Mord in Londinium
sich da sonst noch rumtrieben. Wir konnten den Fluss nach Florius’ Boot absuchen und herausfinden, welche anderen Verstecke er noch besaß.
Für den Augenblick würde Florius sich bedeckt halten.
Vielleicht.
Als wir das Badehaus betraten, zwinkerte ich dem Pächter zu, der dann plötzlich feilschen musste. Petronius Longus hatte die Sache in die Hand genommen, wollte einen Gruppennachlass, was für bloße vier Personen etwas unverschämt war. Trotzdem, die Vigiles erwarten Respekt für ihre Stellung, genau wie Gangster wie Pyro und Spleiß das tun. Der Pächter konnte nur schwach protestieren und darauf verweisen, wie hochrangig die Dienstleistung hier sei und dass es jede Menge heißes Wasser gebe …
»Die besitzen ein Wasserrad!«, rief ich fröhlich. »Und einen sehr müden Sklaven, der es antreibt.«
»Myron!«, gab der Badehauspächter zurück. »Mit Myrons Beinen ist alles in Ordnung! Der tritt immer kräftig zu.« Das hatte ich anders in Erinnerung. Ich versuchte, es zu ignorieren, aber die Bemerkung nagte an mir. Ich seufzte. »Heben Sie einen Strigilis für mich auf – ich will was nachsehen …« Ich sagte Petro nichts, erkannte aber plötzlich, dass mir Florius möglicherweise um Haaresbreite entkommen war.
Das Gebäude, in dem ich das Wasserrad gesehen hatte, war schnell erreicht. Bei gutem Wetter schien die Entfernung viel kürzer zu sein. Draußen vor dem Schuppen blieb ich stehen. Wie blöd von mir. Ich jagte einen gefährlichen Verbrecher und hätte Petronius mitbringen sollen. Ich zog mein Schwert. Ganz vorsichtig stieß ich die Tür auf und trat ein.
Sofort fiel mir auf, dass das Wasserrad viel gleichmäßiger knarrte als zuvor. Der Mann in der Tretmühle musste zusätzliche Energie besitzen. Das Licht war schwach, selbst nachdem der Sturm nachgelassen hatte, aber ich konnte die Anlage deutlich erkennen. Das Hebesystem war Aufsehen erregend. Untergebracht war es in einem gewaltigen, mit Holz verschalten Brunnenschacht, der so breit war, dass zwei Männer mit ausgestreckten Armen darin stehen konnten. Wobei sie möglicherweise ertrunken wären; ich konnte nicht erkennen, wie tief der Schacht hinunterführte. In Erinnerung an frühere Brunneneskapaden wurde mir schon beim bloßen Hineinschauen schlecht. Wenn man Verovolcus hier reingeschubst hätte, wäre er außer Sichtweite verschwunden, und niemand hätte ihn je wiedergefunden. Das hätte mir eine Menge Ärger erspart.
Eine Endloskette, angetrieben durch ein Rad, senkte sich in die pechschwarze Tiefe und beförderte Wasser in einer langen Reihe rechteckiger Holzeimer nach oben. Eine daneben angebrachte menschliche Tretmühle hielt das obere Rad und die Eimer in Bewegung. Ich fand die Tretmühle, packte eine Speiche und hängte mich daran. Der Mechanismus war etwa zehn Fuß hoch und wurde innen von einem Mann in Bewegung gehalten, der wahrscheinlich den ganzen Tag verbissen vor sich hintrabte. Entnervt durch den Druck, mit dem ich sein Rad bremste, blieb er jetzt stehen. Er war ein spindeldürrer Sklave mit einem Kopfband, der beleidigt schaute, weil ich in seine Einsamkeit eingedrungen war.
»Du musst Myron sein. Ein schlechter Tag für dich heute, was? Entschuldige, dass ich dich schon wieder belästige. Sag mal, Myron, wer hat dich dazu gebracht, vorhin eine Pause einzulegen?«
Myron musterte mein Schwert. Trotzdem zeigte er Mut.
»Krieg ich was dafür bezahlt, wenn ich es sage?«
»Nein. Ich murks dich ab, wenn du nicht gestehst.«
»Auch gut!« Ein Pragmatiker.
»Der Mann ist ein Gangster«, warnte ich ihn. »Du kannst von Glück sagen, dass du noch am Leben bist. Kahl geschorener Kopf und eine lächerliche Hose, hab ich Recht?«
Myron nickte und seufzte. »Ich hab nicht mal Pause machen können – der ist direkt zu mir reingesprungen. Waren Sie das, der die Tür geöffnet hat? Er hat sich hier reingequetscht und mir die Hand über den Mund gehalten.«
»Besser, als sie dir in den Arsch zu stecken.«
»Ach, mir wird auch nichts gegönnt! Er hat mich getreten und gezwungen weiterzulaufen, damit es normal klang.«
»Du hast aber nicht dein normales Tempo eingehalten.«
»Er war mir im Weg, verdammt.«
»Wo ist er hinterher hingegangen?«
»Ich hab keine Ahnung, und es ist mir auch egal. Er hat mir eine Tracht Prügel verpasst und gesagt, ich solle den Mund darüber halten, dass ich ihn gesehen habe. Warum sollte ich? Sie prügeln mich ja doch nur wieder … Wenn Sie ihn schnappen, geben Sie ihm von mir eins auf die
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