Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
will ich hoffen«, meinte Jake mürrisch und wischte sich die ölverschmierten Hände an seinem Oberteil ab. »Seit Stunden versuche ich, diese beschissene Hydraulik wieder …«
»Ich hab ein neues Funkgerät!«, verkündete Harry. Sein Gesicht sah immer noch aus wie ein geklopftes Schnitzel, aber in seinen Augen war wieder das alte Funkeln zu erkennen.
Jake musterte ihn skeptisch. »Ich dachte, das wäre frühestens in zwei Wochen fällig.«
»Wenn wir es in Nairobi gekauft hätten, dann ja«, erklärte Harry. »Aber gerade hat mich Missy Meredith angerufen. Die kennt da so einen Typen in Mazeras, der ihr anscheinend noch einen Gefallen schuldet. Und der hat zufällig ein Funkgerät in seiner Werkstatt rumliegen, so gut wie neu. Wenn wir es heute Nachmittag abholen, kriegen wir es für fünfzig Dollar.«
»In Mazeras?« Die Township westlich von Mombasa lag am Highway Richtung Nairobi. »Wie zum Teufel sollen wir denn nach Mazeras kommen? Wir haben kein Auto, wenn du dich erinnerst.«
»Da ist eben Initiative gefragt, mein Lieber«, rief Harry. Dann sagte er in einem Ton, als würde er die ultimative Weisheit verkünden: »Suki Los Honda.«
Es dauerte einen Moment, bis Jake die Bedeutung dieser Worte ganz klargeworden war. Dann wich er einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände: »Kommt überhaupt nicht in Frage! Dieses alte Wrack, das ist doch die reinste Todesfalle, und du willst damit allen Ernstes eine Fahrt machen, die mindestens drei Stunden dauert?«
»Tja, ich würde ja selbst fahren, aber in meinem Zustand kann ich mich unmöglich hinter ein Lenkrad klemmen«, erwiderte Harry. »Bei dem Zustand meines Rückens würde ich es ohne ärztlichen Beistand gerade mal bis zum Highway schaffen.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber bitte, ist natürlich dir überlassen. Wenn du lieber noch zwei Wochen warten willst …«
Jake wusste, wann er sich geschlagen geben musste. »O Mann, Harry.«
»Auf dem Schreibtisch liegt der Notizblock, da hab ich dir die Adresse aufgeschrieben«, grinste Harry. »Und in der Dose neben dem Telefon sind hundert Dollar. Das sollte für das Funkgerät und das Benzin für Hin- und Rückfahrt reichen.«
»Und was machst du?«
»Büroarbeit, mein Lieber. Das System ist schon lange mal überholungsbedürftig. Ich spüre, dass uns richtig gute Zeiten ins Haus stehen, da müssen wir bereit sein!«
Jake marschierte grummelnd ins Büro. Tatsächlich war auf Harrys Notizblock eine Adresse in Mazeras aufgeschrieben, aber da Jake noch nie dort gewesen war, sagte sie ihm nicht viel. Er riss das Blatt ab, faltete es zusammen und steckte es in die Tasche seiner Shorts. Neben dem Telefon stand eine Dose, in der früher einmal eingelegte Auberginen gewesen waren, jetzt aber mehrere Geldscheine unterschiedlicher Währungen steckten. Offiziell war das ihre Kleingelddose, aber momentan war diese Summe ihr gesamtes Investmentkapital. Jake zählte vier Zwanzigdollarscheine ab und steckte das restliche Geld – es mussten insgesamt etwas über fünfhundert Dollar sein – wieder in die Dose.
Als er das Büro gerade wieder verlassen wollte, klingelte das Telefon.
»Wer war dran?«, wollte Harry wissen, als Jake wenige Minuten später zurückkam.
»Da wollte mir irgendjemand eine Lebensversicherung verkaufen.«
»Ich bin sicher, du hast ihnen gesagt, dass sie sich verpissen sollen.«
»Ich hab ihnen gesagt, dass ich heute noch mit Suki Los Honda nach Mazeras fahre, und da meinten sie, ich sollte mich verpissen.«
Harry wieherte. »Das ist genau die richtige Einstellung!«
»Ich hatte es nicht witzig gemeint.«
Die beiden verabschiedeten sich, und Jake machte sich zu Fuß auf den Weg zu Suki Los Bar. Eine halbe Stunde später kam er auf demselben Weg in Sukis leuchtend grünem Honda Civic zurück. Sie hatte sich diese Reliquie für hundert Dollar auf einem Schrottplatz in Kilifi gekauft und »für den Notfall« in ihrem Schuppen hinterm Haus geparkt. Die Stoßdämpfer waren im Eimer, die Bremsen schienen nur mit Zeitverzögerung zu wirken, und der Lack war mit einem Schorf aus Vogel- und Affenscheiße überzogen – doch als Jake auf dem Weg zum Highway sorgfältig die Schlaglöcher umkurvte, dachte er nicht mehr über das Auto nach oder ob er die Fahrt überleben würde, so dass er die Schlüssel zurückgeben konnte.
Er dachte an den Anruf, den er im Büro entgegengenommen hatte – und warum er anschließend beschlossen hatte, ganz sicher nicht nach Mazeras zu fahren.
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