Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
Sie sich drauf«, erwiderte Noonan und machte eine Geste, bei der er mit den Fingern eine Pistole imitierte.
Getty spürte eine Patina aus kaltem Schweiß auf der Stirn. Als Noonan davonschlenderte, fragte er sich, wie zum Teufel er sich nur auf dieses Gewerbe hatte einlassen können. Wie immer war ihm die Antwort nur zu gut bewusst.
Seine Gier. Seine Dummheit.
Sein Handy klingelte.
»Was?«, bellte er, ohne einen Blick auf die Nummer im Display zu werfen.
»Captain!«, rief die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Wie geht es Ihnen?«
»Verdammt noch mal!« Getty eilte die Treppe zu seinem Büro hinauf, in dem er ein Festnetztelefon hatte. »Wo zum Henker waren Sie die ganze Zeit? Seit zwei Tagen versuche ich schon, Sie zu erreichen!«
»Kann gerade schlecht reden, Captain. Ich sitz am Steuer.«
»Wir müssen aber reden.«
»Keine Sorge, das werden wir auch.«
»Wann, zum Teufel?«
»Schneller, als Sie glauben. Sind Sie in Ihrem Büro?«
»Ja.«
»Dann sehen Sie doch mal kurz aus dem Fenster.«
Getty ließ den Hörer sinken und eilte ans Fenster. Sein Büro lag im ersten Stock des Hotels, und von hier aus konnte er über die gläserne Säulenhalle der Rezeption und bis hinter die Tore des Hotelgeländes blicken. Ein widerlich ungewaschener Jeep schoss in die asphaltierte Auffahrt, ohne sich um die Schwellen zu kümmern, die normale Autos zwangen, ihre Geschwindigkeit zu drosseln. Auf dem Weg nahm er gleich noch ein paar Eckchen des manikürten Rasens mit, den Getty für fünfhundert Dollar pro Quadratmeter aus Irland importiert hatte.
Fluchend griff er wieder zum Hörer. »Was zum Teufel machen Sie hier?«
Unten bremste der Jeep gerade direkt vorm Eingang. Der Fahrer, der sich immer noch das Handy ans Ohr hielt, stieg aus.
»Soll ich den Zündschlüssel stecken lassen oder diesem Kaffer geben?«, erkundigte sich Tug Viljoen, wobei er durch die Glasscheibe blickte und Getty zuwinkte.
»Und wen zum Teufel haben Sie da mitgebracht?«, wollte Getty wissen.
Viljoens Beifahrer hievte sich gerade vorsichtig aus dem Auto und stützte sich dabei auf einen Regenschirm. Mit der verlotterten Kleidung und dem zerschlagenen Gesicht sah er aus wie einer der heruntergekommenen Penner, die die Wachleute pausenlos vom Hotelstrand verscheuchten.
»Das ist Harry aus Flamingo Creek«, verkündete Viljoen. »Er steht als Kurier zur Verfügung.«
»Sind Sie jetzt völlig verrückt geworden?«
»Immer langsam, Captain«, sagte Viljoen seelenruhig, aber seine Augen brannten durch das Glas wie Laserstrahlen. »Ich muss Sie sicher nicht erst dran erinnern, dass wir unterbesetzt sind und uns eine Deadline ins Haus steht.«
Getty beobachtete, wie Viljoen seinen Autoschlüssel verächtlich in die Hand des afrikanischen Portiers fallen ließ. »Tut mir leid, aber ich …«
»Schon gut, schon gut. Aber jetzt rufen Sie doch bitte Ihren Barmann an und sagen ihm, dass er das Bier klarmachen soll. Das heißt, wenn ich’s mir recht überlege, sagen Sie ihm, er soll einen doppelten Bourbon dazustellen. Unser Harry braucht was gegen seinen Kater.«
43
I n Joumas Spind im Mama Ngina Drive befand sich ein Holzkästchen mit einem Vorhängeschloss. Darin wiederum lag ein Achtunddreißiger und sechs Kugeln. Es war die Standardwaffe für jeden Polizisten, der den Rang eines Inspectors oder darüber innehatte. Jouma hatte seine vor zehn Jahren bekommen. Seitdem hatte sie unberührt in diesem Kästchen gelegen, denn Jouma war immer der Meinung gewesen, dass ein Polizist, der mit einer Waffe in der Tasche rumlief, nicht besser als jeder beliebige Gangster in Mombasa sei.
Als er an diesem Morgen die Kugeln in die Kammer seines Achtunddreißigers lud, gestand sich der Inspector jedoch betrübt ein, dass solch edle Gesinnung nur jämmerlicher Selbstbetrug war. Gestern hatte Michael Kili ihm zwei Auftragskiller auf den Hals gehetzt. Sie waren gescheitert, doch Kili würde dafür sorgen, dass ihm derselbe Fehler nicht zweimal passierte. Deswegen war Jouma auch so vorsichtig gewesen, sich eine kugelsichere Zylonweste geben zu lassen. Die war zwar sperrig und unbequem, doch unter seinem Burberry-Regenmantel – zwei Nummern zu groß, aber dennoch Joumas ganzer Stolz – verschwand sie ganz gut.
Wie sich noch am gleichen Tag herausstellte, war Michael Kili selbst der Kugel eines Mörders zum Opfer gefallen. Doch die Zylonweste hatte ihren Zweck erfüllt. Ebenso der Achtunddreißiger. Seltsamerweise konnte sich Jouma ganz genau an diesen
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