Mord in Londinium
Chloris gehört. Sie war gut in Form. »Ich hab sie immer für eine bösartige kleine Schlange gehalten. Und jetzt kämpft sie in der Arena – was für eine Schande. Du lässt zu, dass so eine Frau all das bedroht, was du inzwischen hast? Wie würdest du dich denn fühlen, Marcus, wenn Helena Justina sich von dir scheiden ließe?«
»Dämliche Frage!« Das Tablett in unserem Zimmer wurde zunehmend verlockend, doch es war zu spät. Ich nahm mir ein Brötchen aus dem Korb und biss hinein.
Wir bewegten uns wohl kaum auf eine Scheidung zu. Abgesehen davon, dass Helena und ich in Bezug auf Heirat nichts anderes getan hatten, als offen zusammenzuleben; um das zu beenden, brauchte sie mich nur zu verlassen. Das römische Recht ist äußerst vernünftig in dieser Beziehung. Auf unvernünftige Weise, wie viele meiner Klienten sagen würden.
Meine Schwester stieß ein höhnisches, selbstgerechtes Lachen aus. »Ich dachte, wir wären diese Intrigantin schon vor Jahren losgeworden. Erzähl bloß Mutter nicht, dass du dieses Flittchen wiedergesehen hast.«
»Kapier’s endlich. Chloris ist Vergangenheit, Maia. Ich überlasse es dir, Mama die Neuigkeit über deinen schleimigen neuen Galan, den Musikliebhaber, beizubringen.«
»Er hat mich in seine Villa eingeladen, flussabwärts.«
»Was für eine abgedroschene Anmache.«
»Ich fahr vielleicht hin.«
»Du könntest es bedauern.«
Helena betrat das Esszimmer, ausgehfertig und bereit, etwas zu unternehmen. Zwischen ihr und Maia wurden keine Blicke gewechselt. Manche Frauen schütten ihren Freundinnen das Herz aus, wenn sie bedrückt sind, aber Helena hielt sich von weiblicher Verschwörung fern. Deswegen mochte ich sie. Sie kam mit ihren Problemen zu mir, selbst wenn ich das Problem war. »Ich habe nachgedacht, Marcus. Du solltest mit Albia darüber reden, wie Verovolcus gestorben ist. Sie hat sich ständig bei Weinschenken herumgetrieben und hat vielleicht etwas gesehen.«
»Gute Idee.«
»Ich werde mitkommen.«
Ich wusste, wann ich mütterliche Hilfe zu akzeptieren hatte. »Das wäre nett.«
»Bilde dir nichts ein«, sagte sie, wie immer ehrlich. »Ich gedenke zu beobachten, was du vorhast.«
Spielerisch hob ich die Augenbraue. »Den ganzen Tag?«
»Den ganzen Tag«, bestätigte sie nüchtern.
Ich lächelte und wandte mich wieder an Maia. »Übrigens, ich habe gestern Petro gesehen.«
»Du Glücklicher.«
Ich spürte, dass Helena dachte, auf diese Weise hätte ich meine Schwester nur noch mehr dazu angestachelt, für Törtchen und plumpe Tändelei den Tamesis zu Norbanus hinabzugondeln.
In dem Moment fiel mir auf, dass Maias Sohn Marius die ganze Zeit unter einem Beistelltisch gesessen und seinen Hund gefüttert hatte. Der Blick, den er mir zuwarf, war unergründlich.
Wo war denn mein Hund?
»Ich habe Nux gestern Abend Albia geliehen, als Trost«, sagte Helena.
»Du liest meine Gedanken, Helena. Finde dich lieber damit ab. Wir denken in derselben Weise, wir sind ein Paar.«
»Oh, das weiß ich!«, rief sie laut. Das löste Bestürzung bei den Sklaven aus, die gerade den Flur aufwischten. Mir gelang ein guter Tritt gegen den Wassereimer, als wir vorbeigingen. »Marcus, versuch dich zu entscheiden, was du mit deinem Leben anfangen willst, damit wir uns darauf einstellen können.«
Abrupt blieb ich stehen und wirbelte sie zu mir herum. Sie rutschte ein wenig auf den nassen Fliesen, daher musste ich hart zupacken. »Ich wurde gefangen genommen. Nichts ist passiert. Spar dir deine Mühe, dich zu fragen, was ich getan haben könnte. Ich bin hier.«
Helena blickte finster. »Das kannst du leicht sagen, wenn du hier in Sicherheit bist. Was passiert, wenn du dich ins Getümmel stürzt und in üblen Gegenden verschwindest?«
»Da musst du mir einfach vertrauen.«
»Dir zu vertrauen ist ziemlich ermüdend, Marcus.«
Sie sah mitgenommen aus. Sie hatte zwei kleine Kinder, eines davon noch ein Säugling. Unser Versuch, ein Kindermädchen einzustellen, hatte uns nichts als Ärger eingebracht. Hier im Haus ihrer Tante, wo ihr praktische Hilfe zur Verfügung stand, hatte sie etwas Erleichterung verspürt, aber sie wusste die ganze Zeit – genau wie ich –, dass wir bald nach Rom zurückkehren würden. Unsere endlos anstrengenden Kinder würden dann wieder allein in unserer Obhut sein, und wenn ich arbeitete, musste sich Helena um sie kümmern. Sollte mir etwas passieren, war sie diejenige, die allein für Julia und Favonia verantwortlich war. Unsere Mütter
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