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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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hübscher.«
    »Wo ist deine Heimat?«
    »Weit weg«, sagte er. »Wie hast du geheißen, bevor du dir deinen Titel erworben hast?«
    »Wie immer mich die Leute nennen wollten. Meistens war es nicht besonders nett. Du willst einen Haufen Informationen, ohne selbst etwas rauszurücken.«
    »Ich bin von Natur aus neugierig. Ich bin nicht von Natur aus gesprächig. Ich bin jedoch höchst freigebig mit meiner Dichtkunst. Willst du vielleicht etwas davon hören?«
    »Vielleicht ein andermal«, meinte sie gähnend. »Was ich jetzt machen werde, ist, mich zurückziehen. Ich habe seit Tagen nicht mehr so viel gegessen. Komm, ich zeige dir, wo die Kabinen sind.«
    Er stand auf, um ihr zu folgen. »Bist du oft hier?«
    »Erst einmal, ist ungefähr ein Jahr her. Ich geriet in einen kleinen Kampf und bekam ein Messer ins Bein. Damals hatte ich einen Platz in einem Keller in der Altstadt. Ich habe mich zurückgezogen und gewartet, daß es heilte, aber es wurde nur schlimmer. Eine alte Bettlerin kam vorbei und wollte etwas verkaufen. Sie sah, wie schlecht es mir ging, und erzählte mir von diesem Heiler, der in einem Wrack draußen im Hafen leben sollte. Es gelang mir, hierherzuhinken, und er nahm mich auf. Hat mir das Leben und mein Bein gerettet, ließ mich fast einen Monat hierbleiben und verlangte nie einen Lohn. Deshalb bin ich seitdem nicht wieder hiergewesen.«
    Er folgte ihr die Treppe hinunter, die in einen engen Gang mit vielen Türen führte. »Das verstehe ich nicht.«
    »Also, ich finde, wenn jemand dich so behandelt, darf man ihn nicht ausnutzen, verstehst du, was ich meine? Wenn ich immer wieder gekommen wäre, würde er denken, ich wollte ihn nur als regelmäßige Absteige benutzen.«
    »Ah, verstanden.« Sie führte ihn in einen winzigen Raum, der mit einem schmalen Bett und einem Kerzenhalter ausgestattet war. Unter der Koje war genug Platz für eine Seekiste. Früher hatte die Kabine wahrscheinlich einem Maat als Quartier gedient. »Ich entschuldige mich dafür, daß ich heute abend herablassend zu dir war. Jetzt merke ich, daß du jemand bist, der auf Ehre und ehrenhaftes Verhalten Wert legt.«
    »Außerdem«, ergänzte sie, »könnte Myrsa denken, daß ich ihn ausnutzen will, und mit dieser Frau will ich es mir auf keinen Fall verderben. Sie beschützt ihn wie eine Henne ihr Küken.«
    »Sie sind ein seltsames Paar«, sagte Nistur, der jetzt selber gähnte. Es war ein langer, ereignisreicher Tag gewesen. »Ich frage mich, wie die beiden zusammengekommen sind.«
    »Die Geschichte kenne ich noch nicht«, gestand sie. »Aber ich wette, sie ist nicht schlecht.«
    Er rannte durch ein verwüstetes Dorf. Überall waren Gebäude eingestürzt, Strohdächer standen in Flammen, Wände waren pulverisiert. Hier hatte keine Schlacht stattgefunden. Das war etwas anderes, etwas unendlich viel Schrecklicheres. Vor einer Schlacht war er noch nie davongelaufen, aber er rannte vor dem furchtbaren Ding davon, das ihn verfolgte. Sein keuchender Atem zerriß ihm die Lungen, denn die Luft war von einem ekelhaften, erstickenden Gas erfüllt. Es roch, als ob Säure Mineralien zersetzte. Überall lagen die Leichen der Dorfbewohner, alle verbrannt oder erstickt, alle mit dem Ausdruck höchsten Entsetzens auf dem Gesicht, und alle Gesichter klagten ihn an.
    Vor sich sah er einen größer werdenden Schatten, so enorm, daß er die gesamte Umgebung verdunkelte. Das war das Ding hinter ihm, das Ding, zu dem er sich nicht umzudrehen wagte. Irgendwie wußte er, wenn er nur aus seinem Schuppenanzug herauskönnte, konnte er vielleicht entkommen. Seine Hand zerrte an der Rüstung, aber zu seinem Schrecken stellte er fest, daß er sie nicht entfernen konnte. Die Haut war zu seiner eigenen geworden. In seinen Ohren dröhnte das Schlagen eines riesigen Herzens, während der Schatten der Flügel sich vor ihm ausbreitete und auf ihn fiel.
    Eisenholz schreckte hoch. Er war von kaltem Schweiß überströmt, und seine Augen verdrehten sich vor Entsetzen. Wo war er? Das Herzklopfen war sein eigenes, aber nichts anderes an ihm hatte noch Kraft. Er konnte kaum atmen oder seinen Kopf von einer Seite zur anderen drehen. Seine Glieder waren schwach und unbeweglich, aber nicht mehr gelähmt. Die Erinnerung an den Traum verblaßte und hinterließ nichts als ein Gefühl längst vergangenen Schreckens.
    Er wußte, daß er sich von einem weiteren Anfall erholte. Diesmal war es ein schwerer gewesen, der schlimmste bisher. Er sah Planken über seinem Kopf und roch

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