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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Militär auf Zehenspitzen um die Gangster? Das würde es nur tun, wenn es bestochen wurde.
    Natürlich würde keiner zugeben, was hier vorging. »Funkenflug«, entschied der Offizier. »Niemand zu Hause, um es zu bemerken.«
    Warum war in einem Laden mit anschließender Wohnung niemand zu Hause? Ich konnte es mir denken. Irgendwo in dieser Stadt versteckte sich ein Bäcker, der voreilig auf seiner Unabhängigkeit bestanden hatte und jetzt wusste, dass sein Lebensunterhalt verloren war. Er musste sich trotzig aufgelehnt haben – und war dann klugerweise weggerannt.
    Schutzgelderpresser beschränken sich für gewöhnlich auf bestimmte Geschäftszweige. Weinschenken waren eine Sache, aber eine Bäckerei zu bedrohen war höchst ungewöhnlich. Wenn alle Läden in allen Straßen Zielscheiben abgaben, war das wirklich schlimm.
     
    Die Soldaten gaben vor, Namen und Adressen von Zeugen zu notieren. Diese waren natürlich für die Geheimdienstlisten bestimmt. Jeder, der einer Militärpatrouille zu oft (sagen wir, zwei Mal) auffällt, würde als subversives Element gebrandmarkt werden. Die Briten schienen das erfahren zu haben; rasch verschwanden die Neugierigen von der Straße. Worauf nur noch Helena und ich übrig blieben. Ich musste den Jungs in Rot sagen, wer ich war. Ganz höflich wurde uns daraufhin sicherer Begleitschutz direkt zur Residenz des Prokurators angeboten: Wir wurden aus der Gegend entfernt.
    Früher hätte ich dagegen protestiert. Tja, früher hatte ich einen falschen Namen angegeben, den Offizier in seine edelsten Teile getreten und mich eilends aus dem Staub gemacht. Das hätte ich zur Übung sogar heute Abend tun können, wäre Helena nicht dabei gewesen. Sie sah keinen Grund dafür, wegzulaufen. Senatorentöchter werden dazu erzogen, Soldaten zu vertrauen; obwohl sie selten in eine Straßenkontrolle geraten, nennen sie, falls es doch passiert, sofort den Namen ihres Papas und erwarten dann, dorthin eskortiert zu werden, wohin sie wollen. Was auch geschieht. Besonders bei den gut Aussehenden. Eine Senatorentochter mit Hasenscharte und Hängebusen wird vermutlich nur zu hören bekommen, sie solle weitergehen, aber auch das in höflichem Ton und ohne zu riskieren, ihr in den Po zu kneifen.
    »Ich würde sagen, wir haben genug Aufregung für einen Abend gehabt. Helena Justina, diese netten Männer werden uns nach Hause bringen.«
    Je schneller, desto besser. Helena wollte sich um die blutende, weinende Streunerin kümmern. »Sie ist verletzt. Wir können sie nicht hier lassen.«
    Die Soldaten standen um uns herum und beobachteten meine Reaktion. Sie wussten, dass die zusammengekauerte, wimmernde Kreatur eine Streunerin war. Sie wussten, wenn Helena sie mitnahm, würden wir uns Flöhe und Krankheiten ins Haus holen, angelogen, bei jeder möglichen Gelegenheit betrogen und dann ausgeraubt werden. Nachdem sich das magere Ding erholt hatte, würde sie schließlich die Flucht ergreifen. Sie wussten, dass ich all das voraussah. Doch zum Glück verkniffen sie sich das Grinsen.
    Helena hockte auf den Knien neben der Kleinen. Sie schaute direkt zu den Soldaten auf, dann zu mir. »Ich weiß, was ich tue!«, verkündete sie. »Sieh mich nicht so an, Falco.«
    »Kennen Sie das Mädchen?«, murmelte ich, zu dem Offizier gewandt.
    »Treibt sich ständig hier rum. Angeblich eine Überlebende der Rebellion.«
    »Dazu sieht sie viel zu jung aus, muss damals noch ein Säugling gewesen sein.«
    »Tja … also ist sie eine wandelnde Tragödie.« Ich wusste, was er damit sagen wollte.
    Ich versuchte, ihr keine Furcht einzujagen. Doch das Mädchen zuckte vor mir zurück. Helena sprach leise mit ihr, aber das Mädchen zitterte nur. Anscheinend verstand sie kein Latein. Ich hatte sie überhaupt nicht sprechen hören, in keiner Sprache. Vielleicht war sie stumm. Noch ein Problem.
    Der Offizier, der mir gefolgt war, meinte hilfsbereit: »Sie wird Albia genannt, glaube ich.«
    »Albia!«, versuchte Helena es fest. Das Mädchen weigerte sich, auf den Namen zu reagieren.
    Ich stöhnte. »Sie hat einen römischen Namen. Hübscher Trick. Eine von uns – verwaist.« Sie war kaum mehr als ein Skelett, ihre Züge Undefiniert. Sie hatte blaue Augen. Die konnten britannisch sein. Aber es gab Blauäugige im gesamten Imperium. Nero, zum Beispiel. Sogar Kleopatra. Für die war Rom verdammt nochmal nicht verantwortlich.
    »Was für eine arme kleine römische Waise«, meinte der Offizier mitfühlend und knuffte mich in die Rippen.
    »Vom Alter

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