Mord in Oxford
ein bisschen übertrieben?«, flüsterte Camilla Kate zu.
»Ich weiß wirklich nicht, ob ich das durchstehe«, jammerte Rose.
»Wenn du glaubst, dass einer von uns das für dich übernimmt, dann hast du dich geschnitten«, zischte Camilla. »Das musst du schon selbst schaffen. Sieh es einfach als den ersten Schritt auf dem steinigen Weg in die Unabhängigkeit.«
Penny unterbrach sie. »Natürlich wirst du es tun. Wir sind doch nicht bis hierher gekommen, damit du jetzt aufgibst! Als Nächstes überlegen wir uns, wie du ins Haus kommst, ohne erkannt zu werden.«
»Sie muss sich verkleiden«, meinte Yvonne.
»Wie wäre es mit einer schwarzen Motorradkombi?«, regte Gavin an. »Schwarze Handschuhe, ein schwarzer Helm mit heruntergeklapptem Visier und schwarze Lederstiefel.«
»Da scheint sich jemand in seine erotische Lieblingsfantasie zu verrennen, merkst du das?«, flüsterte Kate Camilla zu.
»Das müssten aber ziemlich große schwarze Stiefel sein«, ließ sich Rose kläglich vernehmen.
»Keine Sorge«, beruhigte Penny, »viele Leute haben große Füße. Denk mal an Lynda.«
»Das ist die Lösung«, platzte Kate hervor. »Wir verkleiden sie einfach als Lynda. Dann wundert sich auch niemand, wenn sie in Lyndas Haus geht. Alle werden denken, sie ist Lynda.«
»Aber ich sehe nicht ein bisschen aus wie sie. Niemand wird mich je mit ihr verwechseln.«
»Ehrlich gesagt«, meinte Kate und musterte sie ungerührt, »so unähnlich bist du ihr gar nicht. Höchstens einen Zoll kleiner, aber mit hohen Absätzen fällt das gar nicht weiter auf. Und wenn du größer aussiehst, wirkst du auch schlanker.«
»Und dann deine riesigen Füße«, sagte Camilla. »Genau wie Lynda. Schon allein deswegen wird man dich für sie halten.«
»Außerdem ist es dann dunkel«, sagte Barbara. »Seit die meisten Straßenlaternen dem Vandalismus zum Opfer gefallen sind, lässt die Beleuchtung sowieso zu wünschen übrig. Wir brauchen also bloß einen oberflächlichen Eindruck.«
»Das Haar«, sagte Gavin. »Lynda hat lange, dichte blonde Locken. Und zwar eine ganze Menge. Es reicht ihr bis über die Schultern, und sie schüttelt oft ihre Mähne.«
»Eine Perücke«, schlug Sophie vor.
»Ich habe keine Perücke«, erklärte Rose.
»Im Theaterfundus der Schule gibt es mindestens eine blonde Langhaarperücke«, sagte Sophie. »Wir könnten sie zurechtschneiden und auf Lockenwickler drehen, dann sieht sie aus wie Lyndas Haar.«
»Das ist meine Theatergruppe und meine Schule«, schimpfte Camilla. »Auf keinen Fall lasse ich zu, dass das Amy Robsart da mit reingezogen wird.«
»Sei nicht so kleinlich.« Yvonnes Stimme klang amüsiert. »Wir wollen die Perücke doch nur für einen Abend ausborgen, Camilla. Kein Mensch erwartet von dir, dass du sie aufsetzt und, in Tüll und Pailletten gehüllt, in Fridesley herumstolzierst.«
Camilla wurde feuerrot. »Schon gut«, sagte sie steif, »ich stelle eine Perücke für diese lächerliche Maskerade zur Verfügung.«
»Hat nicht jemand erzählt, dass Lynda eine von Roses Strickmützen trägt?«, warf Barbara ein.
»Mit einem rosa Bommel und Blumen auf den Ohrschützern. Unter dem Kinn kann man sie zusammenbinden«, sagte Gavin.
»O je«, seufzte Kate grinsend, »unsere Penny wird ihren Gavin wohl noch ein bisschen fester an die Spüle ketten müssen, wenn sie ihn nicht verlieren will.«
»Du hast doch sicher noch eine ähnliche Mütze, die du tragen könntest, oder, Rose?«
»Ich glaube, die Blumen haben eine andere Farbe, aber der Bommel ist rosa, damit er zu Theos passt.«
»Trägt sie sonst noch leicht erkennbare Sachen?«, fragte Penny schnippisch.
»Eine knallrote Daunenjacke«, antwortete Gavin, dem der Ton seiner Frau entgangen war.
»Die kann der Theaterfundus allerdings nicht stellen«, warf Camilla eilig ein. »Jetzt muss jemand anderes einspringen. Wie wäre es mit dir, Yvonne?«
»Nicht mein Stil«, erklärte Yvonne. »Könntest du vielleicht aushelfen, Barbara?«
»Meine Schwester hat so eine«, gab Barbara widerstrebend zu. »Ich bin sicher, sie leiht sie mir für einen Abend, wenn ich sie darum bitte.«
»Dann ist ja alles klar«, sagte Penny. »Rose trägt also Camillas Perücke, ihre eigene Strickmütze, hohe Absätze …«
»Schwarze Stiefel mit hohen Absätzen«, unterbrach Gavin, der immer noch nichts gemerkt hatte. »Sie glänzen und sitzen ganz eng am Bein.«
Yvonne lachte laut auf.
»Also Nutten-Stiefel«, presste Penny zwischen zusammengebissenen Zähnen
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