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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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auf das Zischen eines Pfeils oder das Vorbeiflitzen eines Schattens, während ein ungesehener Wachposten vorsprang. Doch nichts bewegte sich.
    Die Tür der Weinschenke schwang zu. Petronius stieß sie mit dem Fuß wieder auf. Er schaute zurück zu mir. Er würde hineingehen. Gut möglich, dass ich ihn nie wieder sah. Hör auf! Eng an der Wand entlang, lief ich ihm durch die Gasse nach.
    Petro war nach drinnen verschwunden. Plötzlich war er wieder draußen, stand im Türrahmen, nahe genug, mich kommen zu sehen. »Hier ist niemand. Absolut niemand. Ich wette, Maia war niemals hier. Wir sind wie die Idioten verarscht worden …«
    Kaum hatte er das ausgesprochen, wusste er, wie zutreffend das war. Genau wie ich musste er das Geräusch gehört haben, das wir so gut aus alten Tagen kannten: das gut geölte Zischen vieler Schwertklingen, die gleichzeitig aus ihren Scheiden gezogen wurden.
    Keiner von uns nahm auch nur für eine Sekunde an, dass es sich um einen im passenden Moment eingetroffenen Rettungstrupp handelte.

LIII
     
     
     
    Wenn es eines gibt, das mir besonderen Spaß macht, dann ist es das Festsitzen in einer Sackgasse an einem düsteren Abend in einer grausigen Provinz, während eine unbekannte Anzahl Soldaten mir den Bauch aufschlitzen will.
    »Scheiße«, murmelte Petronius lakonisch.
    »Scheiße nochmal«, stellte ich richtig. Wir steckten bis zum Hals in derselben. Ganz ohne Zweifel.
    Ich fragte mich, wo zum Hades sich die Kerle verbargen. Dann war es mir egal. Sie strömten aus dem Nichts auf uns zu, bis die ganze Gasse voll war. Die großen Jungs in Rot kamen aus mindestens zwei Richtungen gerannt. Andere drängten aus dem Hinterhof der Schenke heraus. Manche sprangen angeberisch über Fässer. Einige krochen auf dem Bauch herum. Keiner dieser zähen Burschen hielt es für notwendig, sich vom Dachgesims runterfallen zu lassen oder sich vom Türsturz zu schwingen, obwohl das meiner Meinung nach ein hübscheres Bild abgegeben hätte. Warum so zimperlich? Mit nur zwei Zielen – beide ertappt und überrascht – hätte ihr Offizier genügend Bewegungsfreiheit für dramatische Effekte gehabt. Anständig in Szene gesetzt, hätte das Ableben von M. D. Falco und L. P. Longus eine Theateraufführung sein können, die in die Annalen einging. Stattdessen warfen uns die Soldaten nur lässig gegen die Wand, brüllten uns an und verdonnerten uns zum Stillhalten, indem sie uns mit ihren Schwerter an Stellen pikten, an denen wir lieber nicht aufgeschlitzt werden wollten. Ich meine, an sehr vielen Stellen. Petronius und ich ertrugen es geduldig. Einerseits wussten wir, dass sie einen großen Fehler machten, und andererseits blieb uns kaum etwas anderes übrig. Die Legionäre waren bedrohlich, hofften offensichtlich alle darauf, uns abschlachten zu dürfen.
    »Nun mal ganz ruhig, Jungs.« Ich räusperte mich. »Ihr macht eure ganze verdammte Kohorte lächerlich!«
    »Welche Legion?«, fragte Petro den am nächsten Stehenden. »Zweite Adiutrix.« Man hätte ihm sagen müssen, dass er nicht mit uns reden sollte. Falls das geschehen war, hatte er ein schändlich kurzes Gedächtnis. Aber jede Kohorte besitzt irgendeinen Dorftrottel, der sich während seiner gesamten Dienstzeit eine Strafe nach der anderen einheimst und nur Gerstenbrot zu essen kriegt.
    »Sehr schön.« Jetzt wurde Petro sarkastisch. Das waren Amateure. Amateure können äußerst gefährlich sein.
    Von welchem Haufen auch immer, sie wussten, wie man einer ruhigen Nacht in einer Stadt am Ende der Welt einen Dringlichkeitsfaktor verleiht. Petronius und ich schauten zu und kamen uns wie welterfahrene alte Männer vor.
    Unsere Verstärkung traf ein. Helena Justina war wütend aus ihrem Tragestuhl gestiegen und verlangte, mit dem befehlshabenden Offizier zu sprechen. Helena brauchte kein Tribunal zu inszenieren, um wie ein General im Purpurmantel zu klingen. Petronius drehte den Kopf zu mir und hob die Augenbrauen. Sie legte direkt los: »Ich verlange, dass diese beiden Männer augenblicklich freigelassen werden!«
    Ein Zenturio tauchte aus dem wimmelnden Haufen auf: Crixus. Wenn das nicht unser Glückstag war! »Gehen Sie weiter, junge Frau, oder ich lasse Sie auch verhaften.«
    »Wohl kaum!« Helena sprach so bestimmt, dass ich ihn etwas zurückweichen sah. »Ich bin Helena Justina, Tochter des Senators Camillus und Nichte des Prokurators Hilaris. Nicht dass mich das berechtigt, mich in Militärangelegenheiten einzumischen – aber ich rate Ihnen,

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