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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Kelsey.
    «Ich weiß, die Männer behaupten, wir seien Katzen. Aber im Allgemeinen wissen wir über unser eigenes Geschlecht Bescheid.»
    «Selbst wenn Mrs Kelseys unfreundliche Mutmaßungen stimmten», sagte Major Pennyman nachdenklich, «würden sie die merkwürdige Spannung nicht erklären. Es ist dasselbe Gefühl wie unmittelbar vor einem Gewitter.»
    «Jagen Sie der Schwester keine Angst ein», entgegnete Mrs Kelsey. «In drei Tagen muss sie dorthin gehen.»
    «Oh, mir können Sie nicht Angst machen», widersprach ich lachend, dachte aber noch lange über alles nach. Ich musste an Dr. Leidners merkwürdige Anwendung des Wortes «sicherer» denken. Übte die geheimnisvolle Furcht seiner Frau, ob bewusst oder unbewusst, auch auf den Rest der Gesellschaft eine Wirkung aus? Oder zerrte die vorhandene Spannung an ihren Nerven?
    Ich suchte das Wort «allumeuse», das Mrs Kelsey gebraucht hatte, im Wörterbuch, konnte den Sinn aber nicht herausfinden. Ich muss eben warten und selber sehen, dachte ich.

4
     
    D rei Tage später verließ ich Bagdad.
    Ich verließ Mrs Kelsey und das reizende Baby nur ungern. Major Kelsey brachte mich zur Bahn, und am nächsten Morgen kam ich in Kirkuh an, wo ich abgeholt werden sollte.
    Ich hatte unruhig geschlafen und schlecht geträumt. Als ich aber am Morgen zum Fenster hinaussah, war das Wetter herrlich, und ich war gespannt und neugierig auf die Menschen, die ich kennen lernen sollte.
    Zögernd stand ich auf dem Bahnsteig und hielt Ausschau, als ein junger Mann auf mich zukam; er hatte ein rundes, rosiges Gesicht und sah aus wie eine Gestalt aus einem Witzblatt.
    «Guten Morgen, guten Morgen!» begrüßte er mich strahlend. «Sind Sie Schwester Leatheran? Sie müssen es sein, ich sehe es. Haha! Mein Name ist Coleman. Dr. Leidner hat mich hergeschickt. Wie fühlen Sie sich nach dieser scheußlichen Reise? Ich kenne diese Züge. Haben Sie wenigstens gefrühstückt? Ist das Ihr Gepäck? Das ist aber höchst bescheiden! Mrs Leidner hatte vier mittlere Koffer und einen riesigen Schrankkoffer, gar nicht zu reden von der Hutschachtel, den Kissen und hundert anderen Kleinigkeiten. Spreche ich zu viel? Kommen Sie, mein Kleinbus steht draußen.»
    Mr Coleman half mir beim Einsteigen und empfahl mir, mich neben den Chauffeur zu setzen, weil ich da weniger durchgerüttelt würde.
    Durchgerüttelt! Ich war erstaunt, dass nicht das ganze Vehikel in Stücke fiel. Es gab keine Spur einer Fahrstraße, nur eine Art Feldweg voll von Löchern. Glorreicher Orient! Wenn ich an die englischen Landstraßen dachte, bekam ich richtig Heimweh.
    Mr Coleman beugte sich von seinem Sitz hinter mir vor und brüllte mir alles Mögliche ins Ohr.
    «Der Weg ist in ganz gutem Zustand», schrie er, nachdem wir gerade fast bis zur Decke geschleudert worden waren; offensichtlich meinte er es völlig ernst. «Das ist sehr gesund, es regt die Leber an», erklärte er. «Das sollten Sie wissen, Schwester.»
    «Eine angeregte Leber würde mir wenig nützen, wenn mein Kopf gespalten wird», erwiderte ich scharf.
    «Sie müssen nach einem Regen herkommen! Da schlittert der Karren! Fast die ganze Zeit liegt man auf der Seite.»
    Darauf entgegnete ich nichts. Bald danach überquerten wir auf der irrsinnigsten Fähre, die man sich vorstellen kann, einen Fluss. Ich empfand es als eine Gnade Gottes, dass wir hinüberkamen, die andern schienen es aber als ganz normal anzusehen.
    Nach ungefähr vierstündiger Fahrt waren wir in Hassanieh, das ein ziemlich großer Ort ist, wie ich zu meiner Überraschung feststellte. Er sah von weitem hübsch aus, recht weiß und märchenhaft mit seinen Minaretten. Von nahem bot sich mir dann ein anderes Bild: Lauter baufällige Lehmhütten, und alles starrte vor Schmutz.
    Mr Coleman brachte mich zum Haus von Dr. Reilly, wo ich, wie er sagte, zum Mittagessen erwartet wurde.
    Dr. Reilly war so nett wie stets, auch sein Haus war angenehm und mit einem Badezimmer und allem Nötigen versehen. Nachdem ich gebadet und meine Tracht angezogen hatte, fühlte ich mich wieder wohl.
    Das Mittagessen war bereit, und wir setzten uns, obwohl seine Tochter noch nicht da war. Es wurde gerade eine ausgezeichnete Eierspeise serviert, als sie erschien. Dr. Reilly stellte vor: «Schwester, das ist meine Tochter Sheila.»
    Sie gab mir die Hand, sagte, sie hoffe, ich habe eine gute Reise gehabt, warf ihren Hut in eine Ecke, nickte Mr Coleman kurz zu und setzte sich.
    «Na, Bill», fragte sie, «was gibt es Neues?»
    Er

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