Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
beklagen.
»Hier, Schatz.« Er reichte ihr einen Umschlag. »Soll ich mitkommen?«
Martha lächelte schwach und stieg aus. »Nein. Aber du kannst mich zum Mittagessen einladen, wenn ich fertig bin.«
»Klar.«
Er sah ihr nach, wie sie zügig und geschickt die Straße überquerte. Während sie auf die Büros einer der führenden Anwaltskanzleien Mombasas zueilte, bewunderte er ihre straffe Silhouette, die sich unter dem weißen Leinenanzug abzeichnete. Er musste grinsen. Wenn es jemals ein Beispiel dafür gegeben hatte, warum es empfehlenswert war, sich persönlich um seine Geschäfte zu kümmern, dann war es Martha. Hätte er nicht hartnäckig darauf bestanden, bei jedem seiner Mitarbeiter den Hintergrund genau unter die Lupe zu nehmen, hätte er niemals herausgefunden, dass die Tochter eines seiner ostafrikanischen Kuriere nicht nur intelligent und schön war, sondern auch noch in New York lebte.
Eine andere Philosophie, die Whitestone sehr am Herzen lag, lautete, dass Arbeit ein gewisses Maß an Vergnügen nicht ausschließen durfte. Und Whitestone vergnügte sich, wo und wann er wollte. Im Augenblick hatte er keine Ahnung, wie lange diese Beziehung noch dauern sollte. Bis er sie satt hatte, vermutete er, oder bis sich irgendwann die unvermeidliche Frage aufdrängte, ob man die Beziehung nicht langsam verbindlicher gestalten sollte. Nur schade, dass die Umstände dieses ungeplante Treffen so überstürzt herbeigeführt hatten. Er dachte an Marthas Vater und merkte, wie die Wut wieder in ihm aufwallte. Unglaublich, wie die Einheit in Mombasa die Liquidierung des alten Mannes vermasselt hatte.
Sobald diese kostbare Lieferung über die Bühne gegangen war, hatte er Pläne für Conrad Getty und sein Team in der Schublade – und die waren nicht besonders vergnüglich.
Plötzlich klopfte jemand an seine getönte Scheibe, und als Whitestone sie herunterließ, blickte er in die Augen eines afrikanischen Mädchens, die in ihrer Farbe an geschmolzene Schokolade erinnerten. Sie stand auf Zehenspitzen auf dem Gehweg neben dem BMW.
»Entschuldigen Sie, Sir, aber mein Ball ist unter Ihr Auto gerollt, und ich bekomm ihn nicht wieder raus.«
»Dann muss ich mein Auto wohl ein Stückchen beiseitefahren«, erwiderte er, und das Mädchen lächelte – ein engelsgleiches Lächeln, bei dem sie ihre weißen Zähne zeigte und ihr ganzes Gesicht strahlte. »Geh mal ein Stück zurück«, bat er, ließ den Motor an und fuhr ein, zwei Meter rückwärts.
Das Mädchen schnappte sich seinen Ball, winkte ihm zum Dank zu und hüpfte fröhlich auf den Wohnblock auf der anderen Straßenseite zu. Sie konnte kaum älter als acht oder neun Jahre sein, aber sie war jetzt schon erste Sahne, dachte Whitestone, der ihr mit Kennerblick nachsah.
Er war sicher, dass viele andere Männer genauso denken würden.
54
J oumas Getränk sah aus und schmeckte auch so wie Wasser, in dem man Wurzelgemüse gekocht hat. Leider gehörte zu den Erfrischungsgetränken, die die zahnlose alte Frau an diesem Straßenstand verkaufte, kein englischer Frühstückstee. Tatsächlich schien sie fast beleidigt, dass jemand die Kühnheit besaß, sie nach einem Getränk zu fragen, von dem sie noch nie gehört hatte. Ihren faden Wasserpflanzensud nannte sie hochtrabend »Mamas Nektar«, und behauptete, dass er den Eingeweiden zuträglicher sei als jeder englische Tee. Zwar musste Jouma zugeben, dass das Gebräu erfrischend war, aber eben nur so erfrischend, als würde man sich abgestandenes Flusswasser ins Gesicht spritzen.
Der Stand war nicht viel mehr als ein Holzbrett auf zwei Böcken, auf dem sich Plastikflaschen mit warmer Cola stapelten. Er befand sich am nördlichen Ende der Nyali-Brücke und gehörte zu den zahlreichen Ständen, die optimistische Verkäufer hier aufgestellt hatten, in der Hoffnung, ein paar Extraschillinge an den Touristen zu verdienen, die auf dem Rückweg in ihre weiter nördlich gelegenen Hotelanlagen hier vorbeifuhren.
Dabei war dieser Standort der Gesundheit nicht unbedingt zuträglich. Alle paar Minuten dröhnte ein Truck die Straße hinunter und machte dabei einen Lärm, als würden die Innereien der Erde an die Oberfläche schießen. Die Gütertransporter fuhren so dicht an den Verkaufsständen vorbei, dass sie die Händler und ihre wackligen Buden fast umzureißen und in den Fluss zu werfen drohten, der dreißig Meter unter ihren Füßen durch die Schlucht lief. Jouma warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Er wartete erst seit knapp
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