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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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gewesen sein mußte, jemand, der den Schlüssel zu meiner Wohnung gehabt haben mußte. Denn Hilda konnte ihm die Tür nicht mehr auf gemacht haben.
    Wer mochte es ein? Etwa Erwin Mack?
    Natürlich, ich hatte ihn ja selbst aus meiner Kammer geschickt! Er war draußen gewesen, und er wird sich nicht nocheinmal das Badezimmer angeschaut haben. Er ist ins Wohnzimmer gegangen, um auf den Arzt zu warten. Da hat er das Tonbandgerät stehen sehen. Er hat ja auch eins zu Hause, es wird ihn also interessiert haben. Er hat es angefaßt und — ist erschrocken, weil es warm war. Wie konnte es warm sein, wenn Hilda schon morgens gestorben war, und wenn wir beide zusammen in die Wohnung gekommen sind?
    Gut, er stellt Vermutungen an, greift nach dem Tonband und steckt es ein. Zuhause hatte er bis jetzt Zeit genug, es abzuspielen. Er wird auf den richtigen, einzig möglichen Gedanken gekommen sein.
    Und was wollte er jetzt von mir?
    Mich etwa erpressen? Das hielt ich für ausgeschlossen. Dazu war er nicht der Mann. Aber er wird entsetzt gewesen sein über mich, über mein eiskaltes Verhalten, und er wird wollen, daß ich mich der Polizei stelle, er wird wollen, daß ich selber den Weg gehe, auf den er mich nicht durch eine Anzeige zwingen möchte. Ja, so muß es sein, und das entspricht auch ganz dem Bild, das ich mir von Erwin Mack gemacht habe.
    Aber plötzlich drängte sich mir ein anderes Bild auf.
    Ich sah Hilda wieder vor mir stehen wie am Montag abend. Sie hielt eine Zigarette zwischen ihren schlanken Fingern, lachte mich höhnisch an und sagte:
    »Ich habe für dein Geld einen köstlichen Urlaub in Davos verbracht. Natürlich nicht allein, sondern mit einem Mann, der kein solcher Waschlappen ist wie du.«
    Das war es. Sie hatte das bestimmt nicht nur gesagt, um mich zu treffen, sondern sie hatte die Wahrheit gesprochen.
    Dieser Mann hatte mein Tonband. Dieser Mann besaß einen Wohnungsschlüssel. Vielleicht hatte er schon seit langer Zeit Hilda besucht, immer dann, wenn ich im Büro saß.
    Und dieser Mann, von dem ich nichts wußte, dieser Mann war heute gekommen, um Hilda zu besuchen. Er hatte sie tot in der Badewanne gefunden, und natürlich hatte er auch das offene Tonbandgerät mit dem Tonband entdeckt. Nun besaß er mein Band. Er hatte mich in der Hand.
    Wer konnte dieser Mann sein?
    Ich griff in die Tasche und bekam einen Zettel mit Hildas Schrift in die Finger.
    »Dr. Erwin Mühlbacher, Georgenstraße 32.«
    Sie hatte gesagt, das sei ihr Anwalt. Nie zuvor hatte ich etwas davon gehört, daß sie einen Anwalt kannte. Erst als sie sich entschlossen hatte, sich von mir scheiden zu lassen, tauchte plötzlich dieser Anwalt auf. Noch dazu einer, der offenbar wußte, was er zu tun hatte.
    Gut, dachte ich, während ich mich wieder ins Bett legte, also gut, dann muß ich morgen eben diesen Dr. Mühlbacher einmal unter die Lupe nehmen. Vielleicht war er der Mann, der mein Tonband besaß, dieses Tonband, das ich unbedingt wieder zurück haben mußte.

    Als ich am nächsten Morgen beim Frühstück saß, läutete wieder mein Telefon. Und wieder fuhr mir der Schrecken durch die Glieder. Das war eine Zeit, zu der die Polizei sehr wohl anrufen konnte. Vielleicht wollten sie nur noch irgendeine harmlose Auskunft? Vielleicht auch würden sie mir schon mitteilen, daß Hildas Leiche zur Beerdigung freigegeben war?
    Ich nahm den Hörer ab, meldete mich und hörte... die »Unvollendete«. Mein Tonband.
    »Zum Teufel!« schrie ich in den Hörer. »Was wollen Sie eigentlich? Was soll denn dieser Unfug?«
    Die Musik brach ab. Eine Weile war es still, dann kam eine Männerstimme, dumpf und sehr dunkel.
    »Zehntausend Mark«, sagte die Stimme. »Zehntausend bekommen Sie von der Versicherung, Herr Roeder. Sie werden mir fünf davon abtreten müssen, wenn Sie Ihr kostbares Tonband zurück haben wollen. Einverstanden?«
    Noch ehe ich antworten konnte, hängte der Unbekannte ein.
    Die Stimme war sicherlich verstellt, und trotzdem... es kam mir so vor, als hätte ich diese Stimme schon einmal irgendwo gehört. Aber wann und wo?
    Auf dem Weg zu meinem Büro grübelte ich darüber nach. Im Geiste ließ ich alle Männer meines ganzen Bekanntenkreises sprechen. Die Stimme des Unbekannten war nicht dabei. Und ich hätte schwören können, sie schon einmal gehört zu haben. Vielleicht auch am Telefon. Ich wußte es nicht.
    Aber das konnte ich ja überprüfen. Wenn sich meine Vermutung bestätigte, würde ich noch heute Vormittag Gewißheit haben.
    Erwin

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