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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Weile aushalten. Ich stellte mein Tonbandgerät und das Radio auf, stapelte meine Bücher auf die Kommode, und schon sah es ganz wohnlich aus.
    Als ich durch das Badezimmer zu Karin hinüber ging, hatte sie sich auch schon eingerichtet, sogar der Teetisch war schon für zwei Personen gedeckt.
    »Gerade wollte ich dich abholen«, sagte sie.
    Ich setzte mich.
    »Das ist die erste Einladung bei dir, Karin. Hoffentlich folgen noch viele.«
    Wir tranken Tee, und plötzlich fragte sie mich:
    »Hast du einen Führerschein?«
    »Nein. Wie sollte ich auch?«
    »Hat Holsten nichts von einem Auto zu dir gesagt?«
    »Von einem Auto? Nein, kein Wort.«
    »Er sagte mir, wir müßten einen Wagen haben. Also wirst du einen Fahrkurs machen müssen.«
    »Kannst du denn fahren?«
    »Ja. Aber ich tu’s nicht gern.«
    Mir war zumute wie einem Kind, das ins Weihnachtszimmer geführt wird. Ein eigenes Büro, mein eigener Herr im Hause, einen Wagen, eine Wohnung zusammen mit Karin... Mir wurde beinahe schwindlig vor soviel Glück.
    Am nächsten Morgen gingen wir zusammen zu unserem neuen Büro. Unten, neben der Haustür, leuchtete ein nagelneues Messingschild:
    TRANSCONTINENTAL
    Filiale Baden/Württemberg
    Unsere drei Räume lagen im ersten Stock, das Haus war blitzsauber. Auch an unserer Tür oben prangte das gleiche Schild, nur war hier noch die Geschäftszeit eingraviert.
    »Wer hat denn das alles veranlaßt?« fragte ich überrascht.
    »Der Alte. Du weißt ja, daß er an alles denkt.«
    »Und du hast ihm dabei geholfen?«
    »Ein wenig.«
    »Fast bin ich eifersüchtig auf dich. Ich komme als Chef hierher und finde schon alles fix und fertig. Ganz ohne mich. Aber die Möbel für mein Büro werde ich mir selbst aussuchen, verstanden?«
    Sie öffnete lächelnd die Tür.
    Eine mittelgroße Diele, als Empfangsraum eingerichtet. Eine Tür mit der Aufschrift Buchhaltung. Ein großer, heller Raum mit Tischen, Karteikästen, Telefon, Buchungsmaschinen. Eine weitere Tür. Ein kleiner Raum mit Regalen für die Ablage. Noch eine Tür.
    Karin ließ mich eintreten.
    »Dein Büro, Stefan.«
    Ein schöner, moderner Schreibtisch mit einem bequemen Sessel dahinter. Ein Bücherschrank und ein Regal aus dem gleichen Holz. Am Boden ein einfarbiger blauer Teppich, gut abgestimmt auf die Vorhänge und das Holz der Möbel. Links eine Sitzecke mit Aschenbecher auf dem Tisch. Ein gekacheltes Waschbecken und daneben die Haken für die Garderobe.
    »Karin! Das ist ja... träume ich?«
    »Nein. Gefällt es dir?«
    »Ja... ja natürlich. So schön hätte ich es selber nicht gekonnt. Und das hat alles der Alte bezahlt?«
    »Natürlich. Er hält sehr viel von dir, und er sagte, in Stuttgart sei man moderner als in München, man müsse sich immer seiner Umgebung anpassen.«
    »Es ist wie ein Traum, wirklich.« Auf meinem Schreibtisch stand eine große Schale mit herrlichen Blumen. »Auch von dir?«
    Karin schüttelte den Kopf.
    »Nein.«
    Ich nahm das kleine weiße Kärtchen, das in den Blumen steckte und las:
    »Herzliche Glückwünsche und viel Erfolg im neuen Büro!
    Ihr
    Carl Finkenzeller«
    »Reizend«, sagte ich. »Wer ist dieser Herr Finkenzeller?«
    »Aber Stefan, das müßtest du doch wissen. Das Münchner Büromöbelhaus, bei dem der Alte immer einkauft.«
    »Ach so, nett von diesem Herrn.«
    Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und fuhr über das weiße Telefon.
    »Was passiert, wenn ich auf dieses Knöpfchen drücke?«
    »Dann läutet es bei mir«, sagte Karin, »dann komme ich ganz schnell zum Chef.«
    Ich sah, daß sich Karin genauso freute wie ich. Wir gingen immer wieder durch die Räume und spielten »Betrieb«.
    Erst gegen Mittag bummelten wir zum Hotel zurück. Wir bedauerten beide, daß wir noch bis Montag warten mußten, ehe es wirklich ernst wurde mit der Arbeit.
    Eine lächerliche Kleinigkeit riß mich mitten aus meiner Freude am neuen Leben.
    Als ich einmal zu meinem Fenster hinaus auf die Straße schaute, sah ich unten einen Mann stehen, der heraufschaute, dann aber sofort den Kopf abwandte und langsam weiterging.
    Wurde ich beobachtet? War mir im Taumel des Glücks und der Sorglosigkeit irgend etwas entgangen?
    Ich trat vom Fenster zurück, zündete mir ein Zigarillo an und wartete. Nach etwa fünf Minuten spähte ich vorsichtig wieder hinunter. Da stand der Kerl und starrte herauf!
    Tausend Gedanken hetzten durch mein Hirn. Also hatte Carl Weynert doch einen Komplizen, der nun doppelt kassieren konnte. Oder war es ein Kriminalbeamter?

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