Mord in Tarsis
plündern, die von der Eisbergbucht hierherziehen. Aber bringt die Soldaten in den alten Kasernen der Hafenfestung unter, weit weg vom Nomadenlager. Wenn es zum Kampf kommt, sollten wir lieber Fremde opfern anstatt unsere Bürger.«
»Wie Ihr befehlt, Herr«, sagte Rukh in einem Ton, der schon an Unverschämtheit grenzte.
»Wer soll das bezahlen, Herr?« fragte Geheimrat Mede, ein Bankier, dessen Maske mit Goldfäden bestickt war.
Der Fürst von Tarsis knirschte mit den Zähnen. Sie waren Kaufleute und fürchteten mehr um ihr Geld als um ihre Sicherheit. Aber er mußte sie zufriedenstellen, sonst würde seine eigene Position ins Wanken geraten.
»Wir werden eine Sondersteuer auf Waren erheben, die über Tarsis laufen. Wenn es zum Kampf kommt, können wir es taktisch so steuern, daß die meisten der Söldner auf dem Schlachtfeld sterben, was uns den größten Teil des Solds erspart. Noch weitere Fragen, bevor wir anfangen?« Es gab keine. »Gut. Alle kennen unsere Strategie und wissen, wie sie sich gegenüber diesen Wilden zu verhalten haben.« Er nahm einen Hammer von der Lehne seines Throns und schlug damit gegen einen Gong, der neben dem großen Stuhl hing. Während die Vibrationen des Messings nachließen, nahmen die Ratsherrn auf den niedrigeren Stühlen Platz, die den Thron flankierten.
Am anderen Ende des Saals öffnete sich eine schwere Tür. Der Haushofmeister trat ein und klopfte mit seinem Stab einmal auf den Boden aus poliertem Marmor. »Wie lautet das Begehr meines Fürsten?«
»Laßt die Gesandten von Kyaga Starkbogen ein«, befahl der Fürst von Tarsis.
Der Palastbedienstete zog sich unter Verbeugungen zurück, und eine bizarre kleine Schar stürmte durch die Tür. Angeführt wurde sie von einem Mann in verlausten Ziegenhäuten, der auf seinen kurzen, krummen Beinen so arrogant daherkam wie jeder Prinz. Seine fettigen Haare hingen, zu vielen Zöpfen geflochten, bis zu den Schultern. Sein Gesicht war voller Narben und mit schlangenartigen Figuren tätowiert; er hatte einen langen Schnurrbart, der über einem nahezu lippenlosen Mund prangte. Seine Schlitzaugen waren hellblau und straften die Ratsherren mit offener Verachtung. Er trug einen breiten, flachen, pelzbesetzten Hut, von dessen Krempe Haarbüschel hingen, die eine beunruhigende Ähnlichkeit mit menschlichen Skalps aufwiesen.
Hinter ihm ging eine noch seltsamere Gestalt. Der Mann trug Kleider aus gefärbter Hirschhaut, die mit Amuletten bedeckt waren: klappernde Schnüre mit Knochen von Mensch und Tier, klingende Glöckchen, winzige Tierfiguren aus Bronze oder Eisen, Perlen aus Bernstein, Koralle und Lapislazuli. An seinem Gürtel hingen ein Horn und ein Tamburin, und auf seinem Kopf saß eine große, kegelförmige Pelzkappe, von der so viele zusätzliche Schnüre mit Perlen, Knochen und Amuletten dicht an dicht herabbaumelten, daß sein Gesicht von ihnen fast verdeckt wurde.
Der Rest der Gruppe, etwa ein Dutzend Männer, waren typische Krieger aus den Ebenen in Kleidern aus Leder und Fellen, weichen Stiefeln mit aufwärts gerichteten, spitz zulaufenden Enden und mit breiten Gürteln, die mit Metall und bunten Steinen besetzt waren. Ihre komplexen Gesichtstätowierungen verrieten ihre Wichtigkeit, und alle diese Männer hatten Gesichter, die hauptsächlich aus Figuren in Rot, Blau und Grün bestanden, um zu zeigen, daß sie ranghohe Häuptlinge waren. Keiner trug Waffen, aber jeder Mann mit Ausnahme des Schamanen war mit leeren Scheiden, Köchern und Bogenhüllen versehen.
Der Haushofmeister trat vor und klopfte dreimal mit seinem Stab auf den Boden. »Hört alle her!« rief er. »Der Fürst von Tarsis und der Innere Rat empfangen die Gesandtschaft von Häuptling Kyaga Starkbogen von den Staubebenen. Botschafter Yalmuk Blutpfeil hat dem Großen Rat im Einklang mit Gesetz und Brauch von Tarsis sein Beglaubigungsschreiben übergeben und ist als Gesandter von Häuptling Kyaga mit allen Privilegien eines Botschafters anerkannt worden.« Der Haushofmeister verbeugte sich und zog sich zurück.
»Botschafter Yalmuk hat außerdem sein Schwert, seinen Dolch, seinen Degen und seine scharfen, schnellfliegenden Pfeile abgegeben«, sagte der Gesandte. »Das ist eine Beleidigung! Ein Krieger aus den Ebenen darf nie ohne seine Waffen sein.«
Der Fürst von Tarsis verkniff sich mühsam einen scharfen Tadel für diese unverzeihliche Unhöflichkeit. »Es betrübt mich, daß Ihr Euch schlecht behandelt fühlt, aber so ist es an unserem Hof Brauch. Treten
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