Mord in Londinium
stand in einer offenen Tür, schaute hinaus, trat aber beiseite, um mich einzulassen. Wärme schlug mir entgegen. Die Zivilisation erwartete mich. Ich begriff: Besuchern der Arena war ein öffentliches Badehaus zur Verfügung gestellt worden.
Vorsichtig geworden, suchte ich nach einem Namensschild. Über dem Tisch, an dem das Eintrittsgeld kassiert wurde, befand sich ein blasses Fresko. Das Ding hieß ›Cäsars Thermen‹. Gut, das klang in Ordnung.
XLV
»Keine Schwerter!«
»Im Namen des Statthalters; ich muss diese Räumlichkeiten durchsuchen!«
Ich wollte baden. Ich wollte meine klatschnassen Klamotten ausziehen, meine Waffe aus meiner nassen Faust nehmen, meine bleischweren, durchweichten Stiefel abstreifen, mich auf eine heiße Steinbank setzen und von aufsteigendem Dampf umhüllen lassen, während ich einnickte. Wenn mein Gewissen mir erlaubt hätte aufzugeben, hätte ich hier glücklich ganze Tage verbringen können.
»Ist das eine offizielle Angelegenheit? Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?« Niemand hatte Durchsuchungsbefehle in den Provinzen. Zum Hades, niemand hatte welche in Rom. Wenn die Vigiles an eine Tür klopften, erpicht darauf, sich drinnen umzuschauen, würde der Besitzer die Raubeine reinlassen und zu sparen anfangen, um die Bruchschäden bezahlen zu können.
Wütend fuchtelte ich mit meinem Schwert. »Das ist mein Durchsuchungsbefehl. Wenn Sie mit mir streiten wollen, können Sie einen Laufburschen in die Residenz des Prokurators schicken.«
»Was – bei diesem Wetter?«
»Dann halten Sie die Klappe und führen mich rum wie ein Badehauspächter, der seine Lizenz behalten will.«
Wahrscheinlich war man so wild darauf, Badehäuser in Britannien zu bauen, dass auf ein Lizenzsystem verzichtet wurde. Wer sollte es überwachen, wenn es keine Vigiles gab? Vorschriften ohne Vollzugsbeamte sind ein schlechtes Prinzip.
Lizenzen für kommerzielle Einrichtungen waren etwas, das wir zu Hause hatten, wobei aufgeblasene Jungsenatoren als Ädilen herumstolzierten, absolut scharf darauf, ihr in der Toga steckendes Hinterteil durch den cursus honorum , die Ämterlaufbahn, nach oben zu hieven und sich derweilen mit schnüfflerischer Überprüfung von Öffnungszeiten, plebejischen Ausschweifungen und Feuerschutzmaßnahmen zu beschäftigen. Eine ihrer Eskorte zugesteckte Bestechung verlagerte die Irritation für gewöhnlich die Straße hinauf zum nächsten Opfer.
Hier, wo die Bürokratie erst noch Wurzeln schlagen musste, schien die einfach Macht der Sprache zu beeindrucken. Ich kann nicht sagen, dass ich wie ein Hygieneinspektor herumgeführt wurde, aber es wurde mir gestattet, mich ungestört in den Heiß- und Kalträumen umzuschauen.
Mein Leben als Ermittler schien sich bei ständigen Suchaktionen in Bädern mit feuchten Böden abzuspielen, die tückisch sind, wenn man in Eile ist und Stiefel trägt. Man kann sich nur schwer konzentrieren, während man mit dem Kopf voran über glitschige Fliesen gegen eine geriefelte Wand rutscht, durch die Heißluftrohre laufen. Zumindest wurden die Donnerschläge durch ein dickes Ziegeldach gedämpft. Hier drinnen befand ich mich, abgesehen von gelegentlichem Tröpfeln und Gurgeln, in einem Kokon der Wärme und Stille.
Stille war etwas, das ich nicht erwartet hatte. Das Bad verfügte über ein geräumiges Caldarium, aber es gab keine Kunden. Dieser düsteren Einrichtung mangelte es an der Geselligkeit, die römische Bäder zu bieten haben. Niemand debattierte hier über Philosophie, diskutierte über die Spiele, tauschte Klatsch aus oder schlug zum Training auf Bohnensäcke ein. Ein weiteres Beispiel für das Versagen der Bürgerschaftslektionen des britannischen Justizlegaten. Und wenn wir schon dabei sind, die Körperöle rochen ranzig.
»Ist es hier immer so leer? Das Ding ist riesig!«
»Es soll ja ein neues Kastell gebaut werden.«
»Wer weiß wann! Wie verdienen Sie genug zum Leben? Wer benutzt Ihre Bäder?«
»Hauptsächlich Soldaten. Die mögen die Schenke nebenan. Vorhin waren noch welche hier. Sie wurden alle zu einer Übung abberufen.« Auf Befehl des Statthalters vermutlich, um die Suche nach Spleiß aufzunehmen.
Mir kam ein Gedanke. Der Wirt, der mir geholfen hatte, den Zenturio Silvanus zu unterhalten – kam mir vor, als läge das schon sechs Wochen zurück –, hatte davon gesprochen, dass er sein Wasser aus einem Badehaus holte. »Benutzt die Militärkaschemme Ihr Wasser?«
Der Besitzer nickte. »Wir haben einen Brunnen mit
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