Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
verübeln konnte, dachte Jouma. In den Augen des Mannes mit dem weißen Khanzu musste er wirklich eine klägliche Figur abgeben, wie er da neben den leeren Schubladen des Aktenschrankes in den Blutpfützen stand.
»Was das zu bedeuten hat?«, wiederholte Omu. »Sie fragen mich, was der Tod zu bedeuten hat, Inspector? Das ist eine sehr esoterische Frage, selbst für einen gebildeten Mann wie Sie.«
Jouma wies auf Kilis Leiche, brachte es aber nicht über sich, sie anzusehen. »Sind Sie hierfür verantwortlich?«
»Ich? Nein.«
»Wer dann?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Dann nehme ich Sie hiermit fest, Mr. Omu.«
Omu schob sich lässig die Brille hoch. »Was wird mir zur Last gelegt?«
»Wo soll ich anfangen?«, erwiderte Jouma. »Drogenhandel, Erpressung, Prostitution, Schmuggel, Mord …«
»Und, haben Sie irgendwelche Beweise, um diese empörenden Anschuldigungen zu untermauern?«, erkundigte sich Omu seelenruhig.
»In Mombasa gibt es mehr als genug anständige Leute, die bereit sind, Zeugenaussagen zu Ihren illegalen Aktivitäten zu machen«, erklärte Jouma.
Omu durchblickte die leere Drohung und lächelte wieder. »Inspector, wir wissen beide, dass Sie mich und Mr. Kili schon längst verhaftet hätten, wenn das der Fall wäre.«
»Nyami, legen Sie dem Verdächtigen bitte Handschellen an.«
»Dürfte ich vorschlagen«, sagte Omu sanft, »dass Sie beide jetzt zurück zum Mama Ngina Drive fahren und alles vergessen, was hier vorgefallen ist?«
»Sergeant, haben Sie gehört? Sergeant! «
Doch Nyami blieb schwitzend hinter dem Schreibtisch stehen, trat nervös von einem Fuß auf den anderen und vermied Joumas Blick.
»O nein, Nyami«, seufzte Jouma zutiefst enttäuscht.
»Sie sollten dem Sergeant nicht die Schuld geben«, mischte sich Omu ein. »So, wie die kenianische Polizei ihre Mitarbeiter bezahlt, kann man von ihnen nicht erwarten, Recht und Gesetz aufrechtzuhalten.«
»Ich bin immer zurechtgekommen«, gab Jouma ruhig zurück.
Omu zuckte mit den Schultern. »Dann tue ich Ihnen sicher einen Gefallen, wenn ich Sie von Ihrem Elend erlöse, Inspector.«
Als Jouma das dünne Sägemesser sah, das urplötzlich aus den Falten der Khanzu aufgetaucht war, hatte Omu das Zimmer bereits mit einem einzigen, katzenartigen Sprung durchquert. Jouma spürte keinen Schmerz, nur den dumpfen Aufprall, als Omu ihm das Messer in den Brustkorb rammte.
39
C olonel Augustus Kanga hatte in seinem Leben schon viele Männer ermorden lassen. Während des Krieges gegen die UNITA-Rebellen in Angola konnte man mit einem einzigen Befehl ein ganzes Dorf liquidieren lassen. Was für glückliche Zeiten das doch gewesen waren, dachte er trübselig. Damals war alles noch so viel einfacher.
Kanga schämte sich nicht zuzugeben, dass er die Welt heutzutage ziemlich frustrierend fand. Es verging kein Tag, an dem er sich nicht wünschte, er könnte seine frisch gewaschene und gebügelte Uniform anziehen statt seines italienischen Anzugs aus Merinowolle. Oder dass er es mit einem Regiment disziplinierter Soldaten zu tun hätte statt mit diesen anmaßenden Geschäftsleuten, deren einzige Triebfeder die Gier war.
Doch seine Tage beim Militär waren längst Geschichte. Im Moment hatte Kanga dringendere Sorgen.
Als Erstes musste er sich um Whitestone kümmern. Selbst das war problematisch im Vergleich zu den Zeiten, in denen er jederzeit tödliche Sturmtrupps in beliebiger Stärke zur Verfügung gehabt hatte. Nein, in dieser frustrierenden Geschäftswelt musste man Mörder anheuern, ihnen Anweisungen geben und Geld zustecken. Keine Spur mehr von der Spontaneität , der Promptheit , an die er sich in der Armee gewöhnt hatte.
In gewisser Weise bedauerte er, dass es so weit gekommen war. Schließlich hatte Whitestone in entscheidendem Maße dazu beigetragen, dass Kanga in dieser Branche einen Fuß in die Tür bekam, und er hatte ihm die Grundlagen des Geschäfts beigebracht, in dem sie jetzt tätig waren.
Aber eine Lektion musste Kanga nicht erst lernen, nämlich wie wichtig es war, jederzeit skrupellos zuschlagen zu können. Als er Whitestone die Fifty-fifty-Partnerschaft vorschlug, war er mehr als großzügig gewesen, und Whitestones unverbindliche Antwort kam in Kangas Augen einer Ablehnung gleich.
Deshalb blieb ihm gar keine andere Wahl. Whitestone musste ausgeschaltet werden.
Auf dem Rücksitz seiner Limousine tippte Kanga eine Nummer in das Satellitentelefon, das in die Lederpolsterung eingelassen war. Während er darauf
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