben. Voller Stolz
hat die Rupp ihren Bauch damals im Geschäft vor sich hin und her getragen,
damit ihn auch wirklich jeder sieht. Das war schon eine elegante Frau, immer im
Kostüm oder Kleid, immer hohe Absatzschuhe, perfekt geschminkt. Sehr auf
Haltung bedacht, fast schon ein wenig herrisch. Also damals zumindest. Wie
schaut sie denn jetzt aus?«
    »Eigentlich so, wie du sie beschrieben hast, nur ein
paar Jahrzehnte älter. Aber mal was anderes: Weißt du, wer damals als die
leibliche Mutter gehandelt wurde? Oder hast du zumindest eine Vermutung?«
    »Nein, ich habe keine Ahnung. Leider.«
    Nach guten zwei Stunden verabschiedete Paula sich.
Heute liebevoller als sonst. Als sie bereits an der Gartenpforte angelangt war,
kehrte sie noch einmal rasch um, nahm ihre Mutter fest in die Arme und sagte
ihr leise ins Ohr: »Und außerdem bin ich ja auch noch da.«
    Damit machte sie endgültig kehrt und fuhr zurück
Richtung Innenstadt.
    Als sie bereits am Rathenauplatz angelangt
war und auf das Grün der Ampel wartete, wanderten ihre Gedanken wieder zurück
zu dem Seniorenstift mit seinem von ihr so hochgelobten Hotelcharakter. Warum
hatten Heinrich und sie eigentlich nicht gleich im Anschluss nach dem Gespräch
mit Frau Striegel die beiden Bewohner befragt, die Elvira Platzer des
Diebstahls bezichtigt hatten? Wahrscheinlich weil sie – wie die meisten
Menschen – froh waren, das Heim auf dem schnellsten Weg wieder verlassen zu
können. Trotz der vielen Freiheiten, die es dort gab. Sie wendete und fuhr
dahin zurück, woher sie gekommen war. In die Eichendorffstraße.
    Forsch trat sie an den Empfangstresen des
Philipp-Melanchthon-Heims. Frau Striegel sah fragend zu ihr.
    »Kann ich Ihnen helfen, Frau Steiner?«
    »Ja«, lautete die knappe Antwort. »Es geht um die
beiden Herrschaften, die damals angaben, von Frau Platzer bestohlen worden zu
sein.«
    »Oh«, sagte Irene Striegel erschrocken, »aber Sie
wollen doch nicht etwa …?«
    »Doch, ich will und ich muss. Also, wie heißen die
zwei Personen, und wo kann ich sie finden?«
    »Ich weiß nicht, ob das jetzt möglich ist. Es ist bald
Essenszeit, da wollen wir unsere Bewohner vorher nicht unnötig in Aufregung
versetzen.«
    »Das muss aber möglich sein. Andernfalls muss ich die
beiden Polizeibeamten, die draußen auf mich warten, bitten, die für uns so
wichtigen Zeugen ins Präsidium zu überstellen. Ich wollte Ihnen und auch den
Bewohnern da entgegenkommen, Frau Striegel. Aber es geht auch anders.«
    »Nein, dann besser doch hier. Wobei Sie Frau Andernach
nicht mehr befragen können, die ist letztes Jahr verstorben. Das geht nur noch
bei Herrn Schneider-Sörgel. Ich werde ihn anrufen und Sie avisieren. Einen
Augenblick.«
    Zehn Minuten später stand sie vor dem Zimmer ihres
»wichtigen Zeugen«. Wilhelm Schneider-Sörgel erwartete sie bereits. Ein
hochgewachsener Mann mit kerzengerader Haltung und fein geschnittenem Gesicht.
Schmale Lippen, gerade Nase, blaue Augen und nackenlange graubraun melierte
Haare. Braunes Sakko und braune Lederschuhe. Am meisten faszinierte sie der
Seidenschal in rot-blauem Paisley-Muster, den der alte Mann lässig über die
Schultern gelegt hatte.
    »Sie also sind die

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