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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Mack hatte schon dafür gesorgt, daß die ganze Firma Bescheid wußte. Man drückte mir wortlos und teilnahmsvoll die Hand, sogar der Alte kam zu mir an die Kasse, stotterte ein paar nichtssagende Worte und forderte mich auf, nur ja in den nächsten Tagen keine Sorge um meinen Dienst zu haben, Fräulein Uhlmann werde jederzeit für mich einspringen. Karin Uhlmann!
    Sie war die einzige, die sich bis jetzt noch nicht hatte blicken lassen.
    Ich überschlug meinen Kassenbestand, kontrollierte alles und fühlte mich verhältnismäßig sicher. So leicht waren meine falschen Eintragungen nicht zu entdecken. Vor allem, auch hier bestand ja kein Verdacht gegen mich.
    Gegen zehn Uhr ließ ich mir für eine Stunde Urlaub geben. Karin Uhlmann übernahm die Kasse. Sie sagte nichts, sie schaute mich nur schweigend an, aber mir war, als ob sie alles wisse.
    Es war mir nicht wohl in meiner Haut, als ich mich auf den Weg machte. Karin Uhlmann war die einzige Person, die wußte, daß meine Ehe nicht glücklich gewesen war. Sie allein konnte mir gefährlich werden.
    Aber alles in mir wehrte sich gegen diesen Gedanken. Nein, von Karin drohte mir am wenigsten Gefahr. Niemals...
    Ich ging also kurz nach zehn Uhr in die Georgenstraße. Natürlich war mir klar, daß ich diesen Anwalt wohl kaum antreffen würde. Anwälte pflegen vormittags bei Gericht zu sein. Aber mich trieb es einfach hin, irgendetwas mußte ich unternehmen, ich hatte heute ohnedies keine Ruhe an meinem Kassenschalter.
    Ich ließ mir Zeit und versuchte, mir die bevorstehende Unterredung vorzustellen. Selbstverständlich würde dieser Bursche so tun, als wisse er von nichts. Aber irgendwie konnte ich ihn vielleicht doch in die Enge treiben.
    Die Kanzlei lag im dritten Stock. Ich stieg die Treppe hinauf und klingelte.
    Ein junges, blondes Mädchen öffnete die Tür, und ich sagte:
    »Ich möchte zu Herrn Doktor Mühlbacher. Es ist sehr dringend.«
    »Sie haben Glück«, sagte das Mädchen lächelnd. »Er ist in seinem Büro. Wen darf ich melden?«
    Ach so, meinen Namen wollte sie wissen. Dann sagte sie ihn ihrem Chef, und der hatte Zeit, sich darauf vorzubereiten.
    »Ich heiße Erwin Mack«, sagte ich, weil mir im Augenblick nichts Besseres einfiel. Außerdem war es völlig gleichgültig.
    »Einen Augenblick, Herr Mack«, sagte das Mädchen und deutete auf einen alten Sessel in der Diele. »Wollen Sie so lange hier Platz nehmen?«
    Ich setzte mich. Die Einrichtung der Diele war nicht sehr luxuriös. Im Gegenteil, ich fand sie für eine Anwaltskanzlei recht schäbig. Klar, wenn dieser Bursche sein Geld mit anderer Leute Frauen durchbringt, dann bleibt ihm nichts mehr für Repräsentation.
    Nach fünf Minuten erschien das Mädchen wieder.
    »Der Herr Doktor läßt bitten.«
    Ich betrat ein helles, aber spartanisch kahles Büro. Hinter einem Allerweltsschreibtisch aus gelbem Eichenholz erhob sich mühsam ein Greis mit großem, kahlen Schädel, einer dicken Brille und zittrigen Händen.
    »Bitte«, krächzte er. »Bitte ,Herr — äh Mack — bitte nehmen Sie Platz. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    Fast hätte ich gelacht. Bei allem, was sich Böses über Hilda sagen ließ, mit diesem alten Wrack war sie bestimmt nicht in Davos gewesen.
    »Vielen Dank, Herr Doktor«, sagte ich und setzte mich. »Ich wollte mich heute nur einmal informieren, und zwar über die Möglichkeiten einer Scheidung.«
    Er hielt mir einen langen Vortrag, aus dem ich entnahm, daß es ihm am liebsten war, wenn sich beide Partner friedlich einigten. Dafür, versicherte er, würde er auch nur das einfache Honorar verlangen.
    »Gut«, sagte ich schließlich und stand auf. »Gut, ich werde das mit meiner Frau besprechen.«
    Auf dem Weg zu meinem Büro verflog meine Heiterkeit jedoch sehr rasch, weil mir klar wurde, daß ich nun keine Ahnung hatte, wer der Unbekannte mit meinem Tonband sein könnte. Ich mußte ihn suchen, ich mußte ihn finden. Und ich mußte ihm das Tonband abjagen, unter allen Umständen. Vielleicht auch mit allen Mitteln.
    Ich erschrak plötzlich vor mir selbst. War es wirklich so, daß man ein Mörder werden konnte, ein richtiger Mörder? War es so, daß man wieder töten könnte, wenn man erst einmal getötet hatte? Es war ja egal, ob man einmal oder zweimal mordete, oder noch öfter. Es gab immer das gleiche >Lebenslänglich< dafür. Welche Veranlassung sollte ich haben, diesen Erpresser zu schonen, falls er mir in die Hände fiel?
    Und dann merkte ich doch, daß es anders war. Hilda hatte

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