Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
Bootshaus entfernt.
»Na, jetzt steh doch nicht so blöd rum! Lauf und nimm ab!«
Jake nahm dankbar Harrys Arm von seinen Schultern und sprintete zum Telefon.
»Wie der Wind!«, lachte Harry, der ihm im Schneckentempo folgte und sein Gewicht auf den Hickoryholzgriff eines zusammengeklappten Regenschirms stützte.
Aller entschlossenen Tapferkeit und dem Restalkohol zum Trotz musste er nun doch zugeben, dass er beträchtliche Schmerzen hatte. Er hatte es nicht für nötig befunden, sämtliche blutrünstigen Details der Prügel darzulegen, die er von den Handlangern des Arabers bezogen hatte – er hatte ihm ja nicht mal verraten, dass der Araber hinter dieser Attacke gesteckt hatte. Er wollte um jeden Preis vermeiden, dass Jake wieder zu einem seiner Selbstjustizkreuzzüge aufbrach. Ein Überfall musste als Erklärung reichen, bis er diese ganze Bescherung in Ordnung gebracht hatte. Doch das unablässige dumpfe Pochen und die stechenden Schmerzen, die seinen Körper durchfuhren, sagten ihm, dass seine inneren Verletzungen genauso ernst sein mussten wie die Blutergüsse und Hautabschürfungen. Sie hatten ihn wirklich mehr als heftig in die Mangel genommen. Wenn die Schmerzen gar nicht nachließen, würde er vielleicht irgendwann seinen Stolz runterschlucken und auf die andere Uferseite zu Dr. Markham gehen. Der widerliche alte Quacksalber würde zumindest so gnädig sein, ihm ein paar Paracetamol zu geben, um die Schmerzen zu betäuben.
Aber das musste noch warten. Denn im Moment hatte Harry dringendere Geschäfte zu erledigen. Geschäfte, die sein eigenes Geschäft retten sollten.
Mittlerweile hatte er den Landungssteg erreicht und schaffte es gerade noch, sich in den klapprigen Regiestuhl fallen zu lassen, in dem er immer gern Siesta hielt. Auf dem Wasser schaukelte die Yellowfin träge in der Strömung. Harry musterte sie mit väterlichem Stolz, und ihn überkam eine ganz uncharakteristische Wut, als er daran dachte, dass der Araber sie in einem zwielichtigen Deal an einen Käufer in Malindi hatte verschachern wollen. Sie mochte ihre besten Tage schon hinter sich haben, aber sie war alles, was er noch hatte – und niemals würde er tatenlos zusehen, wie sie jemand einfach verkaufte.
In diesem Moment kam Jake mit verdutztem Gesichtsausdruck zurück.
»Das war Cyril aus Malindi«, sagte er. »Er behauptet, er hätte Kundschaft für uns.«
Harry hätte kaum überraschter sein können. »Cyril? Bist du sicher, dass er die richtige Nummer gewählt hat? Der kleine Wichser macht doch sonst nur Geschäfte mit Leuten, die ihn entsprechend schmieren.«
»Die Ernies haben aber ausdrücklich nach Britannia Fishing Trips verlangt, meinte er.«
»Auf welchen Namen soll die Buchung laufen?«
»Cruickshank«, antwortete Jake.
Er sah, wie sein Partner angestrengt überlegte, ob jemand dieses Namens irgendwann mal auf der Forbes-Liste der Milliardäre aufgetaucht war.
Schließlich zuckte Harry mit den Achseln. »Kommt mir absolut nicht bekannt vor«, stellte er fest. »Fahr lieber gleich hin, bevor sie sich’s wieder anders überlegen.«
»Okay«, meinte Jake. »Ich lade gleich mal das Bier und den Proviant ein und hol unterwegs Sammy ab.«
»So gefällst du mir, Jake. Und wenn ich du wäre, würde ich mir vorher noch einen starken Kaffee genehmigen.«
Harry sah ihm vom Landungssteg nach, bis die Yellowfin um die Landzunge verschwunden war, dann klemmte er sich selbst ans Telefon. Eine halbe Stunde später humpelte er über den Schotterweg, der zum Mombasa-Highway führte. Was sonst fünfzehn Minuten dauerte, beanspruchte jetzt eher vierzig, aber das muss man eben in Kauf nehmen, wenn man halb verkrüppelt war und dem Araber in einem verzweifelten Versuch, Zeit zu gewinnen, die Schlüssel zum Landrover gegeben hat. Doch mit etwas Glück konnte er ein so gutes Geschäft machen, dass er die Schrottkarre hinterher sowieso nicht mehr brauchte, dachte Harry. Okay, sich mit Tug Viljoen einzulassen, bedeutete zweifellos, dass er bei diesem Geschäft die eigene Seele verkaufen musste – aber nachdem er in der City of London gearbeitet hatte, war er das ja gewohnt. Und wie illegal konnte Viljoens Plan schon sein?
Wie abgemacht, parkte der Jeep am Straßenrand. Harry humpelte darauf zu und stieg auf der Beifahrerseite ein.
»Mein Gott, Harry«, rief Tug Viljoen. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert, Mann?« Der Südafrikaner lehnte sich vor und musterte fasziniert die Blutergüsse.
»Ich hatte gestern Nacht
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