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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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entscheiden.«
    Er dachte einen Augenblick lang nach. »Du wirst hier warten müssen und diesen Teil abdecken. Wenn wir beide reingehen, bleibt uns keine Rückzugsmöglichkeit.«
    »Bleib so lange wie möglich in Sichtweite.«
    »Die werden von mir verlangen, in die Schenke zu kommen.«
    »Nein, geh nicht rein, außer sie schicken Maia raus.« Ich wusste, er würde nicht auf mich hören, wenn er glaubte, dass sie drinnen war.
    Wir bewegten uns nicht.
    Die Nachbargebäude waren dunkel. Es war schwer zu sagen, ob es sich um Wohnhäuser oder Gewerbebetriebe handelte. In Ermangelung von Sonnenterrassen oder Balkonen mit Blumenkästen, auf die man sich lehnen konnte, würde die Bevölkerung wie Scheidenmuscheln im Sand verschwinden. Keiner der Gerüche, die ich aus Rom kannte, lag in der Luft. Kein Duft nach Harz oder Kräutern, Blumengirlanden oder Badeöl durchdrang diese kalten Straßen. Es schien weder öffentliche Bäckereiöfen noch Eisenplatten zum Backen in den Wohnungen zu geben. Wenn ich hochschaute, konnte ich nur Dachziegel und Regenrinnen sehen. Die Fenster waren mit dichten Holzläden verschlossen. Ich warf einen Blick hinter mich. In einiger Entfernung auf dem breiteren Karrenpfad sah ich Helenas Tragestuhl. Die diskret bewaffneten Träger standen reglos in Position. Auf Grund ihrer Anweisungen blieb Helena hinter den zugezogenen Vorhängen verborgen.
    »Wenn sie dich in den verdammten Brunnen stopfen, denk dran – halt die Luft an, bis ich komme und dich rausziehe.«
    »Danke für den Rat, Falco. Darauf wäre ich nie gekommen.« Es war eine ruhige Stadt. Niemand sonst schien sich in der näheren Umgebung aufzuhalten. Keine Flickschuster oder Kupferschmiede machten in ihren Werkstätten Überstunden. Fußgänger fehlten. Wo in Rom nach Sonnenuntergang eine Kakophonie der Lieferkarren geherrscht hätte, mit rasselnden Rädern, herabkrachenden Ladungen und laut fluchenden Kutschern, gab es in Londinium kein Fahrverbot, und trotzdem war alles still.
    Stille. Stille und jetzt auch noch ein feiner Nieselregen. Londinium, wo Petronius und ich als ernste junge Männer das schrecklichste menschliche Leid gesehen hatten. Einst eine Wüste aus Asche und Blut, jetzt eine Stadt kleiner Ambitionen und großen Terrors.
    »Tja, da sind wir wieder. Londinium. Dieser verdammte Ort.«
    »Nächstes Mal bleiben wir weg.«
    »Ich wäre schon glücklich, wenn es überhaupt für irgendwas ein nächstes Mal gibt.«
    »Du Optimist!«, meinte Petronius grinsend. Dann setzte plötzlich irgendein verborgenes Ding in seiner Seele ihn in Bewegung; er nahm die breiten Schultern zurück, berührte meinen Ellbogen mit einer formlosen Verabschiedung und marschierte los.
     
    Er ging leichtfüßig, schaute sich ständig nach allen Seiten um. Er blieb in Bewegung, aber in sanftem Tempo. Auf halbem Weg zu der Schenke überquerte er die Gasse von links nach rechts, drehte sich seitlich, um die gegenüberliegenden Häuser genauer zu betrachten. Ich sah den bleichen Schimmer seines Gesichts, als er in meine Richtung schaute, dann veränderte es sich, und ich wusste, dass er zum anderen Ende der Gasse blickte. Ich bewegte mich auf die Ecke zu, wollte die andere Straßenseite überprüfen.
    Etwas explodierte auf einem Sims neben mir. Es streifte mein Gesicht, ich spürte einen Luftzug, hörte Geräusche, wurde von tiefster Furcht erfasst. Eine alte, schmutzige, eklige graue Taube war verschreckt von einem Fenstersims aufgeflogen. Petronius und ich blieben wie erstarrt stehen, bis unsere Panik nachgelassen hatte.
    Ich hob den Arm. Er gab das Signal zurück. Wenn sie sich in dieser Gasse auf uns stürzen wollten, musste das jetzt passieren. Aber es bewegte sich nichts.
    Petronius ging leise bis direkt vor die Schenke. Wieder hielt er inne. Er drückte auf die Türklinke. Sie musste nachgegeben haben. Er stieß sanft dagegen, sodass die Tür aufschwang. Ein schwaches Licht ergoss sich um ihn. Immer noch zielte niemand mit einem Speer oder warf ein Messer.
    »Florius!« Petro hatte einen gewaltigen Brüller ausgestoßen, der mindestens drei Straßen entfernt zu hören gewesen sein musste, aber niemand wagte hinauszuschauen, um zu sehen, wer den Gangster herausforderte. »Florius, hier ist Petronius Longus. Ich komme rein. Ich habe ein Schwert, aber ich werde es nicht benutzen, wenn du Wort hältst.«
    Ungeheuer nervös, ließ ich meine Blicke hin und her schießen. Jetzt, dachte ich, jetzt kommen sie aus der Deckung, schnappen ihn sich. Ich wartete

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