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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Fremde bewaffnet vor Euren Herrn?«
    »Natürlich nicht!« schnaubte Yalmuk. »Aber mein Herr, Kyaga Starkbogen, ist Herr der Welt und kann Männern befehlen, was er will, denn das ist sein Recht.« Der Rest seiner Gruppe stimmte diesen Worten lautstark zu.
    »Ich sehe«, sagte der Fürst von Tarsis, »daß zunächst Rangfragen zu klären sind, bevor wir mit den Verhandlungen fortfahren.«
    »Wer redet denn von Verhandlungen?« fragte Yalmuk herrisch. »Ich komme mit den Befehlen meines Häuptlings!«
    »Dann müßt Ihr verstehen«, sagte der Fürst von Tarsis mit leiser Stimme, aus der alle Geduld gewichen war, »daß ich bei einer solchen Mißachtung keinesfalls mit Eurem Herrn verhandeln werde. Es ist überall Brauch, selbst bei den Nomadenstämmen, daß Herrscher einander als ebenbürtig behandeln. Ich werde die Gesandtschaft Eures Häuptlings nur unter dieser Voraussetzung akzeptieren.«
    »Rein zufällig«, sagte Yalmuk hochmütig, »hat mein Häuptling mir die Erlaubnis erteilt, einstweilen auf diesen Vorwand einzugehen. Er nennt Euch daher seinen Bruder und Kollegen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte der Fürst mit dem dünnstmöglichen Lächeln. Wie er vermutet hatte, hatte dieser dreiste kleine Hitzkopf ihn absichtlich gereizt, um zu sehen, wie weit er gehen konnte, ehe die Peitsche knallte. Das war eine verbreitete Taktik. Zivilisierte Gesandte waren darin nur subtiler. »Bitte nennt die Anliegen meines Vetters, Häuptling Kyaga Starkbogen.«
    »Die Forderungen von Kyaga Starkbogen sind folgende: Nachdem es in der Vergangenheit so Brauch war, daß das Volk aus den Ebenen nach Tarsis kam und die wertvollen Produkte unserer Herden gegen die armseligen Güter dieser Stadt eintauschte, soll Tarsis in Zukunft jedes Jahr am Fest des Längsten Tages folgendes als Tribut an den Hof von Kyaga Starkbogen senden: tausend Sättel aus bestem Holz und Leder, tausend Schwerter aus gehämmertem Stahl, tausend Dolche gleicher Art, zehntausend Pfeilspitzen gleicher Art, tausend Ballen gewebte Seide, zehntausend Ballen gewebte Wolle und zehntausend Stahlmünzen.«
    Einen Augenblick herrschte verblüfftes Schweigen.
    »Ich verstehe«, sagte der Fürst. »Abgesehen von der Tatsache, daß das gar nicht in Frage kommt – findet Kyaga es nicht schwierig, ohne die Rohwolle von den Ebenen gewebte Wolle zu produzieren?«
    Der Gesandte machte eine wegwerfende Handbewegung. An einem Handgelenk baumelte eine biegsame Reitpeitsche. »Ihr dürft selbstverständlich gern Eure Wolle kaufen, wie früher. Nur der Preis hat sich geändert. Es war eine Unze Feinsilber für das Hundertfache an Wolle. Der neue Preis beträgt zehn Unzen.«
    »Diese Forderungen sind völlig inakzeptabel«, sagte der Fürst von Tarsis in fast gelangweiltem Ton. »Wir sehen keinen Grund, weshalb die alten Beziehungen zwischen unserer Stadt und Eurem Volk nicht weiterbestehen können wie seit vielen Jahrhunderten. Wenn Ihr unsere Tauschkurse jedoch nicht mehr als gerecht betrachtet, können wir gern verhandeln.«
    »Ihr mißversteht die Absichten von Kyaga Starkbogen«, sagte der Botschafter. »Er wünscht keine Verhandlungen. Ihr könnt seine Bedingungen annehmen, oder Euch droht Krieg, Belagerung und Vernichtung!« Sein Gefolge jubelte kriegerisch.
    »Ich verstehe durchaus«, sagte der Fürst. »Aber wir müssen noch einmal darüber reden. In der Zwischenzeit habe ich morgen ein großes Festmahl anberaumt, um die Ankunft der ersten Gesandtschaft vom neuen Herrscher der Ebenen zu feiern.«
    »Wir nehmen Eure Einladung an«, sagte Yalmuk. »Aber redet nicht zu lange. Beim dritten Sonnenaufgang trifft mein Häuptling in unserem Lager ein, und wenn Eure Antwort ihn nicht zufriedenstellt, wird er Tarsis zerstören!« Damit machte der Botschafter auf dem Stiefelabsatz kehrt und schritt aus dem Audienzsaal. Nachdem sich die Türen hinter den Barbaren geschlossen hatten, begannen die Ratsherren zu murmeln.
    »Habe ich richtig gehört?« fragte Geheimrat Rukh.
    »Hat dieser flohstichige Wilde gerade unsere bedingungslose Kapitulation und Tribut verlangt?«
    »Beruhigt Euch«, sagte der Fürst. »Es geht nur um den Handel. Dieser neue Nomadenhäuptling hat ganz einfach seine unverschämteste Forderung zuallererst auf den Tisch geknallt. Auf diese Weise kann er großzügig und vernünftig erscheinen, wenn er etwas geringfügig weniger Absurdes verlangt.«
    »Herr«, sagte Geheimrat Melkar, »ich glaube, Ihr schätzt Kyaga falsch ein. Ich glaube, er meint jedes Wort genau so, wie

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