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Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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wahrscheinlich zwischen Koje und Kampen geschossen worden war.
    »Der hält uns mit seinen Schüssen zum Narren«, schimpfte Matthiesen erbittert.
    »Schrot? Du bist ganz sicher?«
    »Ja, natürlich! Ich bin mit diesem Klang aufgewachsen. Vögel, Kaninchen, Enten  – alle werden damit geschossen. Projektile, Kugeln also, werden nur auf dem Watt bei der Seehundsjagd verwandt. «
    »Irgendjemand erwähnte, dass auch mal mit Kugeln geschossen worden war«, sagte Asmus bedächtig. »Hier ist anscheinend beides im Spiel.«
    »Vermutlich von verschiedenen Leuten.«
    Asmus nickte. »Lass uns zurückfahren. Der Schütze ist nicht in der Koje, und bis wir Kampen erreichen, hat er sich wahrscheinlich in einen harmlosen Dorfbewohner verwandelt. Ich möchte mich noch einmal mit Dückes Mutter unterhalten.«
    »Glaubst du wirklich, wir bekommen aus ihr etwas heraus?«, fragte Matthiesen zweifelnd.
    »Wir werden sehen.«

    Frau Eskeldsen saß in ihrem bevorzugten Lehnstuhl. Als Asmus mit Matthiesen auf den Fersen plötzlich in der Küche erschien, zuckte sie zusammen und blieb mit geducktem Kopf sitzen, die Augen argwöhnisch zusammengekniffen.
    »Erinnern Sie sich noch an mich, Frau Eskeldsen?«, fragte Asmus. »Ich habe vor ein paar Tagen Ose abgeholt. Und jetzt habe ich wohl zu leise geklopft, Sie haben mich nicht gehört.«
    »Ja, ja«, murmelte sie. »Ose.«
    »Dürfen wir uns setzen? Wir haben noch ein paar Fragen zu Dücke.«
    »Ja, ja.«
    Asmus platzierte sich so, dass das Gesicht der alten Frau im Licht lag, das nur spärlich durch die kleinen schmutzigen Fensterscheiben hereindrang. Gleichzeitig hatte er den Herd im Blick, auf dem ein Feuerchen brannte. Auf dem Dreibein darüber stand ein schwarzer Topf.
    »Dücke ist am Roten Kliff abgestürzt, nicht wahr?« Asmus vermied absichtlich das Wort Quermarkenfeuer, sie hätte es nicht verstanden.
    »Ja.«
    »Wissen Sie noch, wer es Ihnen mitgeteilt hat?«
    Sie schwenkte ihren mageren und dünn graubehaarten Kopf von einer Seite zur anderen. Im Haus trug sie anscheinend keine Haube, obwohl sie altersmäßig zu der Generation gehörte, die die Sitten des vergangenen Jahrhunderts pflegte.
    Asmus wartete geduldig.
    »Vielleicht die Männer, die ihn brachten«, nuschelte sie schließlich.
    Es klang wie ein Vorschlag, den Asmus annehmen sollte. Doch den Gefallen tat er ihr bei aller Behutsamkeit nicht. »Aber Sie wussten doch gewiss schon vorher, dass ihm etwas passiert war?«
    »Ich weiß nicht mehr.«
    Das war endgültig. Mehr würde er dazu nicht erfahren. »Hat Dücke Ihnen mal etwas über die Fangzahlen in der Koje erzählt? Er musste doch besorgt sein, weil sie zurückgingen und seine Anstellung bestimmt beendet würde.«
    »Sie gingen nicht zurück!«, fauchte sie aufgebracht. Doch danach presste sie die Lippen zusammen, als hätte sie zu viel gesagt.
    »Nein? Taten sie das gar nicht?« Asmus konnte sehr sanft fragen.
    Frau Eskeldsen hatte anscheinend nichts gehört oder beschlossen, nicht mehr zu antworten, und so wiederholte Asmus die Frage.
    »Er hat mir verboten, darüber zu sprechen«, sagte sie gleichgültig. »Ich muss jetzt essen.«
    »Wir gehen schon. Und danke, dass Sie so geduldig mit uns waren.«
    Im nächsten Augenblick waren sie bereits draußen an der Pforte.
    »Sie hat ja rein gar nichts gesagt«, knurrte Matthiesen. »Der Besuch heute war vergeblich.«
    »Viel haben wir nicht erfahren, da hast du recht, aber Entscheidendes. Vor allem haben wir etwas gesehen. Sie war noch nicht dazu gekommen, das Bündel Geldscheine, das auf dem Kaminsims lag, in ihrem Tresor oder im Geldkasten zu verstecken. Ich schätze, die Petersens haben ihr, sichtbar für alle im Dorf, Essen gebracht. Und Nickels hat sich vergewissert, dass sie schweigen würde. Wenn Dücke schon bei ihm wegen der Fangzahlen vorstellig geworden ist, hat er bei seiner Mutter ganz sicher Luft abgelassen.«
    »Ich hatte sie so verstanden, Dücke habe ihr verboten, darüber zu sprechen«, meinte Matthiesen.
    »Vielleicht auch. Aber ganz sicher Nickels Petersen, jetzt wo wir immer häufiger in Kampen sind. Vielleicht hatte er sich bislang gedacht, niemand würde sich um den Unfall von Dücke scheren. So etwas kommt eben vor. Inzwischen scheint er begriffen zu haben, dass wir uns in die Sache verbissen haben, und sah sich genötigt, Frau Eskeldsens Schweigen zu erkaufen. Oder er hat das Geld einfach als Bezahlung für die verschwundenen Kartoffeln ausgegeben.«
    Matthiesen schüttelte sich vor Unbehagen.

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