Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
denn?«
Jouma machte schon den Mund auf, als Harry ihm ins Wort fiel: »Er möchte zu Dennis Bentleys Bootshaus.«
Der Polizist aus Mombasa nickte verlegen.
»Ich habe natürlich Verständnis, wenn Sie gerade beschäftigt sind, Mr. Moore«, beteuerte er rasch.
Harry winkte energisch ab. »Nicht doch, wir sind nicht beschäftigt.«
Jake starrte ihn wütend an, aber im Grunde hatte sein Partner ja recht. Seit drei Tagen hatten sie keine Kunden mehr gehabt.
»Ich würde Sie ja selbst hinbringen, Inspector, aber ich habe heute Nachmittag einen Termin.«
Jake musterte Harry misstrauisch. »Von einem Termin hast du aber gar nichts erwähnt.«
»Außerordentliches Treffen des Elephant Club«, erklärt Harry. »Das verzwickte Problem mit den weiblichen Mitgliedern ist gerade mal wieder aktuell.«
Jouma blickte verunsichert von einem zum andern.
»Dann muss die Hydraulik wohl warten«, meinte Jake.
24
I n einem Teil von Mombasas Altstadt, der in den Reiseführern keine Erwähnung findet, sollte einem sechzehnjährigen Mädchen namens Mary Olunbiye in wenigen Minuten die Kehle durchgeschnitten werden. Dann sollte ihre Leiche mit Ketten beschwert und auf einen unter panamesischer Flagge fahrenden Frachter gebracht werden, der den Kilindini-Hafen noch in derselben Nacht mit einer Ladung Erdnussöl verlassen und sie achtzig Kilometer vor der Küste von Bord werfen würde.
Im Moment tat Mary aber noch, was sie am besten konnte: Sie verpasste dem Mann, der in Kürze ihr Leben beenden wollte, einen Blowjob.
Marys Verbrechen – der Grund, warum sie sterben sollte – war schlichter Natur. Zwei Nächte zuvor hatte sie in einer nahe gelegenen Nebenstraße denselben Dienst an einem amerikanischen Rucksacktouristen namens Todd Fellowes verrichtet. Todd, der neunzehn Jahre alt war und ein Jahr Pause vom College einlegte, um seinen Horizont zu erweitern, kam in Marys Mund, zog den Reißverschluss seiner Jeans wieder hoch und gab ihr zehn Dollar. Das waren ganze acht Dollar mehr, als sie zuvor abgemacht hatten, aber der Amerikaner empfand plötzliche Schuldgefühle für das, was er da gerade getan hatte. Er wünschte ihr alles Gute und verließ schleunigst den Schauplatz.
Im Moment lag Todd in seinem Dreidollarzimmer in einer Herberge in Nairobi und hatte Todesangst, er könnte sich Aids eingefangen haben. Mary hingegen sah wirklich dem Tod ins Auge, denn statt das Geld des Amerikaners komplett an Michael Kili abzugeben, hatte sie drei Dollar davon für sich behalten, um Essen und Kleider für ihre Mutter und ihre sechsmonatige Tochter zu kaufen.
Ein Jammer, dass Mary sterben musste, überlegte Kili, denn sie hätte noch ein paar gute Jahre gehabt. Für sie wäre es allerdings ein Segen, denn traditionell bestrafte man Mädchen, die ihren Anteil nicht ordnungsgemäß an den Gangsterboss von Mombasa ablieferten, indem man ihnen das Gesicht zerschnitt und die Hände amputierte – und so eine Nutte würden nicht mal die Matrosen aus Uganda ficken.
Nein, dachte Kili, während er auf ihren kleinen auf und ab wippenden Kopf hinunterblickte, er tat Mary einen Gefallen, indem er sie umbrachte. Und um zu zeigen, dass er ihr nichts nachtrug, würde er ihrer Mutter ein paar Dollar aus eigener Tasche zahlen. Damit sie und das Kind keine Not leiden mussten.
Es war den wenigsten Leuten bekannt: Doch obwohl Michael Kili nach außen schonungslos tun musste, war er zu wirklich barmherzigen Taten fähig. Das unterschied ihn von seinen Rivalen, dachte er immer, das verlieh ihm echte Größe. Seine Forderung nach absolutem Gehorsam ging Hand in Hand mit einer Kultur der Loyalität.
»Sehr gut, Mary«, grunzte er.
Und sie war wirklich gut. Eine der besten in ganz Mombasa. Umso bedauerlicher, dass sie sterben musste. Aber indem er ihr eine Lektion erteilte, erteilte er allen eine Lektion, tröstete sich Kili.
Er griff ins Futter seiner Lederjacke und zückte ein Kukri-Messer mit kurzer Klinge. Gleich würde er kommen, und in dem Moment wollte er Marys Kopf an den Haaren zurückreißen und ihre entblößte Kehle durchschneiden – doch plötzlich begann sein Handy die Titelmelodie von Rocky zu spielen. Er fluchte, weil seine Erregung wieder in sich zusammenfiel, steckte das Messer wieder zurück, zog Mary noch näher an sich heran und ging ans Telefon.
»Jouma ist in Flamingo Creek.«
Die Stimme war so leise, dass er einen Moment brauchte, bevor er begriff, dass Jacob Omu am Apparat war.
»Jouma? Warum das denn?«
»Er ist
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