Mord in Londinium
einen glücklichen Klienten abgeben. Ich wollte meinen eigenen Status, selbst wenn es einer war, den andere verachteten. Als Privatermittler war ich auf mich selbst gestellt gewesen, und ich hatte zu lange so gelebt, um mich zu ändern. Dankbarkeit war mir nie leicht gefallen. Ich war niemandem etwas schuldig, und ich zahlte gesellschaftlich keinen Tribut.
Die Gästen gehörten zu einem Typus, für den ich nichts übrig habe: Kaufleute, die ihre Absatzgebiete erweitern wollen. Sie waren Neuankömmlinge in Britannien, oder noch relativ neu hier. Dem Statthalter ihre Aufwartung zu machen war dazu gedacht, ihnen die Pfade zu ebnen. Natürlich gehörte es auch zu Frontinus’ Aufgaben, den Handel zu unterstützen. Aber heute Abend sprach er mehr von seinen Plänen, mit der Armee nach Westen zu gehen; er war freundlich, doch sein Herz hing am Ingenieurwesen und an militärischer Strategie. Er machte deutlich, dass er einen Teil dieses Jahres darauf verwandt hatte, ein großes neues Legionslager auf der anderen Seite der Sabrinamündung zu errichten, und in Gedanken damit beschäftigt war, dorthin zurückzukehren und gegen die noch nicht eroberten Stämme vorzugehen; daher konnten wir uns alle glücklich schätzen, ihn bei seiner kurzen Rückkehr in die Hauptstadt angetroffen zu haben. Normalerweise würde er nur im Winter hier sein.
Ich fragte mich, ob die mit den Feldzügen verbundene ständige Abwesenheit des Statthalters zu der hiesigen Gesetzlosigkeit beitrug.
Als ich Silvanus aus dem Lager geholt hatte, war bei mir der Eindruck entstanden, dass hier ein übliches Vexillum stationiert war – Teil einer bestimmten Kohorte oder möglicherweise kleine Abteilungen von den einzelnen Legionen. Offiziell waren sie die Leibwächter des Statthalters, seine Entsprechung der Prätorianergarde, den Kindermädchen des Kaisers. Dabei ging es nicht darum, dass Verrückte möglicherweise Attentatsversuche unternahmen. In Bereitschaft stehende Soldaten gehörten zum Drum und Dran des Regierens. Wann immer Julius Frontinus sich ins Getümmel stürzte, mussten die meisten dieser Soldaten mit. Nur ein kleiner Rest seiner Garde würde zurückbleiben, um die routinemäßige Polizeiarbeit zu leisten.
Ich würde Frontinus auf dieses Problem aufmerksam machen. Er war kein Dummkopf und weit davon entfernt, ein Großkotz zu sein. Er brauchte nicht jeden verfügbaren Legionär an seiner Seite, um seinen Rang zu demonstrieren. Außerdem war die Armee nicht sein einziges Interesse. Er würde mit zivilen Projekten gerecht verfahren, also würde für die Sicherheit Londiniums gesorgt werden. Wenn wir hier mehr Arbeitskräfte brauchten, konnte ich ihn vermutlich davon überzeugen, sie zur Verfügung zu stellen.
Er hatte vier Legionen in Britannien, also blieb uns einiger Spielraum. Der Süden und Osten waren schon vor Jahren konsolidiert und teilweise romanisiert worden. Der Unterwerfung des Westens galt die momentane Aufmerksamkeit. Leider war auch der Norden zu einem Problem geworden. Einst hatten die Briganten, ein bedeutender, Rom freundlich gesonnener Stamm, eine große Pufferzone gebildet, aber das hatte sich unter Frontinus’ Vorgänger leider geändert. Es war eine Geschichte von Skandalen, Unzucht und Eifersucht: Königin Cartimandua, Furcht erregend und in mittlerem Alter, verknallte sich bis über beide Ohren in den viel jüngeren Speerträger ihres Mannes. Das Pärchen versuchte, die Macht an sich zu reißen. Der wütende Ehemann fand das nicht komisch und wehrte sich. Hin und her gerissen in ihrer Loyalität, stürzten sich die einst so beständigen Briganten in einen Bürgerkrieg. Die Torheit hoher Tiere mag zwar spaßig sein, aber nicht, wenn die daraus resultierende Zwietracht Rom einen guten Verbündeten kostet.
Cartimandua war festgenommen worden, zweifellos unter den wüstesten Witzeleien der Legionäre, aber unser Bündnis mit den Briganten zerfiel. Frontinus oder derjenige, der ihm auf diesen Posten nachfolgte, würde sich damit auseinander setzen müssen: weiteres militärisches Engagement, neue Kastelle, neue Straßen und möglicherweise eine groß angelegte Kampagne, um die wilden nördlichen Hügel unter römische Kontrolle zu bringen. Vielleicht nicht in diesem oder im nächsten Jahr, aber bald.
Trotzdem erforderte die Vernunft eine Neueinschätzung darüber, wie die befriedeten Regionen, einschließlich Londinium, zu führen waren. Die Soldaten hatten für Recht und Ordnung zu sorgen, auch wenn man einige der Jungs
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