Mord in der Vogelkoje
sich. Sie beschlossen, das Entenhaus für die gezähmten Lockenten und das Haus des Kojenmanns sorgfältig zu durchsuchen. Natürlich war dort nicht der Schütze, aber vielleicht sein Gewehr versteckt.
Das Entenhaus war sauber und unergiebig, genau wie Asmus es bei seinem ersten Besuch vorgefunden hatte. So war es auch zu erwarten gewesen, denn wahrscheinlich waren die Lockenten im Herbst der Kojenschließung direkt aus der Tammkuhle an die Interessenten verkauft und danach das Entenhaus gesäubert worden.
Wenige Schritte weiter befand sich das Haus des Kojenmanns. Asmus blieb in der Tür stehen und sah sich um. Nichts war verändert worden. Das Nest aus Reethalmen, das er für Ose zusammengeschoben hatte, war noch da. Der Deckel des Feuerholzkastens war zu und die Kiste für ein Gewehr sowieso zu kurz. Er sah nach oben. Möglicherweise konnte man auf einem der Dachbalken eine Flinte verstecken.
Trotz allem irritierte irgendetwas Asmus, er wusste nur nicht, was. Er sah sich um. Matthiesen stand am Herd und pumpte entsprechend seiner Anweisung den Petroleumkocher zum Vorglühen auf, damit sie mehr Licht hatten. Dann angelte er in der Hosentasche nach seinem Sturmfeuerzeug, schob die Schutzhülse hoch und rieb am Feuerstein.
Die Flamme war sofort da.
Plötzlich wusste Asmus, was ihn beunruhigt hatte: der Geruch. »Halt!«, brüllte er, schnappte sich den Kocher und warf ihn zur offenen Tür hinaus.
»Was?«, stammelte Matthiesen, ließ die Flamme brennen, bis er sich fast den Daumen verbrannte, und pustete sie dann aus. »Was ist los?«
»Im Kocher ist Benzin! Kein Petroleum. Hast du es nicht gerochen?«
»Doch, jetzt, wo du es sagst«, antwortete Matthiesen matt und ließ seine Hände wie gelähmt sinken, wobei das Feuerzeug auf die Dielen fiel. »Was sollte das denn?«
»Ich vermute, uns außer Gefecht setzen.« Asmus hob das Feuerzeug auf und reichte es Matthiesen. »Es hätte eine Verpuffung gegeben, und dir wären Flammen ins Gesicht und auf die Uniform geschlagen. Und wahrscheinlich wäre auch das trockene Reet auf dem Fußboden in Brand gesetzt worden. Wer weiß, ob wir aus der brennenden Hütte noch hinausgekommen wären.«
»Du lieber Himmel!«
»Ja. Man fragt sich wirklich, ob es jemanden gibt, der einen Petroleumkocher versehentlich mit Benzin auffüllt. Ich glaube nicht.«
»Du vermutest einen Anschlag.«
»Ja, natürlich.«
»Dann fragt es sich, auf wen«, machte Matthiesen geltend. »Wir sind ja nur zufällig hier.«
»Das sehe ich anders«, widersprach Asmus entschieden. »In die Koje geht keiner aus Kampen, da die Leute wegen der Schüsse Angst haben. Wahrscheinlich kommen auch keine Gäste auf eigene Faust hier rein, solange Petersen abwesend ist. Aber dass die Polizei mehrmals hier gewesen ist, dürfte bekannt sein. Wahrscheinlich vermutet man auch, dass wir zurückkehren werden, bis der Schütze gefasst ist. Die Koje ist das Zentrum dieses noch nicht erklärbaren Geschehens.«
»Du erklärst das aber einleuchtend«, murmelte Matthiesen entsetzt. »Und da du dafür eine Nase hast, glaube ich dir.«
»Danke.« Asmus verließ die Hütte und grub neben dem Pfad ein tiefes Loch in den feuchten Waldboden, in das er das restliche Benzin hineinkippte. »Nicht gerade wenig«, stellte er fest. »Wenn das Feuer den Wald erfasst hätte, wärees imposanter geworden als ein Holzstoß zum Biikebrennen.«
»Das stellst du so kühl fest!« Matthiesen war immer noch blass um die Nase.
»Na ja, wir werden uns doch von diesen Verbrechern nicht ins Bockshorn jagen lassen. Jedenfalls steht mit diesem Anschlag fest, dass es um etwas Größeres geht als um zehn Enten. Oder tausend. Zwei Morde und ein Anschlag auf unser Leben dürften selbst Sinkwitz beweisen, dass hier eine Sauerei vertuscht werden soll. Die Sauerei nennt man auch: schmutziges Geschäft.«
»So etwas hatten wir hier früher nie«, beteuerte Matthiesen.
»Das glaube ich dir. Aber seitdem Investoren auf die Insel gerufen wurden, wird hier nach der Währungsreform das große Geld erwartet, und wir dürfen uns auf Verbrechen gefasst machen, wie sie in jeder Großstadt gang und gäbe sind.« Asmus schaufelte das Loch wieder zu und trat die Erde fest. »Lass uns weitermachen und den Schützen suchen. Allerdings glaube ich nicht, dass wir erfolgreich sein werden. Er ist uns immer einen Schritt voraus.«
So war es. Denn als sie die Gegend nördlich der Entenkoje durchkämmten, hörten sie den hellen Knall einer Schrotflinte, aus der
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