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Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Titel: Mord in Mombasa: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Brownlee
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konnte man auf der einen Seite über die Altstadt, auf der anderen Seite übers Meer blicken. Es war eine der wenigen stillen Eckchen in einer Stadt, die Jouma ansonsten immer hektischer und erstickender fand. Innerhalb dieser dicken Mauern konnte er wunderbar mit seinen Gedanken alleine sein – ein seltenes Vergnügen, wenn man sein Büro mit Sergeant Nyami teilen musste. Aber heute war es anders. Während Jouma das Sonnenlicht auf den portugiesischen Kanonen glitzern sah, die nach vierhundert Jahren noch immer hier standen und aufs Meer gerichtet waren, fühlte er sich, als würden ihn seine Gedanken belauern wie die Straßenräuber, die nach Einbruch der Dunkelheit durch die Stadt schlichen.
    Bis heute waren seine Fälle frustrierend, aber immer überschaubar gewesen. Eine Sammlung von Bagatellverbrechen: ein englischer Skipper eines Sportanglerboots, der sich einbildete, immer noch bei der Londoner Polizei zu sein, und ein notorischer Tunichtgut aus der Altstadt namens George Malewe, der nicht zur Geburtstagsparty seines dreijährigen Sohnes aufgetaucht war.
    Die Leiche, die vom Sturm an den Strand gespült worden war, hatte jedoch alles verändert.
    Er griff in seine Jackentasche und zog eine kleine Holzperle hervor. Sie war handgeschnitzt und in der Mitte mit einem rundum laufenden Zickzackmuster verziert. Sie stammte von einer Kette von Agnes Malewe. Vor einer Stunde hatte sich Agnes diese Perlen methodisch um die Finger gewickelt und wieder abgespult, während sie in der Pathologie des Krankenhauses darauf wartete, die Überreste ihres vermissten Ehemanns zu identifizieren. Als der Reißverschluss des schwarzen Gummisacks aufgezogen wurde und den Blick auf George Malewes zerstörtes Gesicht freigab, zerriss die Kette plötzlich unter ihrer Hand, und die Perlen kullerten über den Linoleumboden.
    Jouma hörte ein schrilles Lachen und blickte auf. Eine weiße Touristin posierte für einen Fotografen auf dem Festungswall. Sie trug ein rotes Oberteil mit der Aufschrift FCUK auf der Brust, ein Schriftzug, der Jouma nichts sagte, aber er hatte auch noch nie verstanden, warum Europäer ihre Kleidung immer unbedingt beschriften mussten. Warum ausgerechnet die Menschen, die den Anzug erfunden hatten, sich im Ausland wie Landstreicher kleideten, blieb ihm ein Rätsel. Joumas eigener Anzug stammte aus der Jermyn Street in London, worauf er außerordentlich stolz war – obwohl dieser Anzug mindestens sechs Vorbesitzer gehabt hatte, bis er bei ihm landete.
    Während er die Touristin beobachtete, quälte ihn der Gedanke, dass dieses Oberteil mit dem Schriftzug wahrscheinlich mehr Geld gekostet hatte, als Agnes Malewe und der kleine Benjamin ihr Lebtag zu Gesicht bekommen würden. Vor allem jetzt, nachdem George tot war. George, ihr Ernährer. Der arme, getäuschte George, der sich so gern als Tausi sehen wollte – als einen Pfau, der sein prächtiges Rad schlägt –, so, wie Michael Kili, der Mann, der fast das gesamte Geld einsteckte, das George für ihn verdiente, bis auf den Hungerlohn, den er für Agnes und Benjamin abzweigte.
    Ermordet, hatte Agnes damals im Büro gesagt. Mein Mann ist ermordet worden .
    Ja. Aber wo und von wem und warum?
    Das waren die grundlegenden Fragen, die sich jeder Ermittler stellen musste, so lernte man es in der Ausbildung. Aber was, wenn die Antworten sich einfach nicht zu einem sinnvollen Bild zusammenfügen wollten?

Fünfter Tag
       

20
    D ie Kapitolinischen Museen in Rom gehörten von jeher zu Whitestones Lieblingsmuseen in Europa. Sie waren in zwei Renaissancepalästen untergebracht, die hoch über den Ruinen des Forum Romanum aufragten, andererseits aber zwergengleich wirkten neben der Marmorobszönität des Denkmals zu Ehren von Vittorio Emanuele II. Das Kapitol schien das ganze Wesen der italienischen Nation in sich zu bergen: stolz und siegreich, gleichzeitig aber schizophren und prahlerisch.
    Wider Erwarten hatte sein Flug aus Amsterdam keine Verspätung gehabt, so dass ihm noch bequem Zeit bis zu seinem Termin blieb. Das war gut, denn bis jetzt war seine Reise ziemlich überstürzt verlaufen. Er brauchte mal wieder ein bisschen Zeit, um sich zu entspannen, und welcher Ort hätte sich dazu besser eignen können als Rom? Er folgte den Menschenmengen, die sich über die Via Sacra wälzten, und stieg die Treppen des Kapitols hinauf. Zweitausend Jahre der Vernachlässigung und Diebstähle, zusammen mit der inkompetenten Archäologie des neunzehnten und frühen

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