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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gekriegt.«
    »Ja, Mamis kleiner Junge hat sich an der dicken alten Frau abgearbeitet und ist dabei ganz schmutzig geworden … Komm her, ich sorg dafür, dass es dir besser geht.« Chloris streckte sich, machte sich warm für eine Stunde harter Arbeit an mir. Der bloße Gedanke daran war entmutigend.
    Sie meinte es ernst. Sie dachte, dass ich genau dasselbe wollte wie sie, wie Frauen das so tun. Man hätte eine philosophische Abhandlung darüber verfassen können, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, außer Reichweite zu bleiben. »Hör zu, es ist mir peinlich, so schwächlich zu sein, aber ich bin viel zu hungrig, Chloris. Das würde dir keinen Spaß machen. Ich könnte mich einfach nicht konzentrieren.«
    »Oh, du hast dich aber verändert.« Sie dachte, ich wollte sie necken. Auf gefährliche Weise gefiel ihr der Gedanke. »Zeit, dich zu entscheiden!«
    »Ach, Chloris, du willst doch nicht etwa sagen, entweder vögel mich oder iss was? «
    »Klingt wie eine gute Entscheidung!« Sie sprang auf und kam auf mich zu. Ich konnte nicht mal schlucken, bevor sie sich um mich wand, wie es nur eine gute Akrobatin fertig bringt. Wenn ich vergessen hatte, wie sich das anfühlt, kam die Erinnerung mit Eilschritten zurück. »Also, was nun, Liebling?«, gluckste sie.
    Ich stieß einen Seufzer aus, der als höfliches Bedauern durchgehen konnte. »Schau, ich bin total am Verhungern. Darf ich bitte erst etwas zu essen haben?« Chloris boxte mich in die Nieren, allerdings nur mit einem lockeren, weit ausholenden Hieb, der keinen großen Schaden anrichtete. Sie stolzierte aus dem Zimmer. Schwitzend brach ich zusammen. Dann, wie ich es mir gedacht hatte, ließ sie ein Tablett zu mir hereinschicken. Ich hatte meine alten Freundinnen ziemlich gut ausgewählt. Arglist war nie ein Charakterzug von Chloris gewesen.
    »Später!«, versprach sie bedeutungsvoll, als sie wegging.
    O Merkur, Patron der Reisenden – hol mich entweder hier raus oder schlag mich tot, damit ich nicht weiß, was passiert! In Rom war ich Prokurator der Heiligen Gänse und Hühner. O Merkur, lass das Chloris nie rausfinden! Jetzt war ich selbst ein kleines Hühnchen in einem Käfig und wurde gemästet. Ich mampfte pflichtbewusst. Ich würde meine ganze Kraft brauchen.
    Man legt sich nicht mit Gladiatoren an. Außerdem war sie etwas Wunderbares, und ich wusste das genau. Einst hätte ich mich ohne Gegenwehr überzeugen lassen. Jetzt stand zu viel auf dem Spiel. Ich hatte mich weiterbewegt – weit, weit weg in ein anderes Leben. Von Angesicht zu Angesicht mit dem, was von meinem alten Selbst erwartet wurde, fühlte ich mich unbehaglich. Heutzutage hatte ich Loyalitäten, hatte andere Maßstäbe. Wie Petronius Longus vorhin zu Maia gesagt hatte, wenn man einmal große Entscheidungen trifft, kann man sie nicht zurücknehmen. Der Schock setzt ein, wenn andere Menschen nicht erkennen, wie sehr man sich verändert hat. Nach dem Schock kommt die Gefahr. Wenn diese Menschen glauben, sie würden einen in- und auswendig kennen, beginnt man, an sich selbst zu zweifeln.
    Sie musste ungeduldig sein. Ich hatte kaum mein einsames Mahl verzehrt, als zwei Frauen mich abholen kamen.
    »Schau mal, Heraclea, er sieht schon wieder verängstigt aus.«
    »Ja, ich bin verängstigt!« Ich grinste gutmütig, als erwartete ich, für eine themenorientierte Orgie gefesselt zu werden. Heraclea und ihre Gefährtin wechselten Blicke, waren zweifellos darüber im Bilde, was Chloris plante. Ich konnte nicht erkennen, was sie dabei empfanden, aber ich wusste, dass sie nicht einschreiten würden.
    »Du steckst in ernsten Schwierigkeiten«, versicherten sie mir. Selbst an diesem Punkt war Besorgnis der tiefsten Art nötig.
    Als sie mich zurück in den ummauerten Gartenbereich brachten, wartete Chloris auf mich. Mit einem strahlenden Lächeln kam sie auf mich zu, wand sie um mich, während sie mich in den Garten zog, und versprach mir: »Ich habe eine wunderbare Überraschung für dich, Liebling!«
    Es schien am besten, das Versprechen mit einem toleranten Lächeln hinzunehmen. Das war, bevor sie mich um eine Statue herum ins Zentrum der Gruppe führte und ich erkannte, wie hinterhältig das Versprechen war.
     
    Die Frauen waren alle da. Sie waren still geworden, als Chloris mich in Sichtweite brachte, wollten sehen, was passierte. Im letzten Augenblick, aber zu spät, um irgendwas zu ändern, hatte ich eine weitere sehr vertraute weibliche Stimme gehört. Ich hatte Chloris am Arm hängen und an

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