Mord in Oxford
– falls es dir überhaupt gelingt –, was dann? Hast du den restlichen Plan auch schon ausgearbeitet, oder lässt du dich von deiner Eingebung leiten?«
»Ich habe mir jeden Schritt genau überlegt«, erwiderte Kate. »Du darfst mir ruhig vertrauen.«
»Wieder mal einer deiner tollen Erstentwürfe? Ein Haufen guter Ideen, aber mit den Details hapert es gewaltig?«
»Nein, das ist die endgültige Fassung, liebste Camilla. Geprüft, niedergeschrieben und Korrektur gelesen. Nachdem wir alle übereinstimmend festgestellt haben, dass Rose ihre Dosen unbedingt wiederhaben muss, werde ich sicherstellen, dass sie nicht bei der Durchführung erwischt wird. Und tu nicht so, als ob du dir absolut nicht vorstellen könntest, anderen Leuten aus der Patsche zu helfen. Weißt du noch, wie du mir dein rosa Kleid geliehen hast, als wir so ungefähr zehn waren?«
»Die Kirschblütenfee! Stimmt. Das hatte ich ganz vergessen.«
»Ich nicht, Millie. Trotzdem brauchst du dich nicht an unserem Rose-Rettungs-Plan zu beteiligen.«
»Ich kriege Ärger, wenn ich mich nicht beteilige. Wahrscheinlich genauso viel, wie wenn ich mich beteilige. Also verlasse ich mich ganz und gar darauf, dass dein Plan absolut wasserdicht ist. Außerdem: Wenn Rose die Dosen anschließend zurückgibt, wird es wohl nicht ganz so schlimm sein.«
Auch der Samstagmorgen erwies sich als ungewöhnlich warm. Die Osterglocken in den Vorgärten von Fridesley standen bereits über einen Fuß hoch und hatten dicke Knospen. Überall blühten violette Krokusse; die Schneeglöckchen hatten ihre beste Zeit schon hinter sich. Kate hatte ein gemütliches Vollbad genossen und sich anschließend mit Ivoire eingesprüht.
Sie ging zum Ende der Rosamund Road, passierte die Schranke und schlug den Treidelpfad am Rand des Sportplatzes ein. Wasser plätscherte sanft über die Grasbüschel direkt neben dem Pfad und lud leere Bierdosen und Plastikabfälle vor ihren Füßen ab. Kate kam am Ende der Wheatfield Road vorüber, rief Valerie Binns, die gerade zwei kleine Kinder und zwei Musikinstrumente aus ihrem Minicooper lud, ein fröhliches »Guten Morgen« zu und setzte ihren Weg zur Ecke der Redbourne Road fort. Sie sah das große Fenster von Yvonnes Praxis, das über die Wiese hinweg zu den Weiden und Erlen am anderen Ende blickte. Kate spürte eine Welle von Heiterkeit in sich aufsteigen, bog in die Redbourne Road ab und ging bis Nummer 29.
»Und? Wie ist es gelaufen?«
Rose war am Telefon. Ihre Stimme klang ängstlich.
»Prima. Dank dem jungen Mann mit der grässlichen Akne und den vier Ohrringen drüben beim Schnelldienst bin ich jetzt im Besitz eines Schlüssels zu Lyndas Haus.« Kate hatte diesen Erfolg mit einem ordentlichen Glas Weißwein gefeiert und fühlte sich himmelhoch jauchzend. »Ich habe ihn mit einem ganz weichen Bleistift abgerieben, damit er auch wirklich funktioniert. Ach, und außerdem liegen hier natürlich ein halbes Dutzend Mozart-CDs für dich. Mehr wollte Theo leider nicht rausrücken.«
»Dankeschön, Kate. Allmählich scheint ja doch noch alles ins Lot zu kommen.«
»Aber sicher, Rose.« Kate hatte unbegrenztes Vertrauen in ihren Einfallsreichtum. »Ich habe deine Dosen übrigens gesehen. Sie stehen in der Vitrine; die Oxford-Dose genau in der Mitte.«
Nachdem Rose ihr noch einmal überschwänglich gedankt und schließlich aufgelegt hatte, dachte Kate: Jetzt können wir endlich mit der Hauptsache loslegen. Dem Diebstahl der Dosen.
6. KAPITEL
D
er Lauftreff Fridesley traf sich am folgenden Montag. Der Morgen war mild und windig. Im Licht der Straßenlaternen schienen die Krokusse bleich zu glühen, und auf dem Asphalt lag ein glitschiger Nässefilm.
»Ich habe heute eine Route ausgesucht, die fast zwei Kilometer kürzer ist als üblich«, verkündete Penny, nachdem alle Kate zum gelungenen Schlüsseltrick gratuliert hatten. »Wir gehen sie in einem etwas beschleunigten Schritt an.« Unwirsches Gemurmel war zu hören. Sie wollten weder ihre Gewohnheiten ändern, noch behagte ihnen die Vorstellung, schneller laufen zu müssen. Mit etwas erhobener Stimme fuhr Penny fort: »Das bedeutet, wir sind ungefähr eine Viertelstunde früher wieder hier. Anschließend treffen wir uns bei mir zu Hause und beratschlagen, wie es mit Roses Dosen weitergehen soll. Wir sollten uns auch überlegen, wie wir ihr helfen können, ihrer Großmutter die Sachlage zu erklären. Barbara und ich haben uns ein paar Notizen gemacht.«
Erst beim Start fiel Kate ein fremder
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