Mord in Oxford
nicht, was du da von mir verlangst. Als ich Theo das letzte Mal gesehen habe, war er ganz fürchterlich zu mir. Er würde mich nie und nimmer ins Haus lassen.«
Es gab eine kurze Unterbrechung, als sie die Hauptstraße überquerten. Auf der anderen Seite fanden sie sich wieder zusammen und bogen nach links auf den Saumpfad ab.
»Wenn es keine schnelle und legale Möglichkeit gibt, vor dem Besuch von Roses Großmutter an die Dosen zu kommen, dann müssen wir eben tricksen. Außerdem kann sie sie ja nach Omas Visite immer noch wieder zurückgeben«, raunte Kate Camilla zu. »Rose, wo verwahrt Theo normalerweise seine Schlüssel? Schmeißt er sie samt Kleingeld auf die Ablage im Flur, wie eigentlich jeder Mann, den ich kenne?«
»Genau. Auf das Tischchen im Flur«, bestätigte Rose. »Da entsorgt er Schlüssel und Kleingeld, sobald er abends zur Tür reinkommt, und zwar noch ehe er mir einen Kuss gibt – jetzt natürlich ihr – und fragt, was es zum Abendbrot gibt.«
»Ein Mann mit festen Gewohnheiten. Ich bin sicher, er macht es bei Lynda genauso«, meinte Camilla.
»Dann überlegen wir uns jetzt einen Vorwand, um bei Lynda reinzukommen und nachzusehen«, sagte Kate. »Auf keinen Fall abends, denn die Geschäfte müssen noch offen sein. Am besten an einem Samstagmorgen. Genau genommen diesen Samstag. Also morgen. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, was wir von Theo oder Lynda borgen könnten, und es sofort danach wieder zurückbringen, noch ehe Theo seine Schlüssel wieder braucht. Hm.«
»Gehst du immer so vor, wenn du dir deine weit hergeholten Storys ausdenkst?«, stichelte Camilla neugierig. »Das habe ich mich nämlich schon oft gefragt.«
»Klappe. Gleich bin ich so weit.«
In den nächsten Minuten war außer dem Stampfen der Schuhe nur das Schnaufen und Pusten der Jogger zu hören. Alle warteten darauf, dass Kate ihnen eine Idee servierte.
»Habt ihr eure Kassetten und CDs genau aufgeteilt?«, wollte Kate schließlich von Rose wissen.
»Ich habe meine Kassetten, aber Theo hat alle CDs behalten. Die Mozart-Sammlung fehlt mir schon. Ich habe die CDs nach den Musikabenden im Gemeindehaus gekauft, aber Theo fand sie so toll, dass er sie alle mitgenommen hat. Er meinte, ich bräuchte sie nicht, weil ich sowieso keinen CD-Player habe.«
»Damit hätten wir doch schon mal was. Du hast dir einen CD-Player gekauft …«
»Habe ich doch gar nicht, Kate.«
»Schließlich bin ich ja wohl diejenige, die zu Theo geht, oder?« Kates Frage war rein rhetorisch. »Also! Dann muss ich eben ein bisschen lügen. Ich gehe Samstagmorgen zu Lynda und Theo und bitte um deine Mozart-CDs. Und wenn Theo sie holt …«
»Und wenn er ablehnt?«, wandte Camilla ein.
»Dann muss ich eben improvisieren.«
»Stellen wir uns also vor, du schaffst es tatsächlich, lang genug ins Haus zu kommen, um die Schlüssel zu stibitzen. Wie um alles in der Welt willst du sie zurückbringen, ohne seinen Argwohn zu erregen?«
»Hör endlich auf zu unken, Camilla. Das ist doch ganz einfach: Zwanzig Minuten später gehe ich wieder hin und erkläre ihm, dass er mir eine CD gegeben hat, die laut Rose ihm gehört. Und weil sie ein netter Mensch ist, gibt sie sie zurück. Okay?«
»Seine CD von den Dire Straits gefällt mir unheimlich gut«, ließ sich Rose nachdenklich vernehmen.
»Schön. Dann versuche ich, die für dich zu holen.«
Kate wartete einen Augenblick. Vielleicht hatte ja jemand Einwände oder wollte sich freiwillig zur Verfügung stellen, an ihrer statt zu Theo zu gehen. Aber alle schienen zufrieden, dass sie es auf sich nahm.
»Komm, Rose. Jetzt zeigen wir den anderen mal, wie man richtig rennt. Okay?« Mit diesen Worten sprintete Kate los, den Pfad hinunter auf die metallisch schimmernde Oberfläche der überfluteten Wiese zu. Hinter sich hörte sie das schwerfällige Klatschen von Roses großen Füßen und einen viel leichteren, schnellen Schritt, den sie Yvonne zuordnete. Das heftige Schnaufen musste von Sophie stammen, die sich abmühte, mit ihrer Mutter Schritt zu halten. Als sie das Gatter am Ende des Weges erreichten, ertappte sich Kate dabei, nach dem Mann Ausschau zu halten, den sie am vorigen Morgen an dieser Stelle gesehen hatte. Doch wahrscheinlich lief er heute eine andere Strecke oder zu einer anderen Zeit.
»Wenigstens«, erklärte Camilla nach dem Joggen auf dem Rückweg zur Waverley Lane, »bin ich wirklich froh, dass du zu wissen scheinst, was du tust. Aber wenn du den Schlüssel hast nachmachen lassen
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