Mord in der Vogelkoje
gewesen sein.« Matthiesen grunzte ungehalten.
»Dücke wollte mit Petersen genau darüber sprechen, zumal seine Prämie durch die Zahlen, die wir als falsch ansehen, viel zu niedrig geworden war«, setzte Asmus für Hendriksen als Erklärung hinzu. »Das ist das Letzte, was wir über ihn als Lebenden erfuhren. Das Nächste war, dass er sich den Hals in den Dünen gebrochen hatte.«
Hendriksens Augen weiteten sich. »Sehen Sie den Zusammenhang genau so als Ursache und Folge, wie ich eben aus Ihrer Schilderung schließen muss?«
»Jawohl«, bestätigte Asmus so bestimmt, dass Hendriksen hörbar Atem holte. »Sobald Petersen wieder zurück ist, werden wir ihn mit diesen Verdacht erweckenden Zahlen konfrontieren. Notfalls nehme ich ihn wegen Betruges fest.«
»Doch damit sind die Morde nicht geklärt«, wandte Hendriksen ein.
»Stimmt. Aber sie haben mit den gefälschten Zahlen zu tun. Den Rest bekommen wir schon noch heraus.«
Asmus’ Zuversicht entlockte Hendriksen ein Lächeln. »Gut, dass wir Sie haben«, bemerkte er. »Übrigens ist mir noch etwas zu den auswärtigen potentiellen Interessenten eingefallen, von denen ich neulich sprach.«
»Ja?«
»Petersen erwähnte einen Hank Christensen.«
»Einen Dänen?«
»Der Nachname, ja. Der ist dänisch. Aber Hank nicht. Das ist ein amerikanischer Vorname.«
Asmus dachte nach. »Das lässt auf einen Dänen oder einen Friesen schließen, der als Auswanderer in Amerika lebt. Oder?«
»Ja. Das denke ich auch. Und da er sich für eine Sylter Entenkoje interessiert, könnte seine Familie aus Sylt stammen. Die Dänen haben selbst mehrere Entenkojen, und als dänischer Staatsbürger hätte er keinen Grund, sich an einernordfriesischen Koje zu beteiligen«, überlegte Hendriksen laut.
»Ihre Schlussfolgerung leuchtet mir ein«, befand Asmus. »Ich werde also nach einer aus Sylt ausgewanderten Familie Christensen suchen. Vielleicht kann ich Hank ausfindig machen und mit ihm brieflich Kontakt aufnehmen. Womöglich bekomme ich sogar eine Antwort.«
»Wenn er sich ein unlauteres Geschäft zusammen mit Petersen verspricht, bestimmt nicht«, sagte Hendriksen spöttisch und begleitete seine Gäste zur Tür. »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.«
»Kennst du Familien, die Christensen heißen?«, erkundigte sich Asmus, als List und das Wäldchen der Vogelkoje bereits weit hinter ihnen lagen. Vor sich sahen sie die wenigen Häuser, die sich auf der Nordseite der Kampener Düne erhoben. Asmus fuhr langsam und gemächlich, so dass der Fahrtwind eine Unterhaltung mit Matthiesen zuließ.
»Habe schon darüber nachgedacht. Ich kenne allein drei Familien, alle nicht miteinander verwandt.«
»Wir sollten sie fragen, ob sie ausgewanderte Verwandte haben.«
»Wer hat die auf den Inseln nicht?«
»Es wäre einen Versuch wert, alle Christensens nach einem Hank zu befragen«, beharrte Asmus.
Ein Schuss fiel.
»He, das galt uns!«, rief Matthiesen und bewegte sich so ruckartig, dass das Motorrad ins Schlingern geriet. »Hat mich getroffen!«
»Runter in den Graben!«, brüllte Asmus. Er würgte den Motor ab und ließ die Maschine seitwärts sacken, während er absprang. Er kroch zu Matthiesen hin, der bereits im hohen Gras lag. »Wo bist du verletzt? Lass mal sehen.«
Matthiesen beugte den Nacken, und Asmus inspizierte den Kragen, der aufgerissen war. Aber die Haut hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
»Glück gehabt, Lorns. Von wo kam der Schuss?«
»Vom Meer her.«
Asmus schnallte seinen Degen ab. »Lorns, bleib hier in Deckung und halte nach dem Kerl Ausschau. Ich gehe auf die Suche. Will sagen, ich krieche.«
»Kommt nicht in Frage! Ich komme mit«, flüsterte Matthiesen entrüstet. »Der muss ganz in der Nähe sein. Schrot trägt nicht so weit.«
»Du bleibst! Das ist ein Befehl!« Asmus robbte los. Unterwegs fiel ihm ein, dass er überhaupt nichts zu befehlen hatte. Aber obwohl Matthiesen der dienstältere Schupo war, hielt er sich daran.
Der Schütze musste wissen, dass sie nach ihm suchten. Am wahrscheinlichsten war, dass er versuchen würde, sich im Schilfgürtel unterhalb der Straße in Richtung Kampen hinzuarbeiten. Er war natürlich im Vorteil, da er das Gelände kannte.
Asmus kroch auf Knien, kam aber im Schilf nur jämmerlich langsam voran. Immer mal wieder spähte er über das Gras hinweg. Schließlich erhob er sich und spurtete los, wobei er über mehrere Abzugsgräben springen musste, die zum Meer führten.
Es passierte nichts. Wahrscheinlich war
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