Mord in Londinium
könnte der Verbrecher sein«, beharrte Helena.
»In der Tat. Hatte er Ringe aus dicken Goldklumpen? Wurde er von großen Männern mit Knüppeln beschützt? Wie heißt er?«
»Popillius.«
»Den muss ich mir anschauen.«
»Sollte das nicht Petronius’ Aufgabe sein?«
»Warum soll der den ganzen Spaß haben? Falls ich diesen Leisetreter vielversprechend finde, schubse ich Petro in die richtige Richtung.«
»Du musst es ja wissen.«
»Sei doch nicht so.«
Das schien alles zu sein. Ich gestand, dass ich total erschöpft war und ins Bett musste. Obwohl wir uns oberflächlich betrachtet normal unterhalten hatten, machte Helena keine Anstalten, mir zu folgen.
Als ich die Tür erreichte, drehte ich mich um und sagte leise: »Ich habe nie mit jemandem so reden können wie mit dir.« Helena blieb stumm. Ich machte es schlimmer. »Ich hab nichts Falsches getan. Es tut mir Leid, wenn du das glaubst.« Ich hatte gewusst, wie sie sich fühlte. In diesem Moment brach es schließlich durch. »Tja, Falco. Der Punkt ist, wir wissen beide, dass du es hättest tun können.«
Darauf konnte ich nichts erwidern. Die Sache war durch ihre Anwesenheit geregelt worden. Aber wenn Helena nicht eingegriffen hätte – wer weiß?
Allein im Bett, konnte ich stundenlang kaum schlafen. Schließlich schreckte ich angeschlagen aus einem leichten Schlummer hoch und hatte das sichere Gefühl, dass Helena sich ins Zimmer geschlichen hatte. Sie hatte sich leise auf einem weiter entfernt stehenden Stuhl niedergelassen. Obwohl ein Fußbänkchen dazugehörte, ließ mich ein schwacher Lichtschein durch die offenen Fensterläden erkennen, dass sie mit hochgezogenen Knien dort hockte. Inzwischen musste ihr bewusst geworden sein, wie unbequem das war, aber als sich meine Atmung veränderte, hörte sie auf herumzurutschen.
Zumindest war sie hier. Doch das war unvermeidlich. Wir befanden uns in einem fremden Haus. Es gab jede Menge Zimmer, in denen man sich mit seinem Ehemann streiten konnte, allerdings gab es auch jede Menge schwatzhafte Sklaven, die sich überall herumtrieben. Helena würde es peinlich sein, wenn jemand von unserem momentanen Zustand erfuhr.
»Komm hier rüber.« Das klang ärgerlicher, als ich es meinte. Keine Antwort. Überraschte mich das? Beim nächsten Versuch schätzte ich meinen Ton besser ein. »Komm ins Bett, Liebste … sonst muss ich aufstehen und dich holen.«
Das würde sie sich nicht bieten lassen. Langsam schlurfte sie zum Bett herüber und kletterte hinein. Erleichtert schlief ich sofort ein. Zum Glück wachte ich wieder auf.
»Kuschel dich an mich.«
»Nein«, sagte sie, aus Prinzip.
Mit einem Grunzen drehte ich mich um und schlang meine Arme um sie, drückte sie mit einer keuschen, voll bekleideten Umarmung an mein Herz. »Du regst dich wegen nichts und wieder nichts auf, Liebste.«
Männer könnten anführen, dass es bei solchen Gelegenheiten immer so ist. Frauen würden sagen, dass es bei Streitigkeiten, bei denen es um nichts geht, tatsächlich um alles geht.
Und so lagen wir da, Helena immer noch steif und abwehrend. Bis zu einem bestimmten Grad hatte sie Recht. Selbst als ich sie über ihren Kummer hinwegtröstete, dachte ich an eine andere Frau – betrog sie also in gewissem Sinne. Doch wie hätte ich mich nicht erinnern sollen? Chloris und ich hatten uns der Wollust hingegeben, und es hatte ein böses Ende genommen, lange bevor ich je davon träumte, jemandem wie Helena zu begegnen. Wäre ich dann nicht zufällig nach Britannien gekommen, als Helena ebenfalls zufällig hier war, wären sie und ich uns nie begegnet.
Ich war ein Mann. Wenn ich ein alte Freundin wieder traf, wurde ich auf romantische Weise nostalgisch (passiert das Frauen etwa nicht?). Aber es war Helena, die ich heute Nacht in den Armen hielt, und ich hatte nicht den Wunsch, das zu ändern.
Schließlich hörte ich auf, an die Vergangenheit zu denken. Bevor ich endgültig einschlief, dachte ich zärtlich noch ein bisschen länger an eine Frau. Wenn diesmal jemand betrogen wurde, dann war es nicht Helena.
XXVII
Am Morgen umhüllte uns der Streit immer noch wie schwere, feuchte Wollflocken. Helena stand allein auf, machte sich rasch zurecht und frühstückte in unserem Zimmer. Damit wich sie neugierigen Fragen am allgemeinen Frühstücksbüfett aus. Sie bot mir nichts an, aber ließ genug auf dem Tablett, falls ich etwas wollte. Schmollend beschloss ich, ins Esszimmer hinunterzugehen.
Maia hatte offensichtlich von
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