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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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zuckte mit den Schultern, als sei das
nicht so tragisch, wie es sich vielleicht anhören mochte. »Jetzt war guter Rat
teuer, im wahren Sinn des Wortes. Ich habe mir dann etwas einfallen lassen, das
mir passend erschien und das letztendlich auch hochgradig wirksam war.«
    »Darf ich fragen, was das war?« Paula war neugierig
geworden.
    »Dürfen Sie. Ich weiß, dass es in den Banken
Überwachungskameras gibt, die rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche,
Aufzeichnungen von den Bankkunden vor diesen Automaten machen. Zudem kannte ich
von den Kontoauszügen ja auch die Tage inklusive der bis auf die Minute genauen
Uhrzeit, wann sich dieser Jemand an meinem Geld zu schaffen gemacht hatte. Und
mit eben diesem Wissen habe ich alle Pfleger und Pflegerinnen, die für diesen
Diebstahl in Frage kamen, konfrontiert. Es war dann nur Frau Platzer, die nicht
wollte, dass ich dieses Wissen«, sagte er mit einem bedeutungsvollen Lächeln,
»an die Polizei weitergab.«
    »Das haben Sie gut gemacht.« Sie lächelte
Schneider-Sörgel gespielt bewundernd an.
    Er erwiderte das Lächeln und schob nach: »Wir haben
uns dann schnell geeinigt, Elvira und ich. Ich bekam mein Geld zurück. Plus
einen ganz ordentlichen Ausgleich für die Scherereien, die ich deswegen hatte.«
    Paula horchte auf. »Sie nannten Frau Platzer gerade
beim Vornamen?«
    »Wir sprechen die Pflegekräfte hier mit dem Vornamen
an, ein hausinterner Usus, den ich nach diesem Vorfall natürlich aufgegeben
habe. Aber manchmal erliege ich noch, wie Sie gerade bemerkt haben, dieser
Macht der Gewohnheit. Und sollten Sie mich nun fragen, warum Frau Platzer das
getan hat … Es mag für Sie simpel klingen, aber ich habe keine bessere
Erklärung für ihr Verhalten als die, dass Gelegenheit Diebe macht. Ein
Sprichwort, das so einfach wie wahr ist. Und nun möchte ich Sie bitten zu
gehen. Ich würde gern mein Abendessen einnehmen.«
    Damit erhob sich Schneider-Sörgel und ging, ohne sie
eines weiteren Blickes zu würdigen, auf die Tür seines Appartements zu. Er
öffnete sie schwungvoll und blieb abwartend stehen. Sie trat auf ihn zu. Noch
bevor sie den Dank für sein Entgegenkommen und ihre Entschuldigung für die
späte Störung ausgesprochen hatte, schloss sich die Tür von innen.
    Jetzt hatte sie es eilig, nach Hause zu kommen. Im
Vestnertorgraben angelangt, marschierte sie zielstrebig in den Keller und entnahm
dem untersten Fach ihres Weinregals die Flasche, die ihr vor einiger Zeit
irgendwer zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie konnte sich beim besten Willen
nicht mehr daran erinnern, wer das gewesen war, wusste aber noch, dass dieser
Blanc de Garance aus der Provence vom Weingut Rouge Garance des französischen
Schauspielers Jean-Louis Trintignant stammte. Dass sie diesen Wein bislang
verschmäht hatte, lag an ihrer grundlegenden Skepsis. Sie war der Überzeugung,
dass solche Eigenanbauten von irgendwelchen abgehalfterten Schauspielern oder
Politikern im Rentenalter nichts taugten und nur eine Art selbst gewählte
Beschäftigungstherapie waren. Genau wie es unter Exschauspielerinnen und
Exfotomodels und Exgeliebten Mode geworden zu sein schien, sich jetzt auf die
Kreation von Parfüms und Handtaschen zu verlegen.
    Mit einem kleinen Rest dieses Misstrauens öffnete sie
die Flasche, nahm den ersten Schluck und war – angenehm überrascht. Dieser
Weißwein war nicht schlecht, und er wurde mit jedem Schluck besser. Voller,
fruchtiger, blumiger. Und eigenwilliger, richtig gut. Das genügte ihr als
Abendmahl.
    Es wurde ein kurzer Feierabend im Vestnertorgraben,
bereits um halb zehn lag sie in ihrem Bett und schlief sofort, noch bevor sie
sich auf ihre linke Schlafseite drehen konnte, weinselig ein.
    Hunger und Durst weckten sie frühzeitig am
nächsten Morgen aus einem unruhigen Schlaf. Noch bevor sich ihr Stalker zu Wort
melden konnte, sprang sie aus dem Bett, lief in die Küche und schenkte sich ein
Glas Mineralwasser ein. Sie nahm sich nach einem kurzen deprimierenden Blick in
den Kühlschrank erneut vor, heute endlich für eine ebenso reichliche wie
exquisite Vorratshaltung zu sorgen.
    An diesem Tag betrat Paula Steiner bereits um Viertel
vor acht das Präsidium, nachdem sie unterwegs noch die Zeitungen gekauft hatte.
Der Mord in der Eichendorffstraße hatte es in allen vier Ausgaben nur zu einer
kurzen einspaltigen Notiz gebracht; das würde für Reaktionen aus der
Bevölkerung nicht langen, war ihre Überzeugung.
    Sie fing an, sich eine Reihe von Dingen zu notieren,
die

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