Mord in Der Noris
sie demnächst erledigen wollte. Beim hiesigen Jagdverein nachfragen, was es
mit diesem Nicker auf sich hatte. Außerdem sollte der ihr auch die Liste von
all denjenigen, die im Großraum Nürnberg einen gültigen Jagdschein besaßen,
zukommen lassen.
Dann wollte sie die Frage klären, wer die leibliche
Mutter von Elvira Platzer war, wenn denn die Informationen ihrer Mutter
stimmten. Darunter schrieb sie: »Stöbern/Eichendorffstr.«. Das Beste, das mit
dem größten Spaßfaktor, hatte sie sich für den Schluss aufbewahrt.
Zuerst überprüfte sie die »delikaten« Aussagen ihrer
Informantin Johanna Steiner. Das war einfach. Schon zehn Minuten später hatte
sie es schwarz auf weiß, dass diese mit ihrer Vermutung recht gehabt hatte: Die
leibliche Mutter von Elvira Platzer war nicht Apolonia Rupp, sondern eine
gewisse Gertraude Klemm, 1942 in Fürth geboren, 2009 im Alter von
siebenundsechzig Jahren in Nürnberg gestorben. Also war sie gerade mal neunzehn
und ledig gewesen, als sie Elvira auf die Welt brachte. Beides zusammengenommen – das Alter und den Familienstand – war wohl auch der Grund gewesen, warum sie
ihre Tochter zur Adoption freigegeben hatte.
Da Heinrich noch auf sich warten ließ, wählte sie
anschließend die Nummer des Nürnberger Jagdschutz- und Jägerverbands e.V.
Die wortreichen Auskünfte, die sie dort erhielt, bestätigten nur das, was sie
schon wusste: dass Nicker aus der Mode gekommen waren und dass deren
waidgerechte Handhabung Erfahrung und Geschick zugleich erfordert.
Als sie nach der Mitgliederliste fragte, erfolgte die
Gegenfrage: »Wofür brauchen Sie die?«
»Für die Aufklärung eines Mordfalls«, antwortete sie
kühl. Nach einer Kunstpause am anderen Ende der Leitung versprach man, ihr die
Namen aller Vereinsmitglieder noch heute zu faxen.
»Mailen geht wohl nicht?«
»Die Mitgliedschaft in unserem Verband ist nichts, was
sich für die öffentliche Zurschaustellung in einem internationalen Forum eignet«,
lautete die rätselhafte Antwort.
Anschließend rief sie bei dem Exehemann der Toten an.
Erst beim sechsten Klingeln meldete sich eine schlaftrunkene Stimme.
»Ja, Platzer Erwin hier. Wos is?«
Sie war von dieser Stimme sofort entzückt – ein
ungemein männliches Brummknödeln, das sie schon lang nicht mehr gehört hatte
und das aus der Tiefe einer unendlich weiten Brust zu kommen schien. Sie
stellte sich vor, erläuterte den Grund ihres Anrufs und fragte, wann sie mit
ihm über seine Exfrau sprechen könnte.
Eine Zeit lang hörte sie nichts von diesem
verheißungsvollen warmen Brummknödeln. Sie wiederholte ihre Frage.
»Ich weiß gar net, ob ich das glauben soll, Frau
Steiner. Steiner war doch Ihr Name, gell? Ich kann mir das gar nicht
vorstellen, dass jemand die Elvira umbringt. Warum auch? Die hat doch nix. Und
Sie sind sich ganz sicher, dass die tote Frau wirklich die Elvira, also meine
Ex, die Frau Platzer ist?«
»Ja, wir sind uns ganz sicher, dass das Ihre Exfrau
ist, Herr Platzer.«
»Trotzdem, irgendwie fehlt mir dafür die
Vorstellungskraft, dass ausgerechnet …«
»Wenn ich Sie geweckt haben sollte, tut mir das leid.«
»Das passt schon. Sie haben ja einen wichtigen Grund.
Darf ich sie sehen?«
»Die Leiche? Ja, natürlich. Aber Sie müssen sich das
nicht antun. Identifiziert hat sie schon eine Nachbarin.«
»Trotzdem, ich möchte sie sehen. Vielleicht kann ich
es dann glauben.«
Sie kamen schnell überein, sich um zehn Uhr vor dem
Gerichtsmedizinischen Institut in der Tetzelgasse zu treffen.
Eine Stunde später traf Heinrich im Büro ein. Sie
erzählte ihm rasch von ihren neuen, gestern Abend gewonnenen Informationen und
dem bevorstehenden Termin.
»Und das mit der Adoption, das stimmt auch? Woher hast
du denn das?«
»Aus bestens unterrichteten Kreisen der Nürnberger
Gesellschaft.« Als Dreingabe zu diesen hohlen Worthülsen schenkte sie ihm ein
breites Lächeln in der Hoffnung, dass ihm diese unverbindliche Antwort genügte.
»Also von deiner Mutter. Dann wird es auch stimmen.«
Er wartete ihre Bestätigung nicht ab, sondern fragte
stattdessen: »Sag mal, müssen wir uns dann nicht langsam auf den Weg machen,
wenn wir um zehn diesen Termin haben? Wir gehen doch zu Fuß, oder?«
»Diesen Termin haben nicht wir, sondern ich. Du kannst
dich derweil ja schon mal um die Konteneinsicht kümmern. Wir brauchen Einsicht
für den Schwager der Toten, ihre beiden Nichten, für die Rupp …«
»Du glaubst doch nicht, dass die alte Frau damit was
zu
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